Zwei Dinge gehören zwingend zu einem E-Bike-Antrieb. Klar, der Motor. Woher soll sonst die zusätzliche Unterstützung kommen? Dazu benötigen wir noch einen Akku, da der Motor nach Strom verlangt. Und den Akku erwarten wir inzwischen typischerweise verbaut im Rahmen, oder? Einen anderen Weg schlägt Mahle Smartbike mit seinem neuen System namens XS ein. Dieser Antrieb knüpft an Zeiten an, an denen der Akku noch ganz selbstverständlich entnehmbar auf dem Gepäckträger platziert wurde. Allerdings greift Mahle lediglich die Idee auf und setzt sie zeitgemäß um. Was es zum neuen Mahle XS zu wissen gibt, fassen wir für euch in aller Kürze zusammen.
1. Warum gilt der Akku als das Kernstück des Mahle XS?
2. Welche Motoren gehören zum System?
3. Welche Bedieneinheiten und Displays bietet Mahle an?
4. Welche Komponenten sind darüber hinaus mit Antrieb kompatibel?
5. Warum verzichtet Mahle beim XS auf einen fest verbauten Akku?
6. Welche Konfigurationen können wir erwarten?
7. Für welche E-Bikes eignet sich der Antrieb?
8. Kann man das Mahle XS selbst nachrüsten?
9. Wann erscheinen die ersten E-Bikes mit einem Mahle XS?
1. Warum gilt der Akku als das Kernstück des Mahle XS?
Für gewöhnlich beginnt die Beschreibung eines neuen E-Bike-Systems mit dem Motor. Beim Mahle XS handelt es sich definitiv um einen etwas ungewöhnlicheren Antrieb. In dessen Konzept dreht sich vieles, wenn nicht gar alles, um den Akku. Einen großen, gar fest integrierten Akku gibt es hier nämlich nicht. Seine Energie bezieht das System ausschließlich aus dem externen Akku eX1.
Dieser dürfte manchen von euch bekannt vorkommen. Im Grunde handelt es sich um den e185, den Mahle erstmals 2022 als Range Extender für den X20-Antrieb präsentierte. Bereits damals hatte er die markante Form, die an einen Trinkflasche für das Radfahren erinnert und auch vergleichbar wenig Platz am Rahmen beansprucht. Seit einiger Zeit heißt der e185 bereits eX1. Trotz der Namensänderung sind seine technischen Eckdaten gleichgeblieben. Bei einem Gewicht von rund 1,1 Kilogramm verfügt er über eine Kapazität von 171 Wattstunden. Unter optimalen Bedingungen könnte das für Reichweiten von maximal 60 Kilometer reichen. Da kaum jemand von uns konstant unter jenen optimalen Bedingungen fährt, erscheinen Streckenlängen zwischen 40 Kilometer und 50 Kilometer deutlich realistischer.
Nicht alle sind ständig auf Tour
Warum aber konzipiert ein Antriebshersteller bewusst eines seiner Systeme gezielt um solch einen kleinen Akku herum? Marco de la Serna, Leiter Produkt, Strategie und Geschäftsentwicklung bei Mahle SmartBike Systems, beantwortet diese Frage mit dem realen Verhalten der E-Bike-Fahrenden. „Wir haben festgestellt, dass für die meisten täglichen Aktivitäten, Pendeln in der Stadt oder kurze Fahrten, weniger als 100 Wattstunden ausreichen. Also haben wir uns darauf konzentriert, das zu optimieren, was die Fahrer brauchen. Das Ergebnis ist XS: ein leichtes, effizientes System, das perfekt für den täglichen Gebrauch geeignet ist.“
Mahle hat sogar die Weichen dafür gelegt, dass sich theoretisch auch zwei und mehr eX1 an einem E-Bike gleichzeitig nutzen lassen. Mit einem Blick auf das dann steigende Gewicht, den zur Verfügung stehenden Platz an einem E-Bike sowie die Optik würde das aus unserer Sicht die Vorteile des Mahle XS gegenüber herkömmlichen Systemen mit größeren Akkus aber eher schrumpfen lassen.
2. Welche Motoren gehören zum System?
Einer der Pluspunkte des minimalistischen Ansatzes ist seine Flexibilität bei der Motorenwahl. Das Mahle XS kann mit den zwei neusten Hinterradnabenmotoren des Herstellers kombiniert werden, also sowohl mit dem X20 als auch mit dem X30. Beide leisten die bekannten 250 Watt im Dauerbetrieb. Grundsätzlich rangiert der X20 jedoch vor dem X30. Obwohl er rund 500 Gramm leichter ist, generiert ein Drehmoment von 23 Newtonmeter. Dem stehen 18 Newtonmeter des X30 gegenüber. Mahle rechnet diese Werte nach einer internen Formel auf entsprechende Äquivalente für Mittelmotoren um. An vielen Stellen werdet ihr deshalb 55 Newtonmeter für den X20 und 45 Newtonmeter für den X30 lesen.
Welcher der Motoren zum Zuge kommt, hängt maßgeblich von dem E-Bike ab, in das er integriert werden soll. Der X20 mit seiner Steckachse verlangt eine Einbaubreite von 142 Millimetern. Eine Schraubachse nutzend benötigt der X30 exakt 136,5 Millimeter als Einbaubreite. Gemeinsam ist dann wieder beiden die Option in Bezug auf die Sensoren. Sie können sowohl mit einem einfacheren PAS (Pedal Assist Sensor) umgehen als auch mit einem Sensor kombiniert werden, der Drehmoment und Trittfrequenz erfasst.
3. Welche Bedieneinheiten und Displays bietet Mahle an?
Ähnlich flexibel wie bei der Entscheidung für den jeweiligen Motor stellt sich das Bild dar, wenn wir auf die Bedieneinheiten und Displays schauen. Bedienen lässt sich das Mahle XS wahlweise über die Duo Remote, die eShifters und die Steuereinheit, die im Oberrohr integriert werden kann. Erweitern könnt ihr das System zusätzlich mit einem Display PulsarONE von Mahle. In der Summe ergibt das jede Menge Möglichkeiten, um ein passendes Bedienkonzept für unterschiedlichste E-Bikes mit geraden Lenkern und Rennlenkern zu erstellen.
4. Welche Komponenten sind darüber hinaus mit Antrieb kompatibel?
Bisher noch gar nicht erwähnt wurde der Smart Controller des Mahle XS. Dabei sorgt er dafür, dass das Antriebssystem seine Leistung an die aktuelle Fahrsituation anpassen kann. Geht es gerade einen Berg hinauf oder saust ihr eine Abfahrt herunter? Wie viele Kraft bringt ihr auf die Pedale? Solche und weitere Informationen gibt es in Echtzeit weiter.
Kompatibel ist der Antrieb zudem mit der Ladestation Mahle Energy Hub. Die könnt ihr beispielsweise auf euren Arbeitsplatz stellen, dort den Akku laden und dank eines USB-C-Anschlusses mit weiteren mobilen Geräten verbinden. Noch schneller gelingt das Laden des eX1 natürlich mit eigentlichen Ladegerät, dem Mahle Active Charger.
5. Warum verzichtet Mahle beim XS auf einen fest verbauten Akku?
Es wird ziemlich schnell klar, dass Mahle das neue System in einer Nische platzieren will. Aufgrund der geringen Akkukapazität kann der XS nur schwerlich als vollwertiger E-Bike-Antrieb zählen. Nichtsdestotrotz sprechen einige Details für ihn. Das beginnt bei seinem geringen Gewicht. Eine Kombination aus Mahle eX1 und Mahle X20 kommt zusammen mit den übrigen kleineren Komponenten auf ein Gesamtgewicht von ungefähr 2,5 Kilogramm. Zum Vergleich: Der aktuell wohl leichteste Mittelmotor aus dem Full-Power-Segment, der Giant SyncDrive Pro2, wiegt allein schon 2,75 Kilogramm.
In dem Verzicht auf einen großen, fest installierten Akku liegt sicher die größte Stärke der Lösung. Fahrradhersteller können ihn mit deutlich geringerem Aufwand – und damit zu geringeren Kosten – in einem E-Bike unterbringen, als das sonst der Falle wäre. Da könnte überall dort attraktiv werden, wo das Integrieren eines größeren Akkus im oder am Rahmen ein gewisses Problem darstellt. Dem setzt der Mahle XS seine besondere Anpassungsfähigkeit entgegen. Gleichzeitig vereinfacht sich das Warten des Systems.
Für die E-Bike-Fahrenden könnte vor allem das bequeme Laden zu einem Kaufargument werden. Einfach zu entnehmen. Ebenso einfach wieder eingesetzt. Kompakte Abmessungen. Erfreulich leicht. Kurze Ladedauer. Problemlos auch mal längere Zeit an einem trocken, warmen Ort abstellbar. Selbst über große entnehmbare Akkus lässt sich das nicht immer sagen.
6. Welche Konfigurationen können wir erwarten?
Wie flexibel Fahrradhersteller mit dem System umgehen können, klang im Beitrag bereits an. Was sie aus der Vielzahl der Möglichkeiten tatsächlich machen, lässt sich nicht vorhersehen. Mahle zeigt selbst eine Variante auf, in der keine einzige Bedieneinheit vorgesehen ist. Lediglich über das Display PulsarONE hättet ihr Zugriff auf den Antrieb. Mal abwarten, was davon an kommenden E-Bikes eventuell umgesetzt wird.
7. Für welche E-Bikes eignet sich der Antrieb?
Vielleicht nennen wir mal erst einmal die E-Bike-Typen, an denen ihr nach jetzigem Stand wohl nie ein Mahle XS im Einsatz sehen werdet: E-Mountainbikes, Trekking-E-Bikes, Touren-E-Bikes, SUV-E-Bikes, E-Lastenfahrräder. Da fällt schon einmal einiges weg. Es bleiben aber Kandidaten übrig. Einfachere urbane E-Bikes, für Menschen, die vielleicht nicht täglich Fahrradfahren möchten oder müssen. Die eher kürzere Strecken von vier, fünf Kilometern zurücklegen. Denen vor einem täglichen Aufladen des Akkus nicht bange wird. Und die keine Summen von 3.000 Euro und aufwärts für ein E-Bike ausgeben wollen oder können.
8. Kann man das Mahle XS selbst nachrüsten?
Auf den ersten Blick mag das minimalistische System beinahe wie ein Nachrüstset wirken. In seiner Pressemitteilung erwähnt der Hersteller ein solche Option jedoch nicht. Daher gehen wir stark davon aus, dass es ausschließlich an Fahrradhersteller geliefert wird. Gerade, wenn ein Großteil der Kabel und Komponenten wie der System Controller in den Rahmen wandern, scheint dies alternativlos. Möglicherweise lassen sich die System an Kompletträdern nachträglich aber durch weitere Komponenten erweitern. Die dafür nötig Kompatibilität untereinander ist gegeben. Die Zukunft wird zeigen, welche Strategien die Fahrradhersteller diesbezüglich verfolgen.
9. Wann erscheinen die ersten E-Bikes mit einem Mahle XS?
Dazu können wir derzeit gar nichts sagen. Im Zuge der Präsentation hat Mahle auf keine Modelle verwiesen, mit dem in absehbarer Zeit zu rechnen sei. Fest steht lediglich, dass der Hersteller den Antrieb ab sofort Interessenten zur Verfügung stellt.
Bilder: Mahle Smartbike Systems