Allmählich neigt sich 2021 seinem Ende entgegen. Das zweite Jahr unter dem Einfluss der Corona-Pandemie haben zwei Phänomene geprägt, die aus dem Vorjahr bestens bekannt sind – ein überdurchschnittliches hohes Interesse für das Thema Fahrradfahren und gravierende Lieferengpässe auf Seiten der Fahrradindustrie. Wie also wird am Ende die Bilanz ausfallen. Positiv, meinen einige Hersteller von Lastenfahrrädern.
Plus von 50 Prozent und mehr
Unter Umständen könnte der Verkauf solcher Fahrräder um die Hälfte des Vorjahreswertes ansteigen. Vielleicht sogar noch deutlicher. Das geht aus einer Umfrage unter 38 internationalen Lastenradherstellern hervor. Im Rahmen der „European Cargo Bike Industry Survey“ hatten sie angegeben, einen Verkauf von etwa 75.000 Bikes für 2021 zu erwarten. Im Jahr 2020 hatte die von den 38 an der Umfrage teilnehmenden Herstellern Anzahl verkaufter Fahrräder noch bei fast 46.000 gelegen. Somit würde dieser Wert innerhalb eines Jahres um mehr als 65 Prozent anwachsen. Bereits von 2019 zu 2020 hatte es einen Sprung von 33.000 Stück auf fast 46.000 Stück gegeben.
Ob dies tatsächlich in dieser Form eintritt, können die Hersteller nicht mit Sicherheit voraussagen. Gegenüber dem Blog „cargobike.jetzt“ äußerten sich manche von ihnen auf der Eurobike vor wenigen Monaten optimistisch. Andere hielten das Erreichen der selbst formulieren Prognose inzwischen für wenig realistisch.
E-Bike inzwischen der Normalfall statt Ausnahme
Die absolute Mehrheit der von Umfrageteilnehmern hergestellten Lastenräder ist übrigens mit einem elektrischen Antriebssystem ausgestattet. Genau gesagt sind es 92 Prozent. Die Zahl kann als ein starkes Indiz dafür angesehen werden, womit in den kommenden Jahren zu rechnen ist. Bei den E-Antrieben handelt es sich in aller Regel um ein bis zu einer Geschwindigkeit von 25 km/h unterstützendes Modell.
Als aktuell vielversprechendster Markt für Lastenräder gilt unter den Teilnehmern der Umfrage Belgien. Danach folgen Deutschland und Frankreich. Diese Rangfolge basiert weniger auf Prognosen zum Verkauf von Lastenrädern. In die Einschätzung fließt eher ein, wie dynamisch sich der Markt in dem jeweiligen Land gerade zeigt und wie wichtig er für den Teilnehmer selbst erscheint. Interessanterweise nahm kein einziger belgischer Hersteller an der Umfrage teil. Umso aufschlussreicher scheint das Ergebnis.
Förderprogramme erzielen Wirkung
Vermutlich ist es eher eine Reaktion auf zahlreiche Förderprogramme für E-Bikes in unserem Nachbarland und die oftmals ausgesprochen fahrradfreundliche Umgestaltungen belgischer Städte. Zwei Rahmenbedingungen seien hier kurz genannt. Belgierinnen und Belgier zahlen gerade einmal sechs Prozent Mehrwertsteuer, wenn sie ein Fahrrad kaufen. Zudem gibt es finanziell attraktive Kilometerpauschalen für diejenigen, die mit einem Fahrrad zur Arbeit fahren.
Genauso wenig überrascht die Nennung von Frankreich. Dort verabschiedete die Nationalversammlung in diesem Jahr den „bonus écologique“. Dahinter verbirgt sich ein Kaufprämie in Höhe von maximal 2.500 Euro. Die erhält, wer sein altes Auto stilllegt und sich als Ersatz beispielsweise ein E-Cargobike anschafft.
Tatsächliches Geschehen bleibt ungewiss
In welche Richtung sich die Verkaufszahlen für 2021 entwickeln, werden wirklich zuverlässig wohl dennoch nur die Statistiken der Industrieverbände in den jeweiligen Ländern widerspiegeln. Die „European Cargo Bike Industry Survey“ kann dies jedenfalls nicht leisten. Sie ist eher als Stimmungsbarometer zu interpretieren, denn als valide wissenschaftliche Prognose und bildet vielmehr Wachstumserwartungen ab. Wie erwähnt, haben lediglich 38 Lastenrad-Hersteller an der anonymen Online-Umfrage von Mai bis Juni dieses Jahres mitgemacht. Mit 14 Firmen stammte die größte Fraktion darunter aus Deutschland. Immerhin sechs haben ihren Sitz in den Niederlanden und vier in Frankreich. Neben zwölf Herstellern aus weiteren europäischen Ländern nahmen auch zwei aus Asien teil. Initiiert wurde die bereits zweite Ausgabe der Umfrage vom Blog cargobike.jetzt, dem europäischen Radfahrerverband ECF, dem europäischen Fahrradindustrieverband CIE, dem europäischen Fahrrad-Logistik-Verband ECLF sowie der Technischen Universität Krakau. Die Befragung unterscheidet nicht zwischen der privaten und gewerblichen Nutzung eines Fahrrades.
Zum jetzigen Zeitpunkt ist eine verlässliche Vorhersage für Deutschland gleichfalls schwierig. Aufgrund der Verkaufszahlen aus dem ersten Halbjahr erwartet der Zweirad-Industrie-Verband ZIV erneut ein starkes Jahr. Aufgrund der weiterhin sehr angespannten Verfügbarkeit von verschiedenen Fahrradkomponenten könnten jedoch etwas weniger E-Bikes verkauft werden als 2020. Im Sommer schätzt der ZIV schätzte den möglichen Rückgang auf 2,6 Prozent.
Bilder: cargobike.jetzt; cargobikerace.com