Zum Ausklang des Jahres bringt sich Revonte noch einmal in Erinnerung. Auf der Eurobike 2019 trat der Motorenhersteller erstmals vor ein größeres Publikum. Nun veranschaulichen die Finnen in einem Video ihre technischen Fortschritte der zurückliegenden Monate. Vieles sieht danach aus, als könntet ihr in nicht allzu ferner Zukunft mit Bikes rechnen, die diesen Antrieb mitbringen.
Auf einem schwarzen Hardtail fährt Iiro Peltola, CTO und Mitbegründer von Revonte, durch die Wälder Finnlands. Das gezeigte E-MTB verdeutlicht, wie weit der Hersteller gekommen ist und wie die Integration an einem massentauglichen Bike aussehen könnte. Angesichts der Bilder ist es sehr gut vorstellbar, dass schon bald der Name eines größeren Fahrradherstellers den von Revonte auf dem Unterrohr ersetzt. Denn die Vorteile gegenüber anderen Antrieben sind offensichtlich.
Idee aus dem Automotive-Bereich
Beim Revonte ONE handelt es sich um ein System aus einem integrierten, stufenlosen Planetengetriebe und zwei verschiedenen Elektromotoren, das am Tretlager verbaut ist. Einer der Motoren unterstützt euch beim Fahren, der andere sorgt für die gewünschte Übersetzung. Innen steckt also eine Fülle von Bauteilen. Von außen ist davon wenig zu sehen. Die Abmessungen sind ungefähr in einer Größenordnung mit denen der Marktführer wie Yamaha, Brose, Shimano und Bosch. Nur das Unterrohr kommt ausgesprochen massiv daher – aber dazu später.
Bleiben wir noch bei den Dingen, die sichtbar sind. Oder besser bei denen, die scheinbar fehlen. Es gibt keine Kassette, kein Schaltwerk und keine Schaltnabe. Kettenspanner? Ebenfalls Fehlanzeige. Wer es nicht besser weiß, würde vermutlich auf einen Singlespeed-Antrieb tippen. Da gibt es wenig, was zu warten wäre. Erst recht, wenn sich später Fahrradhersteller für einen Riemen statt einer Kette entscheiden. Derart einfach und robust konstruiert, sammelt Revonte etliche Pluspunkte in Sachen Zuverlässigkeit und Haltbarkeit.
Die App als Schaltzentrale
Das sieht bei der Bedienbarkeit nicht viel anders aus. Schalten sollt ihr nämlich wahlweise automatisch oder manuell können. Im letzteren Falle zeigt sich ein besonderer Clou: In der App wählt ihr einfach aus, wie viele manuelle Gänge ihr haben wollt. Drei und damit die Erinnerung an das bescheidene Mietfahrrad aus dem Urlaub wieder aufleben lassen? Vielleicht 14 und ein wenig Rohloff spielen? Oder 25, weil das eure Glückszahl ist? Wäre alles machbar.
Viel wichtiger ist jedoch die Ansage, dass Schaltvorgänge problemlos unter Last funktionieren sollen.
Derart geschmeidig in Gang gesetzt, verspricht Revonte für den Motor Großes. Von der Software eingebremst, leistet er momentan 800 Watt. Theoretisch sind wohl sogar zwei Kilowatt umsetzbar. Dazu gibt es Drehmoment im Überfluss. Konstant stehen 90 Newtonmeter zur Verfügung. In Spitzen kann es deutlich mehr werden. Cheftechniker Iiro Peltola berichtet von Tests, in denen es sich fast schon verrückt angefühlt hätte, wie stark der Motor ihn antrieb, obwohl Peltola gar nicht so fest in die Pedale trat.
Aus der Ferne den Stecker ziehen
Einige technische Weiterentwicklungen vermelden die Finnen auch bezüglich ihrer App. Diese zeichnet jetzt alle Details einer Fahrt auf, ohne dass dafür das Smartphone überhaupt dabei an Frau oder Mann getragen werden braucht. Während der Fahrt richtet sich die Karte stets automatisch in Fahrtrichtung aus. Das aufwändigere Orientieren an der Himmelsrichtung wird so überflüssig.
Die wertvollste Neuerung ist mit Sicherheit aber der Diebstahlschutz. Sobald in der App die Warnung aufpoppt, dass sich jemand an eurem Bike zu schaffen macht, könnt ihr per Fernsteuerung den Motor des Bikes ausschalten. Im Falle des Revonte-Antriebs bedeutet dies, dass ihr das Bike komplett lahmlegt. Sehr effektive Sache, auch wenn euch dies das Bike in dem Moment noch nicht wieder zurückbringt.
Akku hoch vier
Erinnert ihr euch noch an den Beginn des Textes und die Bemerkung zum voluminösen Unterrohr? Jetzt gibt es die entsprechende Auflösung. Im Unterrohr findet der Akku Platz. So weit, so gewöhnlich. Hier handelt es sich jedoch um einen besonders großen. Bemerkenswerte 705 Wattstunden beträgt dessen Kapazität. Genauer gesagt, die des Revonte Akku7. Daneben gibt es noch den Revonte Akku5 mit 520 Wattstunden. Damit die Fahrradhersteller möglichst leichtes Spiel bei der Integration des Systems haben, sind die Abmessungen beider Akkus identisch. Das verlangt nach einem Kompromiss, der in diesem Falle eben auf Kosten des Platzbedarfes geht. Der Revonte ONE ist vieles – unscheinbar wird er eher nicht sein.
Bei der Reichweite als auch dem gesamten Batteriemanagement hat Revonte vor allem E-Lastenräder im Blick. Bei denen gilt ja generell: Je mehr Kapazität, umso besser. Revonte legt aber noch einen drauf. Ihr System ist auf bis zu vier Akkus erweiterbar. Ob vier Mal dieselbe Größe zum Einsatz kommt oder beide Größen im beliebigen Verhältnis miteinander kombiniert werden, spielt keine Rolle. Da verwundert es nicht, wenn einer der ersten Anwender das EAV Cubed ist. Cargobikes mit drei- oder vier Rädern werden in den kommenden Jahren mehr und mehr in die urbanen Räume drängen. Revonte scheint dafür bestens gewappnet.
Bilder: Revonte Ltd.
ich hätte eine frage betreffend aller elektrisch betriebenen schaltsysteme, sei es bei motor/getriebe kombinationen (z.b. valeo, revonte) oder bei nabengetrieben (rohloff e14 usw) .
wie fährt/schaltet es sich bei leerem akku?
Hallo Rolf,
im Detail kennen wir nicht alle die von dir genannten Schaltungen und Motoren in- und auswendig. Grundsätzlich gilt aber immer erst einmal: Jeder Motor muss eine Restkapazität an Strom zurückhalten, damit das Fahrrad trotzdem sicher im Straßenverkehr gefahren werden kann. Wenn also nicht mehr genügend Saft für die Motorunterstützung vorhanden ist, brennt das Licht am Pedelec, erklingt die Hupe am S-Pedelec noch für mindestens zwei Stunden. Bei elektrischen Kettenschaltungen von Shimano ist es zum Beispiel so, dass die Schaltung mit dem letzten verfügbaren Strom in eine mittlere Übersetzung wechselt und dort verbleibt. Aus Foren wissen wir, dass die Systeme von Enviolo sich wohl noch Schalten lassen, vermutlich über den Reservestrom. Wenn der endgültig versiegt, ist wohl aber in genau dem Gang Schluss, der zuletzt gewählt wurde. In der Regel ist es sicher immer eine gute Idee, über die nächste Lademöglichkeit nachzudenken, sobald man merkt, dass der Akku auf den Notbetrieb wechselt.
Sportliche Grüße, Matthias
tja – finde immer noch kein Bike mit Revonte…. wo ist es???
Hallo Roland,
vor wenigen Wochen hat Otto Crohns, Geschäftsführer bei Revonte, verkündet, dass die Finnen aktuell am Thema Massenproduktion dran sind. Das Interesse der Hersteller sei groß, jetzt werde mit Investoren verhandelt, um die nötigen Fertigungskapazitäten aufzubauen. Im Dezember gab es Demonstrationsveranstaltungen in Finnland, vor ein paar Tagen in Deutschland.
Das klingt alles danach, als ob sich bei Revonte sehr wohl etwas tut. Nur gehen sie damit nicht so sehr in die Öffentlichkeit. Vielleicht typisch Finnisch?
Sportliche Grüße
Matthias
ja, die frage, wo und wann man endlich ein bike mit dem revonte-motor kaufen kann ist mehr als berechtigt. ich möchte schon lange ein solches bike kaufen. aber wo ? irgendwann bin ich des wartens überdrüssig. gruss aus der schweiz rené
Wann kann man hierzulande endlich ein E bike für Jedermann mit dem Revonte-Antrieb kaufen (2021)??
Hallo Kos, danke für Deinen Kommentar. Hier müssen wir Dich aktuell leider auf den Hersteller Revonte selbst verweisen. Aktuell verfügen wir leider über keine Liste bekannter OEMS die den Motor verbauen. Sportliche Grüße Michael Huhn