Ihr wolltet schon immer einen nagelneuen Porsche euer Eigen nennen, bisher aber hat das nötige Kleingeld gefehlt? Dann schlägt jetzt eure Stunde. Unter zwei Voraussetzungen: Erstens, ihr gebt euch auch mit zwei Rädern zufrieden. Und zweitens, ihr habt nichts gegen das Ersetzen des Pronomens „einen“ durch „ein“. Jetzt gibt es nämlich ein Porsche-Fahrzeug, dessen Preis nur vier Stellen vor dem Komma zählt. Und elektrisch angetrieben wird es auch.
Vor wenigen Tagen hat Porsche zwei neue E-Bikes angekündigt: das Porsche eBike Cross für 7.990 Euro und das Porsche eBike Sport für 9.990 Euro. Da wir hier über Porsche reden, hat das Ganze natürlich auch mit Autos zu tun. Der Sportwagenhersteller erweitert künftig sein Sortiment an E-Autos um den Taycan Cross Turismo. Dabei handelt es sich um eine geländetaugliche Variante des Taycan. In den Augen von Porsche ist die Kundschaft des neuen Offroaders eine sehr aktive, die auf Trekking, Klettern, Windsurfing und ähnliche Aktivitäten steht. Zumindest tauchen solche Motive in der Vorstellung des Taycan Cross Turismo auf. Anscheinend passen eben auch E-Bikes perfekt ins Bild – also stellt Porsche zwei E-Bikes auf die Beine. Oder auf die Räder, wie ihr wollt.
Die einen zeichnen, die anderen bauen
Für dieses Projekt hat sich das Unternehmen aus Stuttgart mit dem Fahrradhersteller Rotwild zusammengetan. Defacto heißt das: Das Design stammt aus dem Studio F. A. Porsche im österreichischen Zell am See, die technische Entwicklung und Umsetzung lag in den Händen von Rotwild. Das Ergebnis sind zwei vollgefederte E-Bikes, die im Falle des eBike Sport auf ein urbanes sowie im Falle des eBike Cross auf unwegsames Terrain ausgelegt sind.
Im Kern verbinden beides Bikes jedoch eine Menge Gemeinsamkeiten. Das gilt vor allem für den Carbon-Rahmen samt der Hinterbaukonstruktion, des Float DPS -Dämpfers von Fox sowie der Magura Boltron Upside-Down Federgabel. Wer wild durch das Gelände jagen möchte, hat damit schon einmal eine sehr robuste Basis, die sowohl die fahrtechnischen Belastungen als auch das Gewicht von E-Bikes lässig kompensieren. Für das Fahren in der Stadt wirkt dieses massive Set-up allerdings etwas überdimensioniert.
Zwei für Straße und Trail
An anderer Stelle weichen beide Konzepte erfreulicherweise stärker voneinander ab. Am Porsche eBike Cross sind mit den CrossKing von Continental klassische Stollenreifen aufgezogen. Bei der Schaltung ist die Wahl auf Shimanos XT-Gruppe und dem 1fach-Antrieb mit zwölf Gängen gefallen. Dazu gesellt sich eine praktische hydraulisch verstellbare Sattelstütze von Crankbrothers. Zusammen mit den hydraulische Scheibenbremsen MT Trail von Magura ergibt das ein stimmiges Bild, mit dem ihr reichlich Spaß auf den Trails haben solltet.
Im Gegensatz dazu stellt Porsche beim eBike Sport eher Werte wie Eleganz und Komfort in den Vordergrund. Dort verlaufen die Leitungen der Bremsen zum Beispiel im Lenker integriert, wodurch das Cockpit wunderbar aufgeräumt erscheint. Beim Schalten genießt ihr den Luxus der elektronisch gesteuerten Präzision der Di2 von Shimano. Auf der Kassette kommt ihr beim Zählen nur auf elf statt auf zwölf Ritzel. Für das Fahren über Stadt und Land bietet das dennoch ausreichend Spielraum. Optisch fallen zudem das große, in der Sattelstütze integrierte Rücklicht sowie der Frontscheinwerfer auf. Beide stammen aus dem Hause Supernova und sorgen dafür, dass ihr auch im Dunkeln alles im Blick behaltet und selbst sehr gut gesehen werdet. Zudem geht es mit den Speed King-Reifen von Continental jederzeit flüssig über den Asphalt dahin.
Was uns zur gänzlichen Tauglichkeit für den Alltag fehlt, sind Aufnahmen am Rahmen für Schutzbleche und Gepäckträger. Auf dem veröffentlichten Bildmaterial ist davon nichts zu sehen. Hier müsst ihr euch im Zweifelsfall mit Komponenten behelfen, die nicht fest am Rahmen montiert werden.
E-Antrieb aus Japan
Identisch für das Cross- und das Sport-Modell ist dagegen der elektrische Antrieb. Porsche und Rotwild haben sich gemeinsam für das neueste System von Shimano entschieden. Angesichts der positiven Reaktionen auf den 2020 vorgestellte Motor EP-8 eine absolut nachvollziehbare Entscheidung. Leider geht aus den derzeit verfügbaren Unterlagen von Porsche nicht hervor, welcher Akku verbaut sein wird. Zieht ihr die Verkaufspreise heran, spricht vieles für die Variante mit der Kapazität von 630 Wattstunden. Im Sinne einer möglichst großen Reichweite werden vermutlich nur wenige von euch dagegen etwas einwenden wollen.
Der Motor zählt zu den leichtesten seiner Klasse und der Rahmen ist komplett aus Carbonfasern gefertigt. Trotzdem landet ihr bei beiden Bikes am Ende bei einem Gewicht von etwas mehr als 21 Kilogramm. Eventuell haben manche von euch mit dem Namen Porsche andere Erwartungen verknüpft. Mit diesem Wert stechen die Fahrräder jedenfalls kaum aus der Masse hervor. Das gilt aus unserer Sicht für die komplette Ausstattung. Was verbaut ist, wird zuverlässig seinen Job tun und ist technisch auf dem aktuellen Stand. Es findet sich allerdings kein Bauteil, keine Idee, die für einen besonderen Wow-Effekt sorgt.
Unverwechselbar oder unscheinbar?
Ähnlich schneidet aus unserer Sicht das Erscheinungsbild von Cross und Sport ab. Das beginnt beispielsweise bei der Farbwahl. Den Taycan Cross Turismo wird es unter anderem in einem frischen, hellerem Metallic-Grün geben. Bei den E-Bikes läuft es auf Schwarz und Weiß hinaus. An welcher Stelle die Formgebung des Rahmens von der Linie des Taycan inspiriert sein soll, kann vermutlich auch nur Porsche selbst sagen. Zumindest wir erkennen davon nichts. In unseren Augen wirken die Bikes eher unauffällig. Die Gestaltung des Unterrohrs könnte sogar als ein wenig lieblos bezeichnet werden. Etwas ähnlich Kastenförmiges findet ihr an der Karosserie des Taycan jedenfalls nicht.
Wer weiß, vielleicht landet Porsche dafür ja bei euch einen Volltreffer. Dann könnt ihr schon einmal schauen, wie weit es von euch bis zum nächsten Porsche-Händler ist. Dort stehen die E-Bikes nämlich ab dem Frühling zum Verkauf. Ein genaueres Datum hat der Hersteller bisher nicht mitgeteilt. Alle drei verfügbaren Rahmengrößen S, M und L sind für ein maximales Gesamtgewicht von 120 Kilogramm zugelassen. Den passenden Fahrradträger bietet Porsche gleich mit an. Er wird auf der Anhängerkupplung montiert, verträgt 50 Kilogramm und ist serienmäßig auf zwei E-Bikes ausgelegt. Mithilfe einer zusätzlichen Schiene könnt ihr auch noch ein drittes Fahrrad aufladen. Das muss übrigens nicht zwingend ein Porsche sein. Genauso wenig wie das Auto, an dem ihr den Träger nutzen wollt ?
Bilder: Porsche AG
Die Autos auf Komfort, Masse und Leistung ausgerichtet, die eBikes auf Design und Leichtigkeit. Und auch das wird funktionieren, weil es genügend Lifestyle-hungrige Käufer gibt, denen ein Hersteller-Label wichtiger als Robustheit und Langlebigkeit sind.