Fahrräder mit Stahlrahmen werden heutzutage immer seltener. Das gilt insbesondere für E-Bikes. Wobei, die setzten von Anfang an nur sehr begrenzt auf diesen Werkstoff. Auch bei uns im Blog spielen sie eine untergeordnete Rolle. Dass sowohl wir als auch die Fahrradhersteller dem Stahl damit in gewisser Weise unrecht tun, beweist aktuell das neue Pathfinder XE vom Pashley.
1. Stahl nur die dritte Wahl?
2. Edle Rohre für das Pashley Pathfinder XE
3. Handwerkskunst und moderne Fertigungstechnik im Einklang
4. Eines der ersten E-Bikes mit Mahle X30
5. Pashley Pathfinder XE irgendwo zwischen E-Mountainbike und urbanem E-Bike
6. Elf Gänge + Motor = genügend Spielraum
7. Hintergrund: Wer ist Pashley Bicycles
1. Stahl nur die dritte Wahl?
Wenn von einem neuen E-Bike die Rede ist, stellt sich mit Blick auf das verwendete Rahmenmaterial inzwischen eigentlich nur noch die Frage: Aluminium oder Carbon? Die Gründe dafür liegen auf der Hand. Scheinbar. Mit Stahl steigt das Gesamtgewicht für das Fahrrad zu sehr an. Zudem lassen sich die E-Bike-Systeme deutlich schlechter in einem solchen Rahmen integrieren. Und ganz grundsätzlich passt dieses altbackene Konzept gar nicht zu einer fortschrittlichen Idee wie der elektrischen Unterstützung am Fahrrad.
Weit gefehlt. Der altehrwürdige Hersteller Pashley aus dem durch William Shakespeare zu Weltruhm gelangten Stratford-upon-Avon vereint auf gekonnte Weise einen Retro-Ansatz mit dem Hoffnungsträger für die individuelle urbane Mobilität der Zukunft. Dafür bringt er in mehrfacher Hinsicht Dinge zusammen, die auf den ersten Blick sich gegenseitig widersprechen oder ausschließen würden.
2. Edle Rohre für das Pashley Pathfinder XE
Das beginnt zuallererst bei der Entscheidung, ein E-Bike mit einem Stahlrahmen auf den Markt zu bringen. Im Falle von Pashley muss man die Kausalität wahrscheinlich eher umdrehen. Schließlich stehen Stahlrahmen sinnbildlich für diese Marke wie, keine Ahnung, vielleicht das große gelbe M für eine weltweit agierende Fastfood-Kette. Daher war der eigentliche überraschende Schritt für Externe wie uns, dass sich der Hersteller entschließt ein E-Bike zu bauen.
Herausgekommen ist dabei ein Rahmen, der widerspiegelt, dass Pashley traditionell auf Klasse statt Masse schwört. Der Hersteller greift zu einigen der prominentesten Rohrsätze, aus denen man für ein solches Vorhaben wählen kann. Am Rahmen des Pathfinder XE kombiniert er Rohre der Rohrsätze 725, 631 und 525 von Reynolds miteinander. Bei allen handelt es sich um konifizierte Rohre. Mit ihren jeweiligen Legierungen bringen sie unterschiedliche Härtegrade, Wandstärken, Gewichte und Verarbeitungseigenschaften ins Spiel. Pashley nutzt die individuellen Stärken der Rohre, um auf die unterschiedlichen Ansprüche der Rahmenrohre zu reagieren. Das bedeutet zum Beispiel mehr Stabilität für das Unterrohr, in dem Akku mit seinem Gewicht für zusätzliche Belastungen sorgt. Oder mehr Flex für das Sitzrohr, weil der Rahmen so beim Fahren entstehende Vibrationen kompensieren kann und sich der Fahrkomfort erhöht.
3. Handwerkskunst und moderne Fertigungstechnik im Einklang
Zusammengefügt werden die Rohre im Lötverfahren per Hand. Spezielle Muffen, die das Oberrohr mit den Sitzstreben verbinden, fertigt Pashley mithilfe des 3D-Drucks. Ein Verfahren, das manche von euch von den E-Bikes von Urwahn kennen könnten. Dort entsteht auf diese Weise allerdings der komplette Rahmen. Neben den Muffen kommen zwei weitere Teile des Pathfinder XE aus dem 3D-Drucker. Das erste ist eine Fassung, mit der das Display im Oberrohr eingelassen wird. Beim zweiten handelt es sich um die Ladebuchse am Rahmen, in der ihr das Ladegerät für den E-Bike-Akku anschließt. Am Ende steckt folglich jede Menge Handarbeit im E-Bike. Das begründet, weshalb ihr nach einer Bestellung mit Lieferfristen von drei Wochen bis vier Wochen rechnen müsst.
Ein zusätzlicher Pluspunkt für den Rahmen sind aus unserer Sicht die teilweise intern verlegten Kabel. Sie verlaufen fast über die gesamte Länge des Unterrohrs unsichtbar. Damit wirkt das E-Bike sehr aufgeräumt und kommt optisch Fahrrädern mit Aluminiumrahmen und Carbonrahmen deutlich näher. Auf Carbon greift Pashley sogar selbst zurück – und zwar als Material für die Gabel. Ein Resultat dieser Entscheidung ist das geringe Gewicht des Pathfinder XE. Das gibt der Hersteller mit unter 18 Kilogramm an. So viel zu den Vorurteilen, das E-Bikes mit Stahlrahmen zwangsläufig viel schwerer wären als ihre Pendants, die ausschließlich Aluminium und Carbon nutzen.
4. Eines der ersten E-Bikes mit Mahle X30
Zu diesem Gewicht trägt natürlich auch der verbaute E-Antrieb seinen Teil bei. Hier schlagen rund 1,9 Kilogramm für den Motor Mahle X30 sowie rund 1,6 Kilogramm für den Akku Mahle iX2 zu Buche. Mit einem Mahle X20 wäre das Gesamtgewicht noch einmal um rund 800 Gramm niedriger ausgefallen. Allerdings hätte das gleichzeitig den Preis erhöht. Vielleicht ist das Grund, weshalb Pashley sich für den Mahle X30 entschieden hat. Den Hinterradnabenmotor gibt Mahle mit einem Drehmoment von 45 Newtonmeter an. Gemeint ist dieser Wert jedoch als Äquivalent für Mittelmotoren. Tatsächlich generiert der Motor an der Nabe gemessene 18 Newtonmeter.
Aktivieren könnt ihr das E-Bike-System über die im Oberrohr integrierte Bedieneinheit Mahle iWoc. Sie ist das einzige Element, über das ihr während der Fahrt den Antrieb steuern könnt. Für das Wechseln der Fahrmodi genügt zum Beispiel ein einmaliges kurzes Drücken auf den Button mit der Aufschrift „Mahle“. Allerdings bedeutet dies, dass ihr auch jedes Mal eine Hand vom Lenker nehmen müsst, wollt ihr in einer anderen Unterstützungsstufe fahren. Mit einer Bedieneinheit wie der Mahle Duo oder den Mahle eShifters am Lenker wäre das etwas komfortabler gewesen.
Der verbaute Akku Mahle iX2 verfügt über eine Kapazität von 237 Wattstunden. In der Praxis sollte dies auf Reichweiten zwischen 50 Kilometer und 90 Kilometer hinauslaufen, auf denen ihr mit der elektrischen Unterstützung rechnen könnt. Alle, denen das zu wenig erscheint, können sich mit dem Range Extender Mahle eX1 zusätzliche 171 Wattstunden besorgen. Ausgehend von optimalen Bedingungen könnte dies eure Fahrt um bis zu 50 Kilometer verlängern.
5. Pashley Pathfinder XE irgendwo zwischen E-Mountainbike und urbanem E-Bike
Wie immer wird die tatsächliche Reichweite unter anderem davon abhängen, in welchem Terrain ihr mit dem Pashley Pathfinder XE unterwegs seid. Aufgrund des hybriden Konzeptes des Fahrrades kommen hier mehrere Varianten infrage. Einige von euch sehen in dem Modell vielleicht in erster Linie ein Hardtail-Mountainbike. Ab Werk liefert der Hersteller es mit 2,1 Zoll breiten Schwalbe Smart Sam. Damit ist die Reifenfreiheit des Rahmens noch längst nicht ausgereizt. Noch breiter? Oder lieber noch mehr Stollen? Beides scheint möglich.
Anderen fällt vielleicht eher der Frontgepäckträger auf und sie sehen sich schon mit dem Pathfinder XE durch die Stadt radeln. Wer das auf Dauer machen möchte, der würde aber früher oder später wohl Schutzbleche und Beleuchtung nachträglich hinzufügen. Oder vielleicht einen zweiten Gepäckträger. Denn der Frontgepäckträger ist zwar groß genug dimensioniert, sodass ihr mithilfe von Spanngurten und Ähnlichem auch größere Gegenstände darauf transportieren könnt. Allerdings gibt Pashley ihn lediglich für eine Zuladung von sechs Kilogramm frei. Und die habt ihr mitunter schnell erreicht. Weiterhelfen könnte an der Stelle der optionale hintere Gepäckträger. Dieser lässt sich mit weiteren 16 Kilogramm beladen. Damit erhöht sich die Alltagstauglichkeit des Modells dann doch merklich.
6. Elf Gänge + Motor = genügend Spielraum
Am Antrieb wird jedenfalls keines der beiden Szenarien scheitern. Die verbaute Kettenschaltung von Shimano mit einem Kettenblatt und elf Ritzeln eröffnet euch zusammen mit dem E-Antrieb ausreichend Möglichkeiten für die Suche nach einer angenehmen Übersetzung für unterschiedlichstes Terrain. Ähnlich solide schätzen wir die dazugehörigen hydraulischen Scheibenbremsen ein. Deren Bremsscheiben messen jedoch nur 160 Millimeter im Durchmesser, was eher als typisches Maß für E-Gravelbikes und Trekking-E-Bikes gilt. Daher solltet ihr euch mit dem Pathfinder XE vielleicht doch keine allzu steilen Abfahrten hinunterstürzen.
Über die Webseite von Pashley könnt ihr das Pathfinder XE für einen Preis von aktuell rund 4.400 Euro in den Rahmengrößen Small, Medium und Large ab sofort bestellen. Ein echtes Schnäppchen macht ihr mit dem E-Bike also nicht unbedingt. Dafür bekommt ihr ein handgefertigtes Modell mit einem absolut hochwertigen Stahlrahmen von einem der traditionsreichsten Hersteller Großbritanniens, das nicht von der Stange kommt. Das dürfte für manche die Summe durchaus aufwiegen.
7. Hintergrund: Wer ist Pashley Bicycles
Wer den Namen bisher noch nie gehört hat, braucht sich keinesfalls schämen. Auch wir mussten erst einmal nachschauen, was es mit dieser Marke auf sich hat. Wie sich herausstellte, zählt Pashley neben Pearsons und Raleigh zu den ältesten britischen Fahrradherstellern überhaupt. Gegründet wurde das Unternehmen 1926 von einem gewissen William Rathbone ‚Rath‘ Pashley. Das geschah noch unter dem Namen „Pashley and Barber“ in Birmingham. Von Beginn an verschrieb sich Pashley der Produktion hochwertiger, handgefertigter Fahrräder. Außerdem spezialisierte man sich auf Dreiräder und gewerbliche Lasten- und Transportfahrräder. Unter Dick Pashley, dem Sohn des Gründers, zog die Firma in den 1960er Jahren nach Stratford-upon-Avon, wo sie euch heute noch beheimatet ist. Zu ihren größten Erfolgen gehörte die in den 1970er Jahren beginnende Fertigung von Postfahrrädern für die britische Royal Mail.
Pashley Pathfinder XE im Überblick
- Rahmen: Stahl
- Gabel: Carbon
- Motor: Mahle X30
- Akku: Mahle Internal 250 Wh
- Bedieneinheit: Mahle iWoc
- Antrieb: Shimano Cues U6000
- Bremsen: Shimano MT201
- Gewicht: ca. 18 kg
- Maximal zulässiges Gewicht der Fahrenden: 120 kg
- Farbe: Amethyst
- Preis: 4408,95 Euro