Mit der allgemeinen wachsenden Beliebtheit von E-Bikes gibt es immer mehr Hersteller, die auch dem Nachwuchs beim Fahrradfahren eine elektrische Unterstützung zur Seite stellen. Beispielhaft seien hier Woom, KTM und Mondraker genannt. Mit dem Fathom E+ Jr. führt Giant ebenfalls bereits ein E-Bike für Kinder in seinem Programm. Nun kommen zwei neue Modelle hinzu. Wobei, eigentlich sind es sogar vier.
Die gewisse Unsicherheit bezüglich der Anzahl hängt damit zusammen, dass neben Giant auch Liv erstmals zwei E-Bikes für Mädchen und Jungen ins Rennen schickt. Alle ließen sich zusammenaddieren, weil Giant und Liv zwei Marken desselben Konzerns sind. Entscheidender ist jedoch sich, dass ihre Modelle technisch identisch ausgestattet sind. Einzig die auf dem Rahmen zu lesenden Marken- und Modellnamen sowie die Farbgestaltung weichen voneinander ab. Daher liegt es auf der Hand, über das Giant Talon E+ 24, das Liv Tempt E+ jr. 24, das Giant Talon E+ 26 sowie das Liv Tempt E+ jr. 26 gemeinsam zu sprechen.
Auf Maß gefertigt
Bei allen vier Fahrrädern handelt es sich um Hardtails, die mit der Federgabel über ein gefedertes Element verfügen. Als Basis dient ein aus dem Giant-hauseigenen Aluxx-Aluminium gefertigter Rahmen. Zusätzliche Dämpfung bringt dieses Material bekanntlich nicht ins Spiel. Es sorgt aber dafür, dass das Gewicht des Rahmens und damit des gesamten Fahrrades verhältnismäßig niedrig bleibt. Trotz des Motors ist das auch bei Kindern im Alter von acht bis 13 Jahren noch ein entscheidender Faktor. Genau für diese Spanne sind die E-Mountainbikes gedacht. In der Regel weisen Kinder in dem Alter eine Muskelmasse auf, die im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht eher gering ist. Folglich bedeutet jedes Kilogramm, das sie bewegen müssen, eine ungleich höhere körperliche Anstrengung als für uns Erwachsene.
Erwartungsgemäß sind weitere Komponenten gezielt auf den Nachwuchs ausgelegt. An den Laufrädern fällt das am ehesten ins Auge. Beide Hersteller bringen je ein Modell mit 24 Zoll großen und 26 Zoll großen Rädern heraus. Auf denen sollten Kinder mit einer Körpergröße von 130 Zentimetern bis 155 Zentimetern gut zurechtkommen. Zur kleineren Größe gibt es mit 152 Millimetern passende kürzere Kurbeln sowie den mit 620 Millimetern schmaleren Lenker. Bei den 26er-Modellen messen die Kurbeln eine Länge von 160 Millimeter und der Lenker eine Breite von 640 Millimeter.
Weniger Power für mehr Sicherheit
Ähnlich bedacht agieren Giant und Liv hinsichtlich der Frage, welches Maß an Vortrieb der E-Antrieb für Fahrende in dem Alter bieten sollte. Beide dessen Leistungsvermögen limitiert und sich den Richtwerten andere Hersteller angeschlossen. So unterstützt der in der Hinterradnabe eingebaute Motor nur bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 20 km/h. Alles, was darüber hinausgeht, erfordert den vollen Einsatz der Kinder. Gleichzeitig verleiht das Drehmoment von 30 Newtonmetern des SyncDrive Move den Bikes aber die nötige Spritzigkeit, mit der das Mountainbiken auch für die Jüngsten zum echten Vergnügen wird.
Der Motor dürfte für einige von euch noch relativ unbekannt sein. Die ebenfalls zum Giant-Konzern gehörende Marke Momentum hat ihn erstmals in diesem Frühjahr in zwei sportlichen urbanen E-Bikes präsentiert. Er entstand in Zusammenarbeit mit Panasonic und wiegt lediglich knapp zwei Kilogramm. Auf der Grundlage der Daten mehrerer intelligenter Sensoren reguliert der SyncDrive Move seine Unterstützung automatisch. Die sogenannte SmartAssist-Technologie ermittelt unter anderem, wie viel Kraft die Fahrenden auf das Pedal bringen. In der an den Bikes von Giant und Liv installierten Variante bietet der Motor die drei Unterstützungsstufen Eco, Active und Power. Hinter dem Power-Modus verbirgt sich ein 10-sekündiger Extra-Boost. Nach dessen Ende wechselt der Antrieb wieder automatisch zurück in Active-Modus.
Eher praktisch als schön
Ein wenig schade finden wir, dass sowohl Giant als auch Liv bei der Integration des Antriebs nicht den Weg eingeschlagen haben, den Momentum gegangen ist. Dort wurde mit dem EnergyPak Micro auf einen im Unterrohr fest integrierten Akku mit 250 Wattstunden gesetzt. Talon E+ 24/26 und Tempt E+ jr. 24/26 weisen dieselbe Kapazität auf. Allerdings stammt die vom auf dem Unterrohr aufgesetzten EnergyPak 250. An anderen E-Bikes von Giant und Liv fungiert dieser als Range Extender. Hier wirkt optisch als Fremdkörper und will sich nicht so recht in das ansonsten sehr ansprechende Design der Kinder-E-Bikes fügen. Eventuell bot das Unterrohr dieser Rahmen nicht genügend Platz für eine Aufnahme des Akkus im Inneren. Immerhin versprechen die Hersteller eine durchschnittliche Reichweite von 40 Kilometer bis 90 Kilometer. Mit dem dazugehörigen EnergyPak Smart 4A Charger soll er innerhalb von 3,5 Stunden vollständig aufgeladen sein. Und Platz für einen Flaschenhalter am Sattelrohr bleibt außerdem.
Die Berge können kommen
Die übrigen Antriebskomponenten eignen sich grundsätzlich gut für gemeinsame Offroad-Abenteuer mit der gesamten Familie oder Freunden. Die erwähnte Federgabel passt gut in Geländeabschnitte, die technisch noch nicht alles von den Kindern abfordern. Unebenheiten, kleinere Stöße und Sprünge stellen für die 80 Millimeter an Federweg machbare Prüfungen dar. Schnelles und sicheres Abbremsen sollte dank der hydraulischen Scheibenbremsen ebenso wenig ein Problem sein. Anstatt der 160 Millimeter großen Bremsscheiben wäre auch die nächste Größe mit 180 Millimetern gut vorstellbar gewesen.
Nicht genau abschätzen können wir dagegen, wie happy jedes Kind mit der Kettenschaltung sein wird. Funktionieren sollte die mit den Komponenten von Shimano einwandfrei. Allerdings umfasst die Kassette mit ihren neun Ritzeln nur einen Bereich von elf bis 36 Zähnen. Da das Kettenblatt an den Modellen mit der 26 Zoll großen Laufrädern des 1fach-Antriebs 36 Zähne zählt, beträgt die kleinste Übersetzung gerade einmal 1:1. Solange der Akku geladen ist, dürfte das genügen. Verabschiedet sich jedoch der E-Antrieb unterwegs, kann es an ernsthafteren Steigungen für die Kinder damit schnell ziemlich anstrengend werden. Zumal sich dann auch das Gewicht des E-Bikes im Vergleich zu einem herkömmlichen Fahrrad bemerkbar macht. Ob hier plötzliche schlechte Laune droht, hängt vermutlich von der verbleibenden Strecke und der Fitness der Mädchen und Jungen ab. Bei den Varianten mit 24er-Laufrädern liegt die kleinste Übersetzung mit rund 0,94 etwas niedriger.
Bald schon in den Läden
Unter dem Strich scheinen Giant und Liv bei den insgesamt vier Neuheiten einiges richtig gemacht zu haben. Vor allem der Wechsel zum neuen SyncDrive Move scheint vielversprechend. Ihr könnt euch ab Juli 2022 selbst ein Bild von den E-Bikes machen. Dann sind für 2.199 Euro erhältlich. Leider bei jedem Hersteller in jeder Größe nur in einer Farbe.
Giant Talon E+ 24/26 und Liv Tempt E+ jr. 24/26 im Überblick
- Varianten: Giant Talon E+ 26, Giant Talon E+ 24, Liv Tempt E+ jr. 26, Liv Tempt E+ jr. 24
- Rahmen: Aluxx-Aluminium
- Federgabel: SR Suntour XMC HLO 26ʺ, SR Suntour XCT 24ʺ
- Motor: SyncDrive Move
- Akku: EnergyPak 250
- Bedieneinheit: RideControl Dash
- Antrieb: Shimano Alivio
- Bremsen: Tektro HD-M282, 160 mm
- Gewicht: 18,3 kg (Giant Talon E+ 24, Liv Tempt E+ jr. 24), 19,1 kg (Giant Talon E+ 26, Liv Tempt E+ jr. 26)
- Farbe: Terracotta, Deep Lake, Milky Way, Ocean Wave
- Preis: 2.199 Euro
Bilder: Giant Bicycle, Inc.