Viele Firmen nutzen die alljährliche Eurobike als Bühne für ihre Neuvorstellungen. Tern hat in diesem Jahr sein großes Geheimnis schon vorab gelüftet – eine komplett überarbeitete Version seines kompaktesten Lastenfahrrades HSD. Die wirkt grundsolide und könnte vor allem diejenigen begeistern, die schon immer eine Schwäche für den Transporter im Kleinformat hatten.
Vor gut vier Jahren erblickte das HSD das Licht der Welt. Das Motto „Haul Stuff Daily“ hatte Tern kurzerhand in ein einprägsames Kürzel aus drei Buchstaben gegossen, auf 20 Zoll große Laufräder gestellt und als kleinen Lastenesel für den Alltag losrollen lassen. An dem Konzept hält der Hersteller weiterhin fest. Mit zwei entscheidenden Änderungen. Der Esel bekommt mehr Muckis und kann künftig noch schwerere Lasten bewältigen. Gleichzeitig macht ihm ein neuer Antrieb aus Boschs Smart System ordentlich Beine.
Arbeit am Herzstück des Fahrrades
Auf den ersten Blick zu erkennen ist, dass Tern den Aluminiumrahmen des HSD leicht verändert hat. Oberhalb des Tretlagers verband schon immer ein zusätzliches Rahmenrohr das Unterrohr mit dem Sitzrohr. Aus diesem Rohr wurde nun eine breitere Konstruktion, die sich ab dem Sitzrohr zweiteilt und bis zu beiden Sitzstreben verlängert wurde. Dadurch gewinnt der Rahmen zusätzlich an Stabilität, was sich sowohl bei der Aufnahme von Lasten als auch beim Fahren im beladenen Zustand bemerkbar macht. So steigt etwa das maximal zulässige Gesamtgewicht des Fahrrades um zehn Kilogramm auf jetzt 180 Kilogramm. Maximal 120 Kilogramm dürfen davon auf euch als Fahrende entfallen.
Das höhere Gesamtgewicht erlaubt dem Hersteller das Montieren eines verbesserten hinteren Gepäckträgers. Auf den überarbeiteten Atlas H Rack könnt ihr nun Lasten mit einem Gewicht von maximal 80 Kilogramm aufladen. Das sind 20 Kilogramm mehr als zuvor. Außerdem eröffnet sich so die Option, dass auch Erwachsene auf einer mit dem HSD kompatiblen Sitzbank Platz nehmen können. Insgesamt solltet ihr dabei im Kopf stets kurz überschlagen, ob sich das vom Gesamtgewicht her mit dem Höchstwert der zulässigen 180 Kilogramm ausgeht. Aber für ein Fahrrad, das gerade einmal 165 Zentimeter in der Länge misst, ist das dennoch eine beeindruckende Marke.
Wo Licht ist, gibt es natürlich auch Schatten. Bei der Kompaktheit des Fahrrades bleibt anscheinend leider kein Platz für das Anbringen eines zweiten Akkus am Rahmen. Zumindest wird das in den uns vorliegenden Informationen nicht erwähnt.
Moderner und kräftiger
Zweiter großer Pluspunkt des neuen HSD ist seine Ausstattung mit einem Antrieb aus dem Smart-System-Kosmos von Bosch. Das liegt weniger an den damit verbunden smarten Lösungen wie den Updates over the air oder ähnlichem. Davon sind ja nicht alle unbedingt Fans. Es geht vielmehr um den integrierten Performance Line-Motor. Ja, der steckte auch in den früheren HSD-Modellen. Allerdings eben in einer älteren, weniger leistungsstarken Entwicklungsstufe. Diese bot lediglich ein Drehmoment 65 Newtonmetern und packte maximal 300 Prozent an Motorunterstützung auf euere eigene Muskelkraft darauf. Das jetzige Aggregat sorgt mit 75 Newtonmetern und einer Unterstützung von 340 Prozent für einen deutlich kraftvolleren Anschub. Das wiederum passt sehr gut zu dem bereist erwähnten Mehr an Last, das ihr mit dem Tern HSD bewegen könnt.
Klassische Tern-Qualitäten
Abgesehen von diesen beiden grundlegenden Einschnitten hat sich Tern bei der Überarbeitung des Modells mit weiteren Veränderungen eher zurückgehalten. Aus unserer Sicht eine nachvollziehbare und gute Entscheidung. Schließlich verfügt das Fahrrad über ausgefeilte Details, die sich in der bisherigen Praxis als ausgezeichnete Lösungen erwiesen haben:
- Senkrechtes Aufstellen auf den Enden des hinteren Gepäckträgers für ein platzsparendes Abstellen und Mitnehmen in Aufzügen
- Durch Umklappen der Lenksäule und Absenken der Sattelstütze praktisches Verkleinern des HSD auf ein Maß von 165 × 39,5 × 87 cm
- Andros-Vorbau für werkzeugfreies Verändern der Lenkerposition
- Dank Combo-Mount am Steuerrohr Option zum Anbringen verschiedenster Gepäckträger und Körbe mit maximaler Traglast von 20 Kilogramm
- Speziell für Tern gefertigte Federgabel mit 70 Millimeter Federweg von SR Suntour, hält langfristig den Belastungen hoher Zuladungen stand
Deutlichere Abgrenzung der Modelle
Etwas verschlankt hat Tern die Vielfalt innerhalb der Modellreihe. Von den zuvor vier Ausstattungsvarianten sind nur noch drei übriggeblieben. Weggefallen ist das Modell mit der Shimano Nexus 8-Gang-Nabenschaltung. Der Grund dafür ist einfach, sie ist vom Hersteller nicht für derart hohe Belastungen freigegeben. Als Topmodell schickt Tern künftig das HSD S00 ins Rennen. Das wird von einer stufenlosen Automatikschaltung von Enviolo angetrieben. Passenderweise handelt es sich um die Heavy Duty-Ausführung. Dazu erhaltet ihr einen Frontscheinwerfer mit Fernlicht, der die Straße mit einer Leistung von 700 Lumen ausleuchtet. Damit könnt ihr auch getrost im Dunkeln abseits der Straße unterwegs sein. Für mehr Sicherheit im Straßenverkehr sorgt die zusätzliche Bremslichtfunktion des Rücklichts.
Unterschiede zeigen sich zudem beim E-Antrieb. Sowohl das Kiox 300 Display als auch das Bosch ConnectModule finden sich nur am Tern HSD S00. Vor allem der gesteigerte Diebstahlschutz und das GPS-Tracking könnten manche Leute dazu bewegen, die 5.899 Euro für dieses kompakte E-Lastenfahrrad investieren zu wollen.
Bei den beiden günstigeren Modellen, dem Tern HSD P5i sowie dem Tern HSD P10, gehört das Bosch ConnectModule nicht zur Serienausstattung. Statt des Kiox 300 gibt es das kabellose Intuvia 100 Display. Die Lichtanlage fällt ebenfalls einfacher aus und bringt weder das Fernlicht noch das Bremslicht mit. Weiterhin geht es bei den Bremsen eine Qualitätsstufe hinunter. Einfachere hydraulische Scheibenbremsen von Shimano ersetzen die Magura MT4, die ihr am HSD S00 findet. Untereinander unterscheiden sich HSD P5i und HSD P10 lediglich durch die verbaute Schaltung und den damit verbunden Preis. Beim Tern HSD P5i erhaltet ihr eine Shimano Nexus 5-Gang-Nabenschaltung und zahlt am Ende 4.999 Euro. Wer lieber eine Kettenschaltung mag, greift zum Tern HSD P10 mit der Shimano Deore 10-Gang-Kettenschaltung und kommt dabei 300 Euro günstiger.
Gemeinsam haben dagegen alle Modelle den Bosch Powerpack mit einer Kapazität von 545 Wattstunden. Nach Angaben von Tern ermöglicht der Akku euch Reichweiten zwischen 51 Kilometern und 121 Kilometern. Je nach Zuladung, Fahrweise und Terrain ergibt das Strecken, die von den täglichen Besorgungen in der Woche bis hin zu längeren Touren bequem reichen dürften.
Weiterhin enorm vielfältig
Gut möglich, dass ihr das neue Tern HSD für diese beiden Anwendungen nutzt – und noch mehr. Im Grunde sind euch da keine Grenzen gesetzt. Wie in der Vergangenheit hat Tern auch diesmal viel Wert darauf gelegt, dass sich möglichst viel Zubehör aus dem Sortiment am HSD verwenden lässt. Vom Familientaxi bis zum Mini-Transporter könnt ihr enorm viel aus dem Fahrrad machen. Wir listen euch hier noch einmal das Zubehör auf, mit dem das neue HSD nach jetzigem Stand kompatibel ist:
- 28 Pannier
- Captain’s Chair
- Cargo Hold
- Cargo Hold 37 Panniers
- Cargo Tray
- Clubhouse Mini
- Clubhouse MadPad
- DuoStand
- Hauler Rack
- Sidekick Footrests
- Sidekick Wheel Guard M
- Storm Box Mini
- Storm Shield Mini
- Transporteur Rack
- Urban Iki® seat
- WeatherTop Bag
Voraussichtlich tauchen die ersten Serienbikes noch in diesem Sommer in den Läden auf.
Tern HSD im Überblick
- Varianten: HSD S00, HSD P5i, HSD P10
- Rahmen: Aluminium
- Rahmengröße: One size
- Empfohlene Körpergröße: 150 cm bis 195 cm
- Federgabel: SR Suntour custom
- Motor: Bosch Performance Line (Smart System)
- Akku: Bosch PowerPack 545
- Display: Bosch Kiox 300, Bosch Intuvia 100
- Bedieneinheit: Bosch LED Remote
- Antrieb: Enviolo Heavy Duty, Shimano Nexus 5, Shimano Deore
- Bremsen: Magura MT4, Shimano hydraulic
- Gewicht: ab 27,6 kg
- Maximales Fahrergewicht: 120 kg
- Maximal zulässiges Gesamtgewicht: 180 kg
- Preise: ab 4.699 Euro
Bilder: Mobility Holdings, Ltd.