Ein Marlin ist erstens, ein großer Salzwasserfisch, zweitens das Maskottchen von Fisher Bicycle und drittens ein Mountainbike für Einsteiger in den Sport. Mit dieser Erläuterung führte Gary Fisher das Marlin 1995 als Neuzugang in seinem Katalog ein. Mehr als ein Vierteljahrhundert später ist sowohl der Fahrradhersteller als auch die Marke Gary Fisher verschwunden. Dennoch feiert ein Marlin wieder eine Premiere. Trek, in gewisser Weise einer der Verwalter des wirtschaftlichen Erbes von Fisher Bicycle, erweitert sein Sortiment an E-Mountainbikes um ein neues Einstiegsmodell – und nennt es Marlin+.
Gutes Bike zum überschaubaren Preis
Aus Sicht von Trek drängt sich dieser Name beinahe unweigerlich auf. Da gibt es zu einem die Verbindung zur Vergangenheit. Schon das erste Marlin war ein Modell, das Menschen, die bisher nur wenig Berührung mit dem Mountainbiken hatten, für das Fahrradfahren begeistern wollte, ohne dass sie dafür Unsummen ausgeben sollten. Schon erstaunlich, dass Gary Fisher für diesen Zweck damals einen TIG-geschweißten doppelwandigen Stahlrahmen wählte, in dem die Züge schon zu großen Teilen innen verlegt waren. Heute gelten solche Details eher als Zeichen für hohe Qualität.
Als 2010 das Marlin in das Lineup von Trek umzog, geschah dies mit der identischen Ausrichtung. Es galt seit jeher als Sinnbild für den Spagat zwischen dem sportlichen Radfahren im Gelände und dem Nutzen im Alltag. Ein vielseitiges Fahrrad, bei dem man ein potentes und gleichzeitig gutmütig ausgelegtes Mountainbike zu einem günstigen Preis erhielt. Mit diesem Ansatz entwickelte es sich zu einem der weltweit meistverkauften Modelle von Trek.
Non-E-Bike als Vorlage
Was bislang fehlte, war ein Motor. Den erhält nun das Marlin+. Davon abgesehen lehnt sich das E-Bike sehr stark an seinen erfolgreichen Vorgänger ohne elektrische Unterstützung an. Das beginnt bei der Geometrie. Der effektive Sitzwinkel von 74 Grad sowie der Lenkwinkel von 66,5 Grad entsprechen fast haargenau den Werten des aktuellen Trek Marlin. Kettenstreben und Radstand fallen etwas länger aus. Das erhöht die Laufruhe im Geradeauslauf sowie bei höheren Geschwindigkeiten. Dafür dürfte sich das Marlin+ nicht ganz so wendig fahren wie das herkömmliche Pendant.
Marlin+ kein zweites Powerfly
Vielleicht fragen sich ein paar von euch, warum Trek eigentlich ein weiteres Hardtail E-MTB vorstellt? In dem Segment ist der Hersteller ja bereits mit einem Teil der Modellreihe Powerfly vertreten. Nun, vermutlich möchte man eine Zielgruppe ansprechen, die einfach andere Erwartungen an ein E-Bike richtet. Nicht alle suchen nach einem sehr kräftigen Motor. Ein herausnehmbarer Akku ist nicht für jeden ein Muss. Und unter den rund 4.000 Euro als momentanen Einstiegspreis für ein Trek Powerfly Hardtail möchten sicher auch manche gern bleiben.
Genau diese Ansprüche erfüllt das neue Marlin+. Mit seinem aus Aluminium gefertigten Rahmen, den 29 Zoll großen Laufrädern sowie der Federgabel mit 120 Millimetern Federweg vereint es typische Merkmale für ein E-Mountainbike, das je nach Ausstattung deutlich weniger als 3.000 Euro kostet. In den kleineren Rahmengrößen XS und S sinkt die Laufradgröße auf 27,5 Zoll. Aber das handhaben andere Mitbewerber ebenso. Entscheidender sind da schon die 2,6 Zoll an Reifenbreite. Mit deren Hilfe generiert ihr jede Menge Traktion und erhaltet guten Fahrkomfort beim Überqueren von Hindernissen. Zudem gleicht die Federgabel Unebenheiten entsprechend aus, sodass ihr Wurzeln und Steine nicht zu fürchten braucht.
Sich gemeinsam entwickeln
Positiv fällt am Marlin+ auf, dass Trek vorausgedacht hat. Wer im Laufe der Zeit mehr Lust am Mountainbiken gewinnt und sein Fahrvermögen verbessert, braucht nicht sofort nach dem nächsten Fahrrad suchen. Stattdessen wächst es mit den neuen Fähigkeiten und Fertigkeiten mit. Manche Modelle verfügen bereits serienmäßig über eine versenkbare Sattelstütze. Die, die das nicht tun, lassen sich aber damit problemfrei ergänzen. Dank des UDH-Schaltauges steht außerdem dem Wechsel zu einer performanteren Schaltgruppe wie der Eagle Transmission von Sram nichts im Wege.
Ähnliches gilt, wenn ihr mit dem Marlin+ unerwarteterweise auch größere Teile eures Alltags bestreiten wollt. Am Rahmen finden sich die nötigen Aufnahmen für das Anbringen von Gepäckträger, Schutzblechen und Seitenständer. Perspektivisch könnt ihr das Fahrrad also auch für alles nutzen, was ihr sonst mit einen City-Bike, den öffentlichen Verkehrsmitteln, einem Auto oder ganz anderen Fahrzeug erledigt hättet.
Einstieg mit reduzierter Kraft
Mit seiner Zuverlässigkeit ist der Bosch Active Line Plus das passende Herzstück des E-Bike-Antriebs. Den Mittelmotor gibt es für das Smart System zwar erst seit wenigen Wochen. In seiner Basis, dem Motor der zweiten Entwicklungsstufe bei Bosch, stecken jedoch unzählige Kilometer an Laufleistung. Dieser Erfahrungsschatz kommt auch der neuen Version zugute. Das Drehmoment von 50 Newtonmeter sowie die Unterstützung bis zu Geschwindigkeiten von 25 Kilometer pro Stunde gehören zu seinen bekannten Eigenschaften. Genau wie seine geringe Geräuschentwicklung während des Fahrens.
Spannend wäre es gewesen, den Performance SX am Trek Marlin+ zu sehen. Mit seinem geringeren Gewicht, dem kompakteren Baumaß und dem etwas höheren Drehmoment hätte er sicher auch gut zu diesem Konzept gepasst. Eventuell wäre dann aber der Preis höher ausgefallen.
Akku und Display ganz neu
Zumindest ein wenig SX-Feeling kommt mit dem Akku auf. Dabei handelt es sich nämlich um den Bosch CompactTube 400 und damit um den Energiespeicher, den Bosch selbst als perfekte Ergänzung zum Performance SX-Motor sieht. Auch ihn hat Bosch erst in diesem Sommer auf den Markt gebracht. Fest im Unterrohr verbaut, bietet seine Kapazität von 400 Wattstunden laut Hersteller maximal vier Stunden unterstütztes Fahren. Wer möchte, kann das System optional um den Bosch PowerMore 250 erweitern. Der Range Extender schenkt euch ungefähr 60 Prozent an zusätzlicher Reichweite.
Auf das E-Bike-System zugreifen könnt ihr über das neue Bosch Purion 200. Die Kombination aus Bedieneinheit und kleinem Display stellt die wichtigsten Informationen in kompakt und meist gut lesbar dar. Zu den von Trek freigeschalteten Fahrmodi gehört der Auto-Modus. Dessen adaptive Motorunterstützung übernimmt für euch das Wechseln zwischen den verschiedenen Modi. Im Auto-Modus registriert der Motor eigenständig, ob ihr euch gerade in einem Anstieg befindet oder gegen den Gegenwind ankämpft. Daraufhin wählt er selbst die passende Unterstützungsstufe, was unter dem Strich oftmals wertvolle Stromreserven spart.
Kleine, aber feine Unterschiede
Für die Saison 2024 legt Trek zwei Ausstattungsvarianten vom Marlin+ auf. Das günstigere Marlin+ 6 verfügt über eine Kettenschaltung mit nur neun Gängen, keine versenkbare Sattelstütze, eine Federgabel mit Stahlfeder sowie einfache hydraulische Scheibenbremsen von Shimano. Der höhere Preis für das Marlin+ 8 ergibt sich aus einer Kettenschaltung mit zwölf Gängen, der versenkbaren Sattelstütze, der hydraulischen Federgabel sowie den etwas hochwertigere Bremsen von Tektro.
Ein kleines Manko trifft auf Marlin+ 6 und Marlin+ 8 zu: Obwohl an beiden ein Antrieb des Smart System von Bosch verbaut ist, lässt in beiden Fällen der Rahmen nicht genügend Platz, um den GPS-Tracker Bosch Connectmodule zu integrieren. Als Alternativen blieben Lösungen wie das AirTag von Apple.
Trek Marlin+ 2023 im Überblick
- Varianten: Trek Marlin + 8, Trek Marlin+ 6
- Rahmen: Alpha Platinum Aluminium
- Federgabel: SR Suntour XCM 34, RockShox Recon Silver RL
- Motor: Bosch Active Line Plus
- Akku: Bosch CompactTube 400
- Bedieneinheit: Bosch Purion 200
- Antrieb: Shimano Deore, Shimano Cues
- Bremsen: Shimano MT420, Tektro HD-M275
- Gewicht: 20,45 kg in Rahmengröße M
- Maximal zulässiges Gesamtgewicht: 136 kg
- Farben: Mercury, Purple Flip to Black Fade, Dnister Black, Crimson
- Preis: ab 2.799 Euro
Bilder: Trek Bicycle Corporation