Wie vermittelt man ein Gefühl? Auf diese Frage muss Trek in nächster Zeit eine funktionierende Antwort finden. Denn eine seiner wichtigsten Neuheiten für die Saison 2023 soll über ein bisher nie dagewesenes Fahrgefühl Menschen für das Fahren mit einem E-Bike begeistern, die das bisher für sich selbst ausgeschlossen haben.
E-Bikes boomen. In den vergangenen drei, vier Jahren eilen die Verkaufszahlen von einem Rekord zu nächsten. Das gilt für Europa, aber auch weltweit. Die meisten Fahrradhersteller wird dies freuen, haben sie doch längst dieses Segment als den Motor erkannt, der die Industrie mittelfristig antreiben wird. Gleichzeitig sehen sie, dass in Deutschland im Jahr 2021 43 Prozent aller verkauften neuen Fahrräder einen E-Antrieb besaßen. Hier warten also 57 Prozent potentieller Käufe, die erschlossen werden könnten.
Keine Kompromisse
Hinter diesen Kaufentscheidungen stecken Menschen. Ein Teil von ihnen verzichtet voller Überzeugung auf die elektrische Unterstützung beim Fahrradfahren. Ihnen erscheinen E-Bikes als zu schwer und zu kraftvoll. Sie müssten ihren bevorzugten Fahrstil auf motorisierte Fahrräder anpassen und haben dazu verständlicherweise keine Lust. Lieber greifen sie weiterhin zu ihrem angestammten, herkömmlichen Fahrrad.
Genau diese Menschen möchte Trek davon überzeugen, dass es jetzt eine Kategorie von E-Bikes gibt, bei der niemand zurückstecken muss. Erstes Ergebnis dieser Idee ist das Fuel EXe. Dabei handelt es sich um ein E-Mountainbike mit einem Federweg von 150 Millimeter für die Gabel und 140 Millimeter für den Hinterbau, 29 Zoll großen Laufrädern und dem ebenfalls gerade vorgestellten Antrieb HPR50 von TQ. Durch seinen Sitzwinkel von 77 Grad und den Steuerwinkel von rund 65 Grad verrät das Fuel EXe seinen Charakter als aggressiveres Trailbike, das eindeutig in Richtung Enduro tendiert.
Das Geheimnis der Leichtigkeit
Um die Zielgruppe für dieses Fahrrad zu finden, hat sich Trek genau angeschaut, wer solche Fahrräder fährt, die keinen E-Antrieb haben. Wer ist das? Wie fahren sie diese Bikes? In welchem Terrain? Und anscheinend ist der Hersteller zu dem Schluss gekommen, dass er es mit Menschen zu tun hat, die ihr Bike fahren statt von ihm gefahren zu werden. Sie bevorzugen technisch anspruchsvolles Gelände, in dem Spritzigkeit zählt, das schnelle Legen des Bikes von einer auf die andere Seite, das Überspringen von Hindernissen oder das spielerische Zirkeln um engste Kurven.
Gewicht spielt also eine entscheidende Rolle. Rahmengeometrie natürlich. Genau wie die Stärke des E-Antriebs. Am Fuel Ex löst Trek diese Formel folgendermaßen auf: etwas mehr als 18 Kilogramm, Kettenstrebe mit einer Länge von 440 Millimeter und 50 Newtonmeter an Drehmoment. Testfahrerinnen und Testfahrer aus allen Bereichen, Mountainbiking und E-Mountainbiking, konnten sich nach etlichen Kilometern auf den Trails wohl mit diesen Parametern anfreunden.
Perfekte Vorlage
Bei der anschließenden Übertragung in ein komplettes Fahrrad kam Trek sicher zugute, dass der Antrieb von TQ es Herstellern enorm erleichtert, ein E-Bike zu entwerfen, dem man das „E“ nicht ansieht. Für den ausgesprochen kleinen Motor mit seinen lediglich 1.850 Gramm an Gewicht und dem Q-Faktor von 135 Millimetern genügt beinahe ein Tretlager, das aus dem Rahmenset eines herkömmlichen Fahrrades genommen werden kann. Den schlanken 360 Wattstunden fassenden Akku im Unterrohr übersieht man ähnlich schnell. Aufwändige Kühlrippen sucht ihr ebenfalls vergeblich. Das im HPR50 genutzte Harmonic Pin-Ring-Getriebe verlangt nach verhältnismäßig wenig Strom vom Akku, funktioniert ohne nennenswerte Reibung seiner Komponenten und dreht sich zudem eher langsam. Damit entsteht auch kaum Abwärme, die aufwendig – und optisch auffällig – abgeführt werden muss.
Da ihre geringen Volumen es erlauben, sitzen Motor und Akku im aus Carbon gefertigten Rahmen sehr tief. Dadurch sinkt der Schwerpunkt weit nach unten, was die Fahrstabilität fördert und euch die Limits dessen, was fahrbar ist, verschieben lässt.
Auf der Suche nach dem Leisetreter
Was vom Motor hörbar ist, könnt ihr dagegen in aller Regel nicht beeinflussen. Viele von euch werden aus eigener Erfahrung jedoch wissen, dass die Geräuschentwicklung einen großen Einfluss auf das Fahrerlebnis hat. Schließlich geht es beim Fahrradfahren oftmals um das sprichwörtliche Erfahren von Natur. Nervig, wenn das der Motor permanent übertönt. Mit großem Aufwand hat Trek vor der Präsentation der Neuheit analysiert, wie sich der HPR50 im Fuel EXe im Vergleich zu Mitbewerbern schlägt. Alles deutet darauf hin, dass die Akustik nicht der Faktor sein wird, der Interessierte vor diese E-Bike zurückschrecken lässt. Bei entsprechenden Tests in einem Akustiklabor erwies sich der Antrieb nicht als geräuschlos, aber als sehr leise. Zudem sollen die von ihm ausgestrahlten Töne in einem Bereich liegen, den das menschliche Ohr als recht angenehm empfindet.
Keine falsche Bescheidenheit
In jedem Fall scheint Trek von der Potenz des Antriebes als auch dem Kern des Fahrrades mit Rahmen und Federsystem vollauf überzeugt zu sein. Das Fuel EXe hinterlässt den Eindruck eines tiefergreifenden Neubeginns statt eines Testballons. Als ein Indiz dafür deuten wir die Modelltiefe, mit der Trek startet. Aus insgesamt sechs Modellen könnt ihr wählen. Preislich öffnet sich eine Spanne von 6.499 Euro für das Einstiegsmodell, das Fuel EXe 9.5, bis hin zu 14.999 für das Topmodell Fuel EXe 9.9 XX1 AXS. Drei dieser Modelle kosten mehr als 10.000 Euro. Wer will, kann darin sicher ein Stück des typischen US-amerikanischen Selbstbewusstseins erkennen, das eine gefühlte Überlegenheit im Wettbewerb gern mal unter anderem über den Preis kommuniziert.
Technisch reicht die Spanne von Kettenschaltung und Bremsen auf dem Niveau der Deore-Gruppe von Shimano bis hinauf zur elektronischen Edel-Gruppe XX1Eagle AXS von Sram in Verbindung mit den elektronischen Sensoren für den Reifendruck (TyreWiz) beziehungsweise das Setup des Dämpfers (AirWiz).
Trek Fuel EXe 2023 im Überblick
- Varianten: Fuel EXe 9.9 XX1 AXS, Fuel EXe 9.9 XTR, Fuel EXe 9.8 GX AXS, Fuel EXe 9.8 XT, Fuel EXe 9.7, Fuel EXe 9.5
- Motor: TQ HPR50
- Akku: TQ 360 Wh
- Bedieneinheit und Display: TQ LED-Display + TQ Remote
- Federgabel: RockShox Lyrik Ultimate, RockShox Lyrik Select+, Fox Rhythm 36, RockShox 35 Gold RL
- Antrieb: Sram XX1 Eagle AXS, Shimano XTR, Sram GX Eagle AXS, Shimano XT, Shimano Deore
- Bremsen: Sram Code RSC, Shimano MT9120, Sram Code R, Shimano MT8120, Shimano MT6100, Tektro HD-M745
- Maximal zulässiges Gesamtgewicht: 136 kg
- Preis: ab 6.499 Euro
Bilder: Trek Bicycle Corporation