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Clip: Von null auf Strom in einem Klick

Umrüstkit Clip für E-Bikes

Bisweilen entsteht der Eindruck, im Bereich der E-Bikes seien frische Ideen rar. Dann kommt jemand wie Clip Bike um die Ecke. Schon auf den ersten Blick wird klar: Hier hat ein Unternehmen eine Richtung eingeschlagen, auf der sonst kaum jemand unterwegs ist. Also, mal sehen, wohin uns das führt.

Einfach „Clip“ heißt nennt der Hersteller sein System, mit dem ihr innerhalb von Sekunden ein gewöhnliches Fahrrad in ein E-Bike verwandeln könnt. Es handelt sich demzufolge um ein Nachrüstset, basiert aber auf einem komplett anderen Ansatz als bereits etablierte Lösungen wie die von Pendix, Swytch, Add-e, Bafang oder E-Bike Solutions. Bei Clip gilt: Nomen est omen. Der Antrieb wird an die beiden Rohre der Gabel geklickt. Zwei zueinander parallele sich leicht verjüngende Seitenflügel verlaufen von dort aus schräg nach vorn. Sie treffen sich in der Achse eines Rades. Dieses Rad fungiert als Antriebsrolle und setzt oben auf dem Reifen des Vorderrades auf. Von der Seite betrachtet, sieht das ein wenig so aus, als würde ein sehr massiver Stundenzeiger ungefähr auf die Zehn im Zifferblatt einer Uhr zeigen. Oder auf die Zwei – je nachdem, von welcher Seite ihr schaut.

Reibung ist nicht immer Käse

Innerhalb der Rolle befindet sich ein Friktionsmotor, gern auch Reibungsmotor oder Schwungradmotor genannt. Der lässt die Rolle des Clip entgegen des Uhrzeigersinns drehen. Da sie auf dem Reifen des Vorderrades aufliegt, dreht sich dieses im Uhrzeigersinn – und zwar stärker, als es durch euer bloßes Pedalieren rotieren würde. Grund dafür sind die 450 Watt des Motors. Dessen Kraft wird per Reibung nämlich auf das Laufrad übertragen. Ihr werdet wie von Zauberhand vorangetrieben – ohne zusätzliche Ritzel oder Zahnräder. Das gabs noch nie! Doch, gabs schon. Wie bei so vielen Dingen ist hier eine alte Idee lediglich ins Jetzt übertragen worden. In den frühen 1900er Jahren war ein Friktionsmotor die Basis für einige Aggregate des US-amerikanischen Motorenherstellers Lambert. Später griff VeloSolex die Idee der Kraftübertragung per Reibung an seinem Motor für Fahrräder auf und ließ zu Werbezwecken in den 1970er Jahren sogar Brigitte Bardot auf einem solchen Gefährt posieren.

System mit Einschränkungen

Manche von euch werden vielleicht schon ein wenig stutzig geworden sein. Eine Rolle läuft mit einer gewissen Reibung die ganze Zeit auf dem Vorderreifen entlang. Wie lange kann das gutgehen, zum Beispiel mit Blick auf den Verschleiß? Nun, Clip Bike selbst behauptet ziemlich lange. Wäre ja auch komisch, wenn nicht. Der Hersteller führt an, dass ein Reifenverschleiß immer voraussetze, dass es Schlupf im Kontakt zwischen der Antriebsrolle und dem Reifen gäbe. Hier sei jedoch der selbst entwickelte Algorithmus so clever, dass er stets das optimale Drehmoment bei der richtigen Drehzahl an den Reifen liefere. Auf diese Weise werde Schlupf effektiv unterbunden. Aus der Ferne lässt sich leider nicht prüfen, ob das in der Praxis ebenso gut funktioniert, wie es in der Theorie klingt.

Draufsicht auf ein am Fahrrad montiertes Umrüstset Clip für E-Bikes

Bei einem zweiten Aspekt räumt Clip Bike dagegen ein, dass der Antrieb in seiner jetzigen Entwicklungsstufe noch nicht ausgereift sei. Dies gilt für Bedingungen, die einer guten Reibung zwischen der motorbetriebenen Antriebsrolle und dem Fahrradreifen entgegenwirken. Gemeint sind solch alltägliche Dinge wie Regen und Schneefall. Derzeit funktioniere das System am besten auf trockener bis halbtrockener Straße. Tatsächlich rät Clip Bike konkret davon ab, bei Regen damit zu fahren. Allerdings werde die nächste Generation in der Hinsicht Abhilfe schaffen.

Zuzutrauen ist das den Firmengründern allemal. Schließlich weisen die Lebensläufe der beiden Mitdreißiger einige beeindruckende Stationen auf. Geschäftsführer Somnath Ray hat beispielsweise am Massachusetts Institute of Technology (MIT) bei der Entwicklung des CityCar mitgewirkt. Teil eines solch anspruchsvollen Projekts an einer der weltweit führenden technischen Hochschulen zu sein, kommt garantiert nicht von ungefähr. Zudem wurde er als einer der Top-Innovatoren unter 35 Jahren in Indien ausgezeichnet. Clement de Alcala, COO bei Clip Bike, steht dem in kaum etwas nach. Er hat bereits am Französischen Raumfahrtinstitut und für den Energiekonzern Devergy gearbeitet.

Auf „Klick“ geht’s los

Und schon in der jetzigen Fassung ist klar erkennbar, worin die Vorteile des Clip liegen. Dank des Nachrüstsets lässt sich ein gewöhnliches Fahrrad im Handumdrehen in ein E-Bike verwandeln. Nicht jedes, aber doch eine ganze Menge. Wir reden hier über Fahrräder, deren Laufräder eine Größe von 26 bis 28 Zoll haben und mit einer Starrgabel ausgestattet sind. Es erfolgt kein technischer Umbau. Ihr braucht nicht einmal ein Werkzeug in die Hand nehmen. Einfacher ist ein solcher Wechsel kaum denkbar. Wer immer befürchtet, dass sein Bike gestohlen wird, weil es ein E-Bike ist, kann den Antrieb einfach abnehmen, im Rucksack bei sich tragen oder genauso problemlos ins Büro oder in mit in die Wohnung nehmen. Da Motor und Akku in einer Einheit stecken, habt ihr außerdem jederzeit die Option, euer Fahrrad auch als ganz gewöhnliches Bike zu nutzen. Oder ihr könnt mehrere eurer eigenen Fahrräder mit elektrischer Unterstützung fahren. Einfach von einem Fahrrad abklicken, an ein anderes an – und so los geht’s. Mit drei Kilogramm ist Clip deutlich leichter, als die meisten derzeit auf dem Markt angebotenen festverbauten E-Antriebe. Gleichzeitig kostet es mit einem Preis von aktuell rund 400 US-Dollar nur einen Bruchteil davon.

Mit dem Umrüstkit Clip herkömmliche Fahrräder in E-Bikes verwandeln

Wenn das schicke Singlespeed an seine Grenzen gerät, bietet Clip ganz unkompliziert mehr Flexibilität.

Mehr als pendeln ist kaum drin

Natürlich hat die ganze Sache auch einen Haken. Oder zwei. Während der Motor mit 450 Watt jede Menge Power mitbringt, hinkt die Akkuleistung dem deutlich hinterher. Platz und Gewicht des Systems setzen dem, was machbar ist, anscheinend recht enge Grenzen. Ihr könnt mit 16 Kilometern Reichweite rechnen. Im besten Falle sind es laut Hersteller wohl 24 Kilometer. Hinzu kommt die Einschränkung, was die Witterung anbelangt. Zudem bleibt die Frage des Rollwiderstandes und der Abnutzung des Reifens, bis auf weiteres, offen. Da fehlen noch die Erfahrungen von Kunden über längere Zeiträume. Nicht vergessen solltet ihr das veränderte Fahrgefühl, das sich zwangsläufig mit dem Clip ergeben wird. Immerhin liegen plötzlich drei Kilogramm an Zusatzgewicht relativ weit oben am Vorderrad an. Das wird spürbar sein. Für den Antrieb gibt es außerdem kein Display. Das wiegt vermutlich aber nicht für jeden gleich schwer. Im Vergleich mit anderen Systemen zum Nachrüsten ist das unter dem Strich trotzdem vorzeigbar. So bietet das einfachste Kit von Pendix, Pendix eDrive150start, eine vergleichbare Reichweite, wiegt ungefähr das Doppelte und schlägt mit rund 1.000 Euro zu Buche.

Ab diesem Sommer ist Clip voraussichtlich erhältlich, jedoch nur den USA. Ein Export nach Europa würde einige technische Veränderungen voraussetzen, zum Beispiel mit Blick auf die Leistungsstärke des Motors. Dennoch ist erkennbar, dass der Hersteller über diesen Schritt nachdenkt.

Mit „grünen“ Argumenten überzeugen

Zuerst wollen die Erfinder jedoch auf dem US-amerikanischen Markt für Furore sorgen. Dafür haben sie das New York State Pollution Prevention Institute (NYSP2I) eine Berechnung durchführen lassen. Clip Bike wollte wissen, wie viele Treibhausgasemissionen eingespart werden können, wenn die Pendler von New York auf seine Technologie umsteigen. Als Vergleich zog das Institut verschiedene Autotypen, den öffentlichen Nahverkehr und Fußgänger heran. Es ermittelte, dass jemand, der Clip nutzt, pro Kilometer etwa 5,59 Wattstunden verbraucht und dabei 1,52 Gramm an CO2-Äquivalenten (Co2e) ausstößt. Werden alle Verkehrsmittel und die Pendler betrachtet, die potenziell auf Clip umsteigen könnten, besteht das Potenzial, die jährlichen Treibhausgasemissionen im Zusammenhang mit Pendlern in New York um etwa 12.900 Megatonnen an Co2e zu reduzieren. Blickt man lediglich auf die Autofahrer, die möglicherweise auf Clip umsteigen, könnte der jährliche Verbrauch an fossilen Brennstoffen um etwa 1,5 Millionen Gallonen sinken. Das entspricht fast 5,7 Millionen Litern.

Umrüstset Clip für E-Bikes mit großem Potenzial bei der Einsparung von Treibhausgasemissionen in Pendlerverkehr

Allerdings beruhen die Berechnungen auf der Annahme, dass NutzerInnen des Clip etwa 50 Prozent der Zeit in die Pedale treten. Der Rest der Zeit ist vermutlich für Rollen oder Stehen mit dem Bike reserviert.

Technische Eigenschaften des Clip

  • Farbe: schwarzer Rahmen mit Seitenteilen aus gebürstetem Aluminium
  • Gewicht: 3 kg
  • Geschwindigkeit: 24 km/h (15 mph)
  • Motorleistung: 450 W
  • Konnektivität: Bluetooth
  • Akku: 36 V, 144 Wh
  • Reichweite: 16 bis 24 km
  • Ladezeit: 100 % aufgeladen innerhalb von 40 Minuten
  • Ladegerät: 36 V / 5 A
  • Garantie: 1 Jahr
  • Kompatibilität: Fahrräder mit Starrgabel mit Laufrädern von 26 bis 28 Zoll Größe
  • Preis: $ 399

 

Bilder: CLIP.BIKE Inc

2 Gedanken zu „Clip: Von null auf Strom in einem Klick“

    1. Hallo,
      am besten schaust du dafür mal auf der Webseite des Herstellers vorbei. Findest du im Internet ziemlich schnell, wenn du nach Clip Bike suchst.
      Sportliche Grüße, Matthias

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