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Das Pi-Pop-E-Bike: Kein Akku und gleichzeitig endlose Reichweite?

E-Bike Pi-Pop mit Superkondensator

Allgemein gelten Lithium-Ionen-Akkus derzeit als alternativloser Energiespeicher an E-Bikes. Dabei gibt es durchaus auch andere Ansätze. Das Pi-Pop verzichtet zum Beispiel komplett auf solche Akkus. Die Energie für dieses E-Bike liefern Superkondensatoren. Sie speichern die beim Bremsen, in Abfahrten und auf ebener Strecke entstehende Energie und geben sie ab, sobald es bergan geht. Damit scheint die Reichweite eines solchen E-Bikes theoretisch unbegrenzt. Warum das in der Praxis doch anders aussieht, schauen wir uns am Beispiel des Pi-Pop genauer an.

1. Was ist ein Superkondensator?
2. Wie funktionieren Superkondensatoren?
3. Vorteile von Superkondensatoren im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien
4. Vorteile von Batterien im Vergleich zu Superkondensatoren
5. Warum Superkondensatoren kaum angenommen werden
6. Pi-Pop im Kurz-Porträt
7. Welche Lösung ist besser – Superkondensator oder Akku?
8. Unser Fazit

1. Was ist ein Superkondensator?

Superkondensatoren absorbieren statische Elektrizität zur späteren Verwendung. Ähnlich wie Lithium-Ionen-Akkus zählen sie damit zu den Geräten für das Speichern von Energie. Sie nutzen ein isolierendes Material zwischen ihren Elektroden, um positive und negative Ladungen voneinander zu trennen, die sich auf beiden Seiten der Elektroden aufbauen.

E-Bike Pi-Pop

E-Bike Pi-Pop

2. Wie funktionieren Superkondensatoren?

Superkondensatoren liefern bei Leistungsspitzen schnell Energiemengen, speichern gleichzeitig schnell Energie und nehmen überschüssige Energie auf, die sonst verloren geht. Sie ergänzen einen Akku effizient, da sie sich schnell entladen und wieder aufladen.

Im Gegensatz zu Superkondensatoren eignen sich Akkus gut als kontinuierliche Quellen für geringe Leistungen. Bei der Bewältigung von Leistungsspitzen oder der Rückgewinnung von Energie geraten sie jedoch schnell an ihre Grenzen, da sie ihre Leistung nur langsam abgeben und wieder aufladen.

Darstellung des Zusammenspiels zwischen primärer Energiequelle und Superkondensatoren

Aktuell werden Superkondensatoren aufgrund ihrer Eigenschaften oft als Ergänzung einer primären Energiequelle verwandt.

3. Vorteile von Superkondensatoren im Vergleich zu Batterien

Zur besseren Veranschaulichung dieses Themas orientieren wir uns an einem Akku mit einer Kapazität von ungefähr 500 Wattstunden eines Herstellers wie Shimano, Bosch, Giant oder Yamaha.

Vorteile von Superkondensatoren:

  1. Superkondensatoren besitzen eine viel höhere Leistungsdichte, auch spezifische Leistung genannt. Das bedeutet, sie können bis zu 10.000 W pro Kilowatt liefern. Akkus hingegen kommen lediglich auf bis zu 3.000 W pro Kilowatt. Ein Effekt davon beim E-Bike-Fahren ist das schnelle Beschleunigen aus dem Stillstand heraus und an Steigungen.
  2. Verglichen mit Akkus verschleißen sie wesentlich langsamer und halten im Durchschnitt 20 Jahre. Dem gegenüber stehen ungefähr 1.000 komplette Ladezyklen eines Lithium-Ionen-Akkus.
  3. Pro Jahr verlieren Akkus etwa fünf Prozent ihrer maximalen Kapazität – selbst wenn ihr sie nicht benutzt. Superkondensatoren bewahren über die Jahre hinweg die gleiche Energiedichte.
  4. Superkondensatoren kommen besser mit extremen Temperaturen zurecht. Sie können von -40 Grad Celsius bis 65 Grad Celsius geladen und genutzt werden. Der Arbeitsbereich von Akkus liegt gewöhnlich zwischen -20 Grad Celsius und 60 Grad Celsius. Laden solltet ihr sie sogar nur bei Temperaturen zwischen 0 Grad Celsius und 45 Grad Celsius. Das kommt vermutlich vielen bekannt vor. Das Aufladen eines Akkus bei 7 Grad Celsius, zum Beispiel in einer unbeheizten Garage, kann bis zu ein Drittel mehr Zeit in Anspruch nehmen als bei 20 Grad Celsius.
  5. Allgemein gelten Superkondensatoren als weniger umweltbelastend. Bei der Gewinnung von Lithium für unseren 500-Wh-Akku werden etwa 35 Kilogramm Kohlendioxid ausgestoßen. Dazu kommen durchschnittlich weitere 15 Kilogramm bis 25 Kilogramm für die Herstellung, je nach dem Energieerzeugungsmix des Herstellerlandes. Die Summe dieser durchschnittlich 50 Kilogramm bis 60 Kilogramm entspricht dem Ausstoß eines Kleinwagens bei einer Fahrt von 400 Kilometer.
  6. Superkondensatoren lassen sich viel schneller aufladen als Akkus. Zudem braucht es dafür keinen Anschluss an das Stromnetz. Schließlich können sie während des Tretens elektrische Energie aus der Bremsenergierückgewinnung oder dem Dynamo absorbieren. Bis ein E-Bike-Akku komplett aufgeladen ist, vergehen mehre Stunden. Zudem werden dafür Stromkosten fällig.
  7. Praktischerweise können Superkondensatoren weder Feuer fangen noch explodieren. Da sie kein Gefahrgut darstellen, dürft ihr sie ohne Einschränkungen in Zügen, Flugzeugen und Bussen mitnehmen.
Superkondensator am Gepäckträger des E-Bike Pi-Pop

Superkondensator in den Gepäckträger integriert

4. Vorteile von Batterien im Vergleich zu Superkondensatoren

  1. Lithium-Ionen-Akkus haben eine viel höhere Energiedichte, auch spezifische Energie genannt. Das heißt, die mit ihnen lässt sich wesentlich mehr Energie speichern. Bei Akkus kann man mit 180 Wattstunden pro Kilogramm rechnen. Superkondensatoren kommen dagegen gerade einmal auf 20 Wattstunden pro Kilogramm. Unser Beispielakku speichert 500 Wattstunden bei einem Gewicht von 2,8 Kilogramm. Ein Superkondensator mit demselben Gewicht würde gerade einmal 56 Wattstunden speichern – also neunmal weniger.
  2. Batterien sind in der Lage, auch bei sehr geringer Leistung über einen sehr langen Zeitraum Strom zu liefern. Sobald eine Fahrtstrecke länger als drei Kilometer ist, machen Akkus wirklich einen Unterschied, da sie dem E-Bike-Motor bis zu 100 Kilometer lang konstant Strom liefern.
  3. Superkondensatoren beziehen Strom aus dem regenerativen Bremsen. Das ergibt geringe Mengen. Die Energiegewinnung aus dem Treten mit Dynamos erschwert das Fahrradfahren zusätzlich. Akkus zapfen konstant Strom aus dem Netz und schmälern das Fahrvergnügen in keinster Weise.
  4. Eine leerer oder gelagerter Akku verliert pro Jahr etwa fünf Prozent seiner maximalen Kapazität, während ein Superkondensator seine gesamte Kapazität in wenigen Minuten verliert.
  5. Akkus erfordern keinen Dynamo am E-Bike, während dies bei E-Bikes mit Superkondensatoren der Fall ist.
  6. Über den Akku könnt ihr neben dem E-Bike-System Lichtanlage, Klingel und unter Umständen auch mobile Geräte laden. Superkondensatoren entladen sich zu schnell, um das Gleiche zu ermöglichen.

 

Rubrik   Superkondensator   Lithium-Ionen-Akku  
Ladezeit 1 s bis 10 s 2 h bis 5 h
Lebenszyklus durchschnittlich 20 Jahre durchschnittlich 1.000 Ladezyklen
Energiedichte (Wh/kg) durchschnittlich 5 durchschnittlich 200
Spezifische Leistungsdichte (W/kg) maximal 10.000 1.000 bis 3.000
Ladetemperatur -40 °C bis 65 °C0 °C bis 40 °C 0 °C bis 40 °C
Betriebstemperatur -40 °C bis 65 °C0 °C bis 40 °C -5 °C bis 40 °C

 

5. Warum werden Superkondensatoren bei E-Bikes kaum eingesetzt?

Bremst ein E-Bike, entsteht dabei relativ wenig Energie, da sie zum Beispiel viel langsamer und leichter sind als Autos. Oft reicht einfach die gesammelte Menge nicht aus, um auf längeren Strecken eine Unterstützung zu liefern. Wir sind früher mit einem Matra Tidal Force gefahren. Auf einer 300 Meter langen Abfahrt wurde der 300-Wh-Akku durch regeneratives Bremsen um etwa fünf Prozent aufgeladen. Auf der Rückfahrt verbrauchte der Antrieb auf der gleichen Strecke etwa 20 Prozent der Kapazität, weil es bergan ging. Aufgrund des Profils waren die Superkondensatoren auf dieser Strecke herkömmlichen E-Bike-Akkus stets unterlegen.

Die andere Möglichkeit, Superkondensatoren zu laden, sind Dynamos, die ihr durch das Pedalieren antreibt. Das erfordert von euch natürlich mehr Kraftaufwand.

 

Grafik zum Vergleich des Energieverbrauchs bei E-Bike-Akkus und bei Superkondensatoren

Die Grafik verdeutlicht, wie die Kapazität eines E-Bike-Akkus sich sukzessive verringert, während sie bei Superkondensatoren schnell schwanken kann.

6. Pi-pop im Kurz-Porträt

Pi-Pop ist ein in Frankreich hergestelltes E-Bike. Den Akku ersetzt es durch Superkondensatoren, die durch Bremsen und Treten aufgeladen werden. Eigenen Angaben zufolge möchte der Hersteller seine Verkaufszahlen im nächsten Jahr von jährlich 1.200 Stück auf 12.000 Stück verzehnfachen. Mit 2.450 Euro ist das Pi-Pop etwas teurer als ein vergleichbares E-Bike mit einem herkömmlich Akku. Seine Komponenten bewegen sich eher auf dem Niveau eines entsprechenden E-Bikes, das zwischen 1.600 Euro und 2.000 Euro kostet. Bezogen auf ihr Gewicht nehmen sich beide nicht viel.

7. Welche Lösung ist besser – Superkondensator oder Akku?

Obwohl Pi-pop bei seinen E-Bikes allein auf Superkondensatoren setzt, wäre aus unser Sicht eine Kombination aus beiden ideal. Maxwell Technologies, weltweit führender Hersteller von Superkondensatoren, stellt auf seiner Website klar, dass Superkondensatoren eine Ergänzung für primäre Energiequellen sind – egal ob Akkus oder Verbrennungsmotoren. Andererseits ist das Pedalieren eine primäre Energiequelle, so dass Pi-Pop mit seinem Konzept durchaus erfolgreich sein könnte.

8. Unser Fazit

Besonders für kurze Fahrten in der Stadt könnte Pi-Pop ein sehr interessantes E-Bike werden, das vielleicht sogar Nachahmer mit ähnlichen Konzepten findet. Es bleibt abzuwarten, als wie leistungsfähig sich E-Bikes mit Superkondensatoren erweisen. Vor allem wenn es darum geht, Steigungen zu bewältigen oder ausreichend Unterstützung auch für längere Strecken zu bieten.

E-Bike Pi-Pop im Überblick

  • Rahmen: Aluminium
  • Rahmengröße: Einheitsgröße
  • Federgabel: Zoom 141D
  • Motor/Generator: Aikema Elektrische Antriebssysteme AKM100SX 250W, 45Nm
  • Energiespeichersystem: Superkondensatoren
  • Bedieneinheit: Pi-Pop
  • Antrieb: Shimano Tourney RD-TY300D
  • Bremsen: Tektro MD-M280
  • Gewicht: 21,7 kg
  • Maximal zulässiges Gesamtgewicht: 120 kg
  • Farbe: weiß
  • Preis: 2.450 Euro

 

Bilder: SAS Solutechnic Engineery Electronic; Maxwell Technologies

5 Gedanken zu „Das Pi-Pop-E-Bike: Kein Akku und gleichzeitig endlose Reichweite?“

  1. Ich wohne 8 km vom Elsass (Rhinau) entfernt, Frage: gibt es im Elsass eine Fahrradwekstatt, welche diese E-Bikes vertreibt.
    Bitte geben Sie mir eine Antwort darauf.

    1. Hallo,
      laut unserer Informationen verkauft Pi-Pop das E-Bike ausschließlich über seine Webseite. Eine Übersicht zu Händlern findet sich leider nicht. Daher wäre es sicher am besten, du wendest dich direkt an den Hersteller. Da dessen komplette Webseite auf Französisch ist, würde ich davon ausgehen, dass eine Anfrage auf Französisch bessere Aussichten auf eine Antwort hätte. Aber wenn du in der Region lebst, stellt das für dich vielleicht gar kein Problem dar.
      Sportliche Grüße, Matthias

  2. Nach einem Test kann ich sagen: das Pi-Pop ist ausgesprochen komfortabel und wendig und bleibt im Unterschied zum E-Bike der Logik des Fahrradfahrens treu – es bietet unkompliziertes Fahrvergnügen mit Unterstützung!

    1. Hallo Veronika,
      siehste, da hast du uns glatt etwas voraus. Vielen Dank für das kurze Feedback zu deinen Fahreindrücken.
      Sportliche Grüße, Matthias

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