Wer Kinder auf einem E-Lastenfahrrad mitnehmen möchte, stellt sich schnell die Frage: Sitzt der Nachwuchs besser vor oder hinter mir? Beides hat Vor- und Nachteile. Sobald es um mehrere Kinder geht, scheiden etliche Cargobikes aus, bei denen der hintere Gepäckträger die Hauptlast trägt. Manche solcher Longtails sind jedoch dieser Aufgabe gewachsen. Wer entweder die Kinder oder das Transportgut gern hinter sich weiß und den ungestörten Blick auf das Verkehrsgeschehen vor sich schätzt, hat daher durchaus Optionen. Und dank einer Neuheit von Tern nun sogar eine mehr.
Kurz vor Beginn der Eurobike 2024 zeigt der Spezialist für Falt- und Lastenräder sein neuestes Modell – das Quick Haul Long. Bei manchen von euch klingelt es jetzt bestimmt. Genau. Im März 2022 brachte der Hersteller bereits das Quick Haul auf den Markt. Wie der Name des Neulings unschwer erkennen lässt, folgt nun eine verlängerte Version dieses E-Bikes.
Ambitionierte Rechnung
Im ersten Moment sorgt diese Entscheidung durchaus für etwas Verwirrung. Schließlich ist der Bereich der größeren Longtails bisher ausschließlich für das Aushängeschild von Tern, das GSD, reserviert. Eine interne Konkurrenz könnte theoretisch dessen Marktanteile schrumpfen lassen. Am Ende würden sich beide Fahrräder womöglich gegenseitig kannibalisieren.
Dem versucht der Hersteller mit einem schlagkräftigen Argument entgegenzutreten: dem Preis für das Quick Haul Long. „Seit unserem ersten GSD haben wir viel dazugelernt, wie man Cargobikes noch besser und effizienter machen kann“ sagt Josh Hon, Tern Team Captain. „Das neue Quick Haul Long bietet die besten Eigenschaften des GSD – aber zu einem deutlich erschwinglicheren Preis, ohne Kompromisse bei Sicherheit oder Zuverlässigkeit.” Nach Ansicht von Hon zählt der Neuling mit seinem Startpreis von 4.099 Euro zu den preisgünstigsten Premium-Cargobikes auf dem Markt. In jedem Falle stellt es die bislang günstigstes Variante für ein E-Bike von Tern dar, mit dem ihr zwei Kinder befördern könnt.
Teurer geht immer. Billiger auch.
Für das herkömmliche Tern Quick Haul, dessen Gepäckträger nur Platz für einen einzigen Kindersitz bietet, müsst ihr mindestens 2.999 Euro veranschlagen. Das größere Tern GSD mit einem deutlichen Plus an erlaubter Zuladung startet aktuell mit 5.199 Euro für das Tern GSD S10. Das stärker auf Offroad-Abenteuer ausgelegte Tern Orox kann ebenfalls zwei Kinder auf dem Gepäckträger aufnehmen. Allerdings startet es erst bei 6.799 Euro. Bei der Suche nach vergleichbaren Longtails anderer Marken könntet ihr auf das Specialized Turbo Porto für 6.500 Euro stoßen. Es geht aber auch deutlich günstiger. Zum Beispiel unterbietet das Cube Longtail Sport Hybrid 725 den Preis des Tern Quick Haul Long bei vergleichbarer Qualität um rund 300 Euro.
Vollwertiger Packesel
Natürlich kann der Preis immer nur ein erstes Merkmal sein, das man für den Vergleich verschiedener Fahrräder heranzieht. Noch wichtiger ist die Frage, was genau ihr für den Preis bekommt. Und an der Stelle braucht sich das Tern Quick Haul Long nicht zu verstecken. Seine Qualitäten als Familienkutsche auf zwei Rädern klangen bereits an. Wo zwei Kinder sitzen, entweder in zwei Kindersitzen oder auf einer gemeinsamen Sitzbank, findet auch eine erwachsene Person Platz. Oder natürlich diverses Transportgut. Freigegeben ist der hintere Gepäckträger für eine Zuladung von maximal 90 Kilogramm. Verteilen könnt ihr die Last sowohl auf der Ladefläche als auch in großen Seitentaschen, die sich durch optional erhältliche Trittbretter zusätzlich abstützen lassen.
Weiteres Gepäck könnt ihr auf einem Frontgepäckträger verstauen. Die dazugehörige Aufnahme am Steuerrohr hält einer Zuladung von maximal 20 Kilogramm stand. Kombinieren lässt sie sich mit Gepäckträgern unterschiedlicher Größe, in die wiederum verschieden große Taschen passen. Wem das immer noch nicht genügt, der freut sich vermutlich über eine im Rahmen integrierte Anhängerhalterung. Laut Tern eignet sie sich für die meisten handelsüblichen Anhängerkupplungen. Insgesamt eröffnen sich euch also schier zahllose Möglichkeiten, das Maximum beim zulässigen Gesamtgewicht von 190 Kilogramm optimal auszunutzen – egal ob mit Mensch, Tier oder diversen Gegenständen.
Gut fahrbar
Apropos ausnutzen. Die Frage, wer mit dem Quick Haul Long fährt, lässt sich ähnlich flexibel lösen wie die Frage des Transportguts. Typisch für diesen Typ von E-Bike gibt es das Modell in einer Einheitsgröße zu kaufen. Allerdings sorgen der flache Sitzwinkel sowie der mithilfe eines Speedlifter in der Höhe verstellbare Lenker dafür, dass Menschen unterschiedlicher Körpergröße bequem auf dem Fahrrad sitzen. Der Hersteller nennt einen Bereich von 155 Zentimeter bis 185 Zentimeter als entsprechende Wohlfühlzone. Da der Durchstieg gerade einmal 48 Zentimeter hoch ausfällt, sollte auch das Auf- und Absteigen für die meisten problemlos funktionieren.
Während der Fahrt unterstützt euch der Cargo Line von Bosch beim Vorankommen. Mit seinem Drehmoment von 85 Newtonmeter und den 400 Prozent an Tretunterstützung sorgt er dafür, dass selbst im vollbeladenen Zustand das Fahren nicht zu einem beschwerlichen Kraftakt ausartet. Bezogen auf die Reichweite müsst ihr eure Erwartungen vielleicht in wenig herunterschrauben. Mit dem kleinsten Rahmenakku von Bosch ausgestattet, der über 400 Wattstunden verfügt, könnte das erste Aufladen bereits nach 40 gefahrenen Kilometern angesagt sein. Seid ihr ohne Zuladung unterwegs, können daraus bis zu 70 oder 80 Kilometer werden. Dank der Kettenschaltung mit neun Gängen sowie der kompakten 20-Zoll-Laufräder schwimmt ihr im Stadtverkehr locker mit und passt auch durch engere Lücken hindurch. Am Ziel angekommen, könnt ihr auf Wunsch das E-Lastenfahrrad wie fast jedes Modell von Tern ganz platzsparend aufrecht abstellen.
Nachgewiesene Qualität
Neben diesen harten Fakten kann das Tern Quick Haul Long noch ein paar „soft skills“ auf seine Habenseite verbuchen. Qualitäten, die weder sichtbar noch auf einer Testfahrt erfahrbar sind, und dennoch großen Wert besitzen. Gemeint ist das Maß an Zuverlässigkeit und Sicherheit, das in diesem E-Lastenfahrrad steckt. Der Hersteller ließ im Vorfeld sowohl Rahmen und Gabel als auch wichtige Komponenten wie Vorbau, Sattelstütze, Lenker und Laufräder nach der DIN 79010 prüfen. Die in Deutschland entwickelte Norm gilt für Lastenfahrräder, deren maximal zulässiges Gesamtgewicht mindestens 120 Kilogramm beträgt. Bisher lässt eine überschaubare Anzahl an Herstellern ihre Modelle diese Tests durchlaufen. Tern hat es getan. Das soll euch eine berechtigte extra Portion an Zutrauen in die Fähigkeiten des Quick Haul Long schenken.
Nach jetzigem Stand wird das Modell ab August im Fachhandel erhältlich sein.
Tern Quick Haul Long D9 im Überblick
- Rahmen: Aluminium
- Rahmengröße: onesize
- Motor: Bosch Cargo Line
- Akku: Bosch PowerPack 400
- Bedieneinheit: Bosch Purion
- Antrieb: 9-Gang-Kettenschaltung von Tektro
- Bremsen: Tektro hydraulic disc
- Gewicht: 29,3 kg
- Maximale Zuladung vorderer Gepäckträger: 20 kg
- Maximale Zuladung hinterer Gepäckträger: 90 kg
- Maximal zulässiges Gesamtgewicht: 190 kg
- Farben: Black, Ice Grey, Traffic Rad
- Preis: ab 4.099 Euro
Bilder: Mobility Holdings Ltd.