Gravel zählt zu den noch relativ jungen Strömungen im Radsport. Eine der ersten größeren, wirklich namhaften Marken, die der Bewegung mehr Aufmerksamkeit verschaffte, war GT. Schon 2015 zeigte der Hersteller mit dem Gravelbike Grade, wohin die Reise in den kommenden Jahren gehen sollte. Längst hat die Konkurrenz nachgezogen, auch im Bereich der E-Bikes. Gefühlt etwas verspätetet reagiert nun wiederum GT und stellt seine Premiere unter den E-Gravelbikes vor.
Wie gut das Timing von GT wirklich war, wird die Zukunft zeigen. Der Ausgangspunkt könnte jedenfalls besser kaum sein. Das innerhalb der Power Series, GTs Bezeichnung für seine Bikes mit elektrischer Unterstützung, angesiedelte Grade basiert zu großen Teilen auf dem gleichnamigen Pendant der Fahrräder ohne E-Antrieb. Und das hat bereits diverse renommierte Auszeichnungen eingeheimst. Erst kürzlich kürte das bedeutende britische Online-Fahrradmagazin Bike Radar das Grade zum Bike des Jahres 2020 unter den Gravelbikes – wenn auch in einer Version mit Carbonrahmen.
Markenzeichen wird weitergereicht
Bei den Modellen des Power Series Grade ist der Rahmen aus Aluminium gefertigt. Übernommen hat GT allerdings ein entscheidendes Detail. Gemeint ist das GT Triple Triangle. Ein Blick auf das Rad und ihr wisst, worum es geht. Lange, tief heruntergezogene Sitzstreben verlaufen vom Oberrohr ausgehend am Sitzrohr vorbei in Richtung Hinterradachse. Von der Seite betrachtet, ergibt sich ein Dreieck, das seit den 1980ern DAS Erkennungsmerkmal der Marke ist. Von den Mountainbikes über die Rennräder bis jetzt hin zu den Gravelbikes hat GT an diesem charakteristischen Design festgehalten.
An der Grade-Modellreihe wird erneut deutlich, was für diese Entscheidung spricht. Die beinahe freischwebenden Sitzstreben geben unter Belastung minimal nach. Selbiges gilt für das Sitzrohr. Sie kompensieren minimale Erschütterungen und fungieren somit als Federelement. Einzigartig an dieser Lösung ist, dass kein zusätzliches Bauteil für diesen Effekt am Rahmen integriert werden muss. Aus Sicht der Wartung und des Gewichts ein enormer Vorteil. Alles beruht auf dem eigenwilligen Konstruktionsansatz. Andere Hersteller schlagen ähnliche Wege ein. Nur kommt dort eben ein Extra-Bauteil zum Einsatz, wie etwa die Kingpin-Federung bei Cannondale.
Zudem verfügt der Rahmen über relativ lange Kettenstreben von über 45 Millimetern. Gepaart mit einem für Gravelbikes eher größer angelegten Radstand sorgt das in der Summe für ordentlich Stabilität und Laufruhe.
Gravel mit einer sportlichen Dosis an Eigenleistung
Passend für diesen Typ von E-Bike finden sich am Rahmen etliche Aufnahmen für Flaschenhalter, Taschen und weiteres Zubehör. Selbst die Carbon-Gabel macht diesbezüglich mit Aufnahmen für Schutzbleche und Gepäckträger keine Ausnahme. Typisch für Gravel ist der Rennlenker am Grade Amp und am Grade Bolt merklich ausgestellt. Das Flare beträgt 16 Grad. Auch die Reifen mit einer Breite von 40 beziehungsweise 42 Millimeter fügen sich stimmig ins Bild ein. Allerdings bedeuten die 42 Millimeter bereits das Maximum dessen, was an Volumen hier möglich ist. Gebremst wird mit hydraulischen Scheibenbremsen, deren Bremsscheiben 160 Millimeter messen. Bei der Schaltung setzt GT durchgängig auf Komponenten von Shimano. Nichts Überraschendes, aber alles absolut bewährt.
In punkto E-Antrieb verfolgt GT einen sportiven Ansatz, der euch die Chance gibt, euch gehörig auszupowern. Der ebikemotion X35+ von Mahle zählt mit seinen 40 Newtonmetern an Drehmoment und einer Reichweite von rund 75 Kilometern zu den kleineren Systemen. Allerdings wiegen Motor, Akku und Bedieneinheit zusammen auch nur etwa 3,5 Kilogramm. Unter dem Strich gibt es also weniger Gewicht, das ihr bewegen müsst.
Wahl des Motors bringt gewisses Handicap
Bekanntermaßen ist der Motor des X35+ in der Hinterradnabe verbaut. Vor allem für ein Bike, mit dem man sportlicher im Gelände unterwegs sein möchte, stellt dies stets einen gewissen Nachteil dar. Der Schwerpunkt befindet sich nicht mittig und möglichst tief nahe dem Tretlager, sondern verlagert sich eher in Richtung Hinterrad. Spüren werdet ihr das zum Beispiel an Steigungen und bei Sprüngen. Handling und Traktion des Bikes fühlen sich einfach etwas weniger gut ausbalanciert an.
Ausgesprochen positiv fallen uns dagegen die angenehm zurückhaltenden Lackierungen auf. Die Rahmen sind in einer Farbe gehalten – einem Bronzeton, einem Hellblau oder in Anthrazit. Dazu ist lediglich das GT-Logo am Sattel- und Steuerrohr andersfarbig abgesetzt. Die Gabel kommt stets schwarz lackiert daher.
Das „echte“ Gravelbike am Reifen erkennen
Anhand der Farben könnt ihr die verschiedenen Modelle der Grade Power Series gut auseinanderhalten. Unterschiede zwischen Amp, Bolt und Current zeigen sich zum Beispiel in der Reifenwahl. Als Topmodell hat das GT Grade Amp die graveltauglichsten Pneus verpasst bekommen. Die quadratischen Noppen liegen auf dem Resolute TCS von WTB recht weit auseinander. Schmutz werdet ihr also unproblematisch wieder los und der ursprüngliche Grip kehrt zurück. Eine leichte Nyloneinlage fungiert als Pannenschutz. Im Prinzip ist dieser Reifen ein guter Allrounder, der mit fast jedem Wetter und Untergrund zurechtkommt.
Bei GT Grade Bolt und GT Grade Current sind WTB Nano Comp beziehungsweise WTB Nano aufgezogen. Deren Profil weist in der Mitte eine fast ununterbrochene Linie auf, was den Rollwiderstand auf hartem Untergrund senkt. Nach außen versetzte Noppen liefern vor allem in der Schräglage, sprich in Kurven, entsprechend guten Halt.
Daneben variieren von Modell zu Modell in Abstufungen Bauteile wie Schalthebel, Schaltwerk und Bremsen. Besonderheit des GT Grade Bolt ist zum Beispiel der Wechsel der Kurbelgarnitur. Diese Variante verfügt über zwei Kettenblätter, während Amp und Current jeweils mit einem 1fach-Antrieb auskommen.
Eher der urbane Typ
Am deutlichsten weicht das GT Grade Current von seinen beiden Schwestermodellen ab. Eher auf den urbanen Großstadtdschungel denn auf den Ritt über Berg und Tal ausgelegt, formiert sich sein Cockpit rund um einen flachen Lenker. Wer ein Gravelbike zwingend mit einem Rennlenker verbindet, wird diesem Rad definitiv einen anderen Namen geben wollen. Auf den Bremsen steht hier „nur noch“ Tektro statt Shimano. Konsequenterweise hätte sich das Current dann eigentlich auch einen alternativen Satz Reifen verdient. Allerdings ist GT bei den Nano von WTB geblieben. Mit dem All Terrain und dem Cruz hätte WTB an sich auch etwas passendes für die Stadt in der Schublade gehabt.
Dafür können sich die Preise sehen lassen. Beim Einstieg werden für das GT Grade Current 2.399 Euro fällig. Danach geht es in Schritten von jeweils 400 Euro hinauf zum GT Grade Bolt mit 2.799 Euro sowie dem GT Grade AMP für 3.199 Euro. Damit liegt das Topmodell ungefähr gleichauf mit dem Cannondale Topstone Neo SL. Größentechnisch biete euch das Grade jeweils die Wahl zwischen S, M, L und XL.
Bilder: GT Bicycles
Perfekt, es müssen nicht immer die großen auffällig teure E-Bikes sein. Und auch nicht die mit am meisten Power und der längsten Reichweite. Man darf auch noch ruhig bisschen ins schwitzen kommen. Und es fällt nicht auf das es ein E-Bike ist auf den ersten Blick für nicht Kenner