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Welche Rahmengröße darf es sein?

E-Bike Arevo Superstrata

Maßgefertigte Rahmen gelten für etliche Fahrradfahrende als die Krönung beim Radfahren. Meisterhafte Handwerkskunst und ein Höchstmaß an Präzision fließen in einem Unikat zusammen, dessen wortwörtliche Einzigartigkeit gibt dem Streben nach Perfektion eine Form – genau wie dem nach größtmöglicher Individualität. Bislang war diese Nische der Fahrradproduktion fast ausschließlich herkömmlichen Fahrrädern ohne elektrische Unterstützung vorbehalten. Nun rückt das E-Bike nach Maß ein gehöriges Stück näher an den europäischen Markt heran.

Vor rund zweieinhalb Jahre sorgt ein US-amerikanisches Unternehmen mit einer Crowdfunding-Kampagne auf Indiegogo für Aufsehen. Es wollte per 3D-Drucker maßgefertigte Carbonrahmen für E-Bikes fertigen. Und das zu erschwinglichen Preisen. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten lieferte die Firma Arevo im vergangenen Jahr tatsächlich erste Modelle des Superstrata nach Nordamerika und Asien. Jetzt hat das österreichische Start-Up Super Mobility die exklusiven Vertriebsrechte für Deutschland, Österreich, die Schweiz und weite Teile Europas erworben. Firmengründer Richard Hirschhuber arbeitet dazu mit Arevo. Für den Anfang greift er auf die in Vietnam befindlichen Drucker von Arevo zu. Perspektivisch plant er den Aufbau eigener Kapazitäten. „Wir möchten in den nächsten fünf Jahren in jedem Land in Europa einen 3D-Drucker für die Radproduktion stehen haben“, sagte Hirschhuber vor kurzem gegenüber dem Branchenmagazin „Velobiz“.

CEO Richard Hirschhuber und CFO Verena Kreidl von Super Mobility

CEO Richard Hirschhuber und CFO Verena Kreidl von Super Mobility

Wie besonders ist das Unikat aus dem Drucker?

Damit es so weit kommt, müssen die Geschäfte für Super Mobility wirklich gut laufen. Hirschhuber selbst beziffert die Kosten für einen solchen Drucker auf 800.000 Euro bis 1,2 Millionen Euro. Und wie groß der Markt für ein derartiges Angebot ist, muss sich erst noch zeigen. Denn im Gegensatz zu den Einzelmodellen aus der Werkstatt der Fahrradbauenden glänzt das Superstrata nicht mit polierten Schweißnähten oder kunstvoll verzierten Muffen. Dem Produkt aus dem Drucker wird seine Einzigartigkeit nur schwerlich anzusehen sein.

Gleichzeitig steckt in diesem Nachteil einer der größten Vorteile jenes Geschäftsmodells. Das Rahmenmaterial ist nahezu jederzeit verfügbar, der Rahmen innerhalb weniger Stunden gefertigt und das Ergebnis wiegt gerade einmal 1,4 Kilogramm. Zur Verfügbarkeit kommen natürlich noch weitere Komponenten und Anbauteile hinzu. Aber im Moment überzeugt das Argument, innerhalb weniger Tage ein maßgefertigtes E-Bike bereits fahren zu können, vermutlich einige Interessierte.

E-Bike Arevo Superstrata

Mit seinem minimalistischen Antrieb von Bafang ist das Fahrrad äußerlich kaum als E-Bike erkennbar.

Überraschend wenig Daten gefragt

Auf lange Sicht steht und fällt der Erfolg dieses Projektes aber sicher mit der Frage, wie gut es den Initiatoren gelingt, Menschen von den Vorteilen einer Maßanfertigung zu überzeugen. Wer aktuell ein E-Bike gemäß seiner Körpermaße ordern möchte, bekommt auf der Webseite zwei Möglichkeiten dafür aufgezeigt. Die kürzere fragt lediglich nach Körpergröße und Schrittlänge sowie der bevorzugten Position auf dem Fahrrad, die zwischen den beiden Polen „entspannt“ und „aggressiv“ bestimmt werden kann. Nach solchen Informationen fragt auch jeder halbwegs professionelle Fahrradladen bei der Suche nach der passenden Rahmengröße.

Etwas ausgefeilter kommt Möglichkeit Nummer zwei daher, der „Superfit“. Bei dem gebt ihr immerhin noch die Kniehöhe, Knöchelhöhe und Armlänge an.

Mancher Wunsch schon inklusive

Generell bedient sich Super Mobility des Custom-Made-Ansatzes. Das heißt, ihr könnt euer Fahrrad nach eigenen Wünschen ausstatten. Zumindest innerhalb gewisser Grenzen. Los geht’s momentan bei einem Preis von 4.299 Euro für eine Singlespeed-Version. Die optionale Kettenschaltung mit elf Gängen bedeutet einen Aufpreis von 200 Euro. Dagegen schlägt sich die Wahl zwischen einem flachen Lenker und einem Rennlenker nicht auf den Preis nieder. Hier wird es erst wieder interessant, wenn ihr bei der Farbauswahl angelangt seid. Sagt euch keiner der Standardtöne zu, werden für Premiumlackierungen weitere 500 Euro fällig. Oder aber ihr entscheidet euch für die Luxuslackierung und legt stattdessen 800 Euro drauf.

E-Bike Arevo Superstrata in der Farbe Stardust Aurora

Die Lackierung Stardust Aurora zählt zu den Luxus-Farben für das Arevo Superstrata.

Die angebotenen Komponenten stammen teilweise von eher unbekannten Herstellern. Namen wie Andel Components aus Taiwan oder Rallex aus China sagen vermutlich nur wenigen von euch etwas. Teilweise werden gar keine Hersteller konkret genannt, wie etwa im Falle der Reifen.

Motor im Hinterrad

Mehr Klarheit herrscht glücklicherweise über den verbauten E-Antrieb. Der stammt vom bekannten chinesischen Hersteller Bafang. Im Superstrata steckt ein Hinterradnabenmotor, der die üblichen 250 Watt leistet und über ein Drehmoment von 50 Newtonmetern verfügt. Damit übertrifft er in dieser Rubrik sogar prominente Antriebe wie den X35+ von Mahle, den HM 1.0 von FSA oder den Hyena G2 von Trek. Bafang zeichnet auch für das restliche E-Bike-System verantwortlich – vom im Unterrohr befindlichen Akku, über die auf dem Oberrohr integrierte Bedieneinheit bis hin zum 1,9 Zoll großen LCD-Display mit seinem USB-Ladeport und dem Sensor, der automatisch die Bildschirmhelligkeit regelt.

Um seinen Ambitionen den nötigen Rückenwind zu verleihen, hat Super Mobility am 5. Dezember 2022 ein Crowdfunding auf der Plattform Conda gestartet. Noch bis Mitte Januar 2023 könnt ihr im Rahmen der Kampagne das Vorhaben finanziell unterstützen und an einem möglichen Erfolg teilhaben. Als Fundingziel sind 440.000 Euro ausgegeben. Bislang sind knapp über 200.000 Euro zusammengekommen. Nach Angaben von Super Mobility sollen mit dem eingenommenen Geld Marketing und Vertrieb angekurbelt werden.

 

Bilder: Supermobility GmbH

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