Was hat Elektronik mit einem Fahrradreifen zu tun? Auf den ersten Blick reichlich wenig. Ok, es gibt inzwischen Sensoren, die elektronisch den Luftdruck des Reifens übermitteln. Davon abgesehen, ist es jedoch ein wenig verwunderlich, warum Michelin gerade auf einer der weltweit größten Elektronikmessen, der CES, seinen neuesten Fahrradreifen vorstellt. Erst recht, weil es an dem gar keinen Luftdruck gibt, der sich elektronisch erfassen ließe.
Keine ungewollten Boxenstopps mehr
Aus dem X Tweel für E-Cargobikes hat Michelin nämlich sämtliche Luft abgelassen. Ach nein, falsch. Es gab nie Luft in irgendeinem Schlauch oder Ähnlichem. Der Reifenhersteller präsentierte den Prototyp eines komplett luftlosen Reifens. In einer Kombination aus Rad und Reifen soll er für mehr Sicherheit beim Transport schwerer Lasten sorgen. Laut Michelin werden sich mit dem X Tweel erfolgreich platten Reifen vorbeugen, Betriebszeiten maximieren und Probleme minimieren lassen. Letzteres sind zwei entscheidende Argumente, die eher auf große Flottenbetreiber abzielen.
Hinter der Neuvorstellung verbirgt sich eine Technologie, die Michelin bereits seit mehreren Jahren einsetzt. Auf X Tweel Airless Radialreifen rollen insbesondere Baumaschinen, Traktoren und Rasenmäher über unseren Planeten. Nun hat das Unternehmen aus Frankreich das Produkt leicht verändert und auf eine weitere Anwendung hin zugeschnitten.
Man muss auch mal nachgeben können
Die Basis ist weiterhin ein komplettes Rad aus Reifen, Felge, Speichen und Nabe. Wie gesagt, einen Schlauch und ein Ventil gibt es nicht. Die Speichen ähneln kaum etwas, was man sonst vom Fahrrad kennt. Von der Seite aus betrachtet, sind sie auf unterschiedliche Weise gewölbt und entsprechen eher einem Blatt als einer schmalen Stange. Sie bestehen aus einem Polyharz. Unter größerem Widerstand geben sie nach, ohne zu brechen. Das lässt sich besonders schön in Zeitlupenaufnahmen erkennen, bei denen ein solcher Reifen über einen Absatz rollt. Die Speichen verbiegen sich gehörig, der Raum zwischen ihnen wird zusammengepresst, sodass fast ein komplettes Systemversagen zu befürchten ist. Dabei ist dies nur die Art und Weise, auf der ein X Tweel Schwingungen dämpft und Stöße absorbiert.
Für den Kontakt mit dem Untergrund sorgt ein, bezogen auf die Materialstärke, eher dünner Reifen. Dieser ist nicht darauf ausgelegt, durch seine Konstruktion jeden Einstich eines spitzen oder scharfkantigen Gegenstandes zu verhindern. Stattdessen dürfen solche Ärgernisse einfach die Struktur durchdringen. Im Inneren gibt es ja nichts, was sie zerstören könnten. Nur zur Erinnerung: kein Schlauch, keinerlei Luft. Alles, was fest im Untergrund steckt, bleibt nach einem Darüberhinwegrollen des Reifens genau dort. Was mit den Dingen passiert, die lose sind, können wir nicht sagen. Sammelt der X Tweel diese unfreiwillig auf? Das müsste ein Test zeigen. Michelin verspricht in einer Pressemitteilung, dass auf alle Fälle das Fahrverhalten mit dem eines Luftreifens vergleichbar wäre.
Naht das Ende des Schlauchreifens?
Insgesamt führt der Hersteller acht Punkte ins Feld, in denen seiner Ansicht nach sein Produkt herkömmlichen Schlauchreifen gegenüber im Vorteil ist.
1. Weniger platte Reifen und damit geringere Ausfallzeiten und Kosten
Funktioniert der X Tweel wie beschrieben, könnte dies durchaus der Fall sein. Für Logistikunternehmen oder Essenslieferanten würde diese weniger Verspätungen und Reparaturen und damit bare Münze bedeuten. Und jeder von uns würde vermutlich liebend gern auf Schlauchflicken und Schlauchtauschen verzichten.
2. Mehr Stabilität in Kurven und dadurch eine schnellere Zustellung
Das Plus an Sicherheit durch die höhere Stabilität darf ebenfalls gern in Erfüllung gehen. Ob sich Lieferzeiten verkürzen, weil etwas schneller durch Kurven gefahren werden kann, darf getrost bezweifelt werden.
3. Im Vergleich zu Luftreifen höhere Beladung
Bezogen auf E-Lastenfahrräder ist dies ein ganz wesentlicher Faktor. Schon heute sind die geräumigeren unter den Cargobikes für weit mehr als 200 Kilogramm an Maximalgewicht zugelassen. Da braucht es schon einiges an Innovation, um dafür gewappnet zu sein. Schwalbe bietet mit dem Pick-Up in dem Bereich ebenfalls gezielt eine Sonderlösung an. In dem Segment ist aber sicher Platz für einige weitere Mitbewerber.
4. Keine Reifenwartung oder Pannenhilfe erforderlich
Die Frage ist, ob die durch eine geringere Wartung eingesparten Kosten sich rentieren, wenn der Reifen am X Tweel verschlissen ist und dann ein komplettes Rad ersetzt werden muss. Auch der Anschaffungspreis, zu dem sich Michelin noch nicht geäußert hat, zählt in diese Rechnung mit hinein.
5. Einfachere Montage durch weniger Teile
Klar, Rad einfach rein, Schnellspanner oder Steckachse arretieren und los, klingt toll. Das ist bei jedem kompletten Laufrad heute aber schon ähnlich. Was wirklich entfällt, ist natürlich das Aufziehen von Mantel und Schlauch. Die vorgegebene Nabe bedeutet vermutlich allerdings auch, dass Optionen wie ein Nabendynamo oder eine Schaltnabe entfallen.
6. Größere Reichweite durch geringeren Rollwiderstand
Sollten Tests diese Aussage belegen, wäre dies einer der größten Vorteile des X Tweel. Von größeren Reichweiten profitieren schließlich Privatpersonen und Unternehmen gleichermaßen.
7. Einfacheres Recycling
Um das zu beurteilen, fehlen uns hier ein wenig die Einblicke in die genaue Zusammensetzung des X Tweel. Grundsätzlich lässt sich aber sagen, dass etwa das Recycling von Polyharz technisch durchaus anspruchsvoll ist.
8. Geringerer Verschleiß
Aufgrund der Erfahrungen aus den Anwendungen der Baumaschinen oder der Landwirtschaft weiß Michelin sicher recht genau, wie haltbar dieser Räder sind. Das anfälligste Glied in der Kette dürfte der eigentliche Reifen mit seinem Profil sein. Gut möglich, dass der Hersteller hier mit einer Mischung arbeitet, die es sehr wohl mit Alternativen von Schwalbe & Co. aufnehmen kann.
Kooperation mit Fahrradhersteller aus Boston
Auf der CES tratt Michelin gemeinsam mit Coaster Cycles auf. Der X Tweel war an einem Lastenfahrrad namens „Parcel AW“ des US-amerikanischen Herstellers zu sehen. Schon 2004 vom heutigen CEO Ben Morris gegründet, hat die Firma insgesamt vier elektrisch unterstützte Lastenfahrräder in ihrem Sortiment. Allesamt hinterlassen aus der Ferne betrachtet einen sehr guten Eindruck. Anscheinend handelt es sich um ausgereifte Lösungen, die konsequent auf den Cargoline-Antrieb von Bosch setzen und teilweise mit einer stufenlosen Automatikschaltung von Enviolo ausgestattet sind.
Ben Morris hat nach eigener Aussage mit ein paar eigenen Fahrradtaxis begonnen und daraus die Idee für ein Lastenrad und mit entsprechenden Aufbauten entwickelt. Nun sieht sich Coaster Cycles wohl bereit für den nächsten Schritt. Zumindest legt die Aussage von Jesse Bartholomew, Vice President Product, dies nahe: „Mit unseren Lösungen zeigen wir, was im Bereich E-Mobilität und vor allem auf der letzten Meile möglich ist. Die luftlosen Radialreifen von Michelin werden unseren Kunden helfen, ihre Lieferungen noch sicherer, effizienter und schneller zuzustellen. Wir sind stolz darauf, bei einem so spannenden Projekt mit Michelin zusammenzuarbeiten.“
Bilder: Michelin; Coastercycles
Greetings,
My city is experiencing influx of homeless adults living on the city streets. I am looking for a business partner to explore and provide a E-Bike with cabin for sleeping.
I see the Coastercycles hold a unique solution for space.
Kevin
Sacramento California
Cheers
Hello Kevin,
I would guess the bike from Coaster Cycles features a cabin, that is way to small to sleep in there. However, for more specific information you should get in contact with the manufacturer, Coaster Cycles.
https://www.coastercycles.com
Cheers, Matthias