Zum Inhalt springen

Kommunikation per V2X: Wenn das E-Bike mit dem Auto spricht

V2X-Kommunikation als Assistenzsystem an E-Bikes

Sicherheit im Straßenverkehr wird bei jedem einzelnen Fahrzeugtyp, der daran teilnimmt, seit Jahrzehnten großgeschrieben. Ob Auto, Bus, Lkw, Motorrad, Fahrrad oder was auch immer auf den Straßen unterwegs ist – jedes Fahrzeug besitzt intelligente Systeme. Die erleichtern das Abbiegen, warnen vor Fahrzeugen im toten Winkel oder regeln die Bremsen bei einer Vollbremsung. Noch passiert vieles davon isoliert. Schon bald könnte jedoch zum Beispiel das E-Bike in eine Technologie eingebunden werden, bei der verschiedene Fahrzeugtypen miteinander kommunizieren und so Unfälle verhindern.

Alle werden sichtbar

Auf einer Veranstaltung des europäischen Industriekonsortiums SECUR in Paris gab es vor wenigen Wochen einen kleinen Vorgeschmack darauf, wie das künftig in der Praxis aussehen könnte. Aus verschiedenen Richtungen nähern sich ein Auto und ein E-Bike einer für beide schlecht einsehbaren Kreuzung. Normalerweise wäre dies eine Konstellation, die mit einem Schreckmoment und plötzlichem Bremsen einhergeht. Im schlimmsten Falle mit einem Unfall. Nicht so jedoch hier. Auf dem Display des E-Bikes als auch auf der Konsole des Autos erscheint eine Meldung, die vor dem jeweils anderen Fahrzeug warnt, das sich aus einer bestimmten Richtung der nächsten Kreuzung nähert. Entsprechend sensibilisiert verlangsamen beide ihre Fahrt und queren die Kreuzung ohne Zwischenfall.

In dieser Demonstration blieb ein Zusammenstoß aus, weil E-Bike und Auto untereinander Informationen austauschten. Das dahinterstehende Konzept heißt Vehicle-to-Everything-Kommunikation, kurz V2X. Mitunter taucht auch die Abkürzung C-V2X auf. Sie steht für Cellular Vehicle-to-Everything.

Gemeint ist damit stets das gleiche Funktionsprinzip. Dank einer ausgefeilten Sensorik erfasst ein V2X-fähiges Fahrzeug andere Fahrzeuge mit dieser Technologie auf Entfernungen von mehreren hundert Metern. Es gleicht zahlreiche Werte ab, wie Fahrtrichtung, Geschwindigkeit und die aktuelle Position. Zudem erkennt das System, um welchen Fahrzeugtyp es sich handelt. Dieser Abgleich erfolgt bis zu zehn Mal pro Sekunde. Mithilfe einer Software werden die Daten bewertet. Droht Gefahr, erhalten die Fahrenden eine Information. So sollen Unfälle aktiv verhindert werden.

E-Lastenfahrrad und Auto begegnen sich auf einer für beide schlecht einsehbaren Kreuzung

Böse Überraschung ausgeschlossen: E-Lastenfahrrad und Auto wissen schon vor dem Heranfahren an die Kreuzung, dass ein anderes Fahrzeug naht.

Internationale Zusammenarbeit

Angesichts der Komplexität einer solchen Aufgabe erscheint es nur logisch, dass für das Finden einer Lösung Unternehmen mit unterschiedlichen Kompetenzen aus verschiedenen Bereichen miteinander kooperieren. E-Bike-Hersteller Bosch engagiert sich im Rahmen des erwähnten SECUR-Konsortiums. Zu seinen Partner gehören dort Volkswagen, der ungarische Software-Spezialist Commsignia und das Unternehmen Autotalks aus Israel. In seinen E-Autos Golf und ID verbaut Volkswagen bereits V2X. Derzeit können diese Systeme jedoch noch kein Fahrrad erkennen. An der Stelle kommt Bosch als der Anbieter ins Spiel, der weltweit derzeit wohl die meisten Antriebssysteme für E-Bikes verbaut. Und die sollen in nicht allzu ferner Zukunft mit V2X umgehen können.

Die dafür nötige Technologie stellt Autotalks bereit. Dessen Gründer und CTO Onn Haran zeigte sich am Rande der Vorführung in Paris sehr zufrieden mit dem jetzigen Stand des gemeinsamen Projektes: „Die Zusammenarbeit mit VW und Bosch eBike Systems im Rahmen des SECUR-Projekts ist nicht nur ein Vertrauensbeweis für die bahnbrechende V2X-Technologie von Autotalks im Bereich der Mikromobilität, sondern auch ein Schritt, um die Welt für schwächere Verkehrsteilnehmer noch sicherer zu machen. Das ist eine gute Nachricht für Radfahrer, die sich nun noch sicherer auf der Straße bewegen können.“

V2X-fähiges Warnsystem ZooZ von Autotalks für den Einsatz am Fahrrad

Mit dem ZooZ von Autotalks gibt es bereits heute Geräte für den Einsatz am Fahrrad, die V2X-fähige Autos registrieren und vor potenziellen Gefahrensituationen warnen.

Bosch und Autotalks kennen sich schon länger. Beide beteiligten sich an einem Projekt, in dem es schon 2017 um ein Kommunikationssystem zwischen Auto und Motorrad ging. Cohda Wireless und Ducati waren damals die weiteren Partner.

Weitere Initiativen

Neben SECUR gibt es einige Kooperationen anderer Unternehmen, die an vergleichbaren Lösungen arbeiten. So haben sich zum Beispiel Audi Amerika, der Fahrradhersteller BMC, Commsignia und Spoke zusammengetan, um ebenfalls ein solches Warnsystem zu entwickeln. Das US-amerikanische Unternehmen Spoke übernimmt dort den Part, den Autotalks bei SECUR ausfüllt. Beim chinesischen Kommunikationsriesen Huawei tut sich ebenfalls in der Richtung einiges.

Projekte Teil einer großen Vision

Sich gegenseitig warnende Fahrzeuge sind ein vielversprechender Ansatz, um die Gesamtsicherheit auf der Straße nachhaltig zu verbessern. Tatsächlich ist auch dies jedoch nur die Vorstufe einer noch größeren Vision. Schließlich lässt sich die Technik auf Infrastrukturen erweitern. Ampeln, Fußgängerüberwege oder auch Menschen, die in Baustellen arbeiten – sie alle könnten Signale senden. Momentan zielen Ideen darauf ab, alle Verkehrsteilnehmenden zu warnen. Eine Mitteilung erscheint und ein Mensch reagiert. Die nächste Stufe wäre dann das Zusammenspiel in einem Verkehr mit einer steigenden Anzahl autonom agierender Fahrzeuge, die solche Warnungen erhalten und selbstständig auf die jeweilige Situation reagieren. Aber bevor wir auf derart vernetzten Straßen unterwegs sind, sehen wir sicher noch die eine oder andere Demonstration auf abgesperrten Arealen.

Bilder: Autotalks Ltd.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert