In Teil 1 des Interviews haben wir mit Marion Jungbluth, Leiterin des Teams Mobilität und Reisen beim Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv), darüber diskutiert, wie viel ein E-Bike und ein Akku kosten dürfen. Dabei zeigte sich, dass NutzerInnen von sich aus E-Bikes gern länger fahren möchten, als sie das bisher den Fahrrädern überhaupt zutrauen. Deshalb wenden wir uns heute zu Beginn gleich einmal dem Thema der Langlebigkeit zu.
Frau Jungbluth, was verbindet der vzbv mit diesem Begriff beim Blick auf E-Bikes?
Langlebigkeit bedeutet für uns, dass die Produkte gut konstruiert sind und sich reparieren lassen. Deshalb ist eine unserer Forderungen, dass es nur noch E-Bikes mit herausnehmbarem beziehungsweise wechselbarem Akku geben darf. Die Ersatzteile müssen lange verfügbar sein. In manchen Fällen hören VerbraucherInnen von Herstellern, dass Ersatzteile bereits nach drei, vier Jahren nicht mehr verfügbar sind. Das ist aus unserer Sicht ein No-Go.
Was bedeutet für Sie „lange“?
Als Richtwert bietet sich aus unserer Sicht die erwartbare Lebensdauer des Produktes an. In jedem Falle muss eine solche Information für die VerbraucherInnen im Kaufprozess offen und transparent kommuniziert werden.
Und wer bestimmt, was „erwartbar“ ist?
Es gibt verschiedene Modelle. Entweder richtet man sich nach der von den VerbraucherInnen erwarteten Lebensdauer oder die Hersteller machen eine Aussage dazu. Bei anderen Produkten wie Waschmaschinen fordern wir Vergleichbares. Dort geben Hersteller teilweise eine Zehn-Jahres-Garantie auf ihre Geräte. Da ist die Ersatzteilversorgung inbegriffen. So etwas ist sowohl für die VerbraucherInnen als auch für die Umwelt nur von Vorteil. Daher könnten E-Bike-Hersteller gern über Ähnliches nachdenken. Ein Fahrrad ist nun einmal kein Einweg- oder Wegwerfprodukt.
Sie hatten zuvor herausnehmbare Akkus angesprochen. Gerade ist erneut ein Trend zu fest verbauten Akkus beobachtbar. Immerhin fördern diese die Stabilität des E-Bikes und senken gleichzeitig dessen Gewicht. Wie verträgt sich das mit Ihrer Forderung?
Darüber lässt sich sicher diskutieren. Wichtig ist: Auf irgendeine Art und Weise sollte sich der alte Akku gegen einen neuen wechseln lassen. Vorher muss sichergestellt sein, dass diesen Schritt jede Fahrradwerkstatt beherrscht und nicht nur einige wenige.
Am liebsten würde der vzbv die Austauschbarkeit gesetzlich regeln. Glauben Sie, dass die Bikebranche dabei mitspielt?
Noch habe ich nicht gehört, dass sie sich selbst dazu verpflichten möchte. Auf EU-Ebene gibt es gerade einige Prozesse, die in Richtung Green Deal gehen, mit denen auch die Langlebigkeit und Reparaturfähigkeit von Produkten vorangebracht werden soll. Aktuell wird beispielsweise die Batterienverordnung behandelt. In der könnte derartiges festgelegt werden. Auch in der Öko-Design-Richtlinie wären Vorgaben denkbar. Die Branche könnte sich in einem ersten Schritt freiwillig selbst dazu verpflichten. Verlassen werden wir uns darauf aber bestimmt nicht. Das hat auch bei der Automobilindustrie nicht geklappt.
Zumindest die Anregung für eine gesetzliche Initiative haben Sie geliefert. Bis wann, glauben Sie, ließe sich ein solches Vorhaben in die Praxis umsetzen?
An der Batterieverordnung wird aktuell gearbeitet, damit sie 2025 in Kraft treten kann. In diesem Zeitrahmen denken auch wir. Bei der der Öko-Design-Richtlinie handelt es sich um eine noch langwierigere Angelegenheit. Ausdauer gehört bei uns zum Jobprofil.
Damit tatsächlich mehr Menschen E-Bikes nutzen können, wäre ein Gebrauchtmarkt wichtig. Der hat sich bisher noch nicht etablieren können. Woran liegt das in Ihrer Meinung nach?
Zum einen daran, dass bisher zum Teil minderwertige Fahrräder angeboten werden. Verständlicherweise will die kaum jemand kaufen. Zum anderen kommt erneut der Akku ins Spiel. Er macht einen sehr großen Teil des geldwerten Anteils am E-Bike aus. KäuferInnen brauchen verlässliche Angaben zum Zustand des Akkus, dem sogenannten State of health. Die kann heute aber kaum jemand beim Wiederverkauf mitliefern. Folglich kommt die Sache noch nicht richtig in Schwung.
Wie ließe sich denn der Zustand eines Akkus korrekt und verlässlich abbilden?
Die meisten Akkus verfügen über ein Batteriemanagementsystem. Sie können also Informationen weitergeben. Wie das künftig geschieht, muss sich erst herauskristallisieren. Vielleicht direkt am Fahrrad. Oder mithilfe einer App. Vorstellbar ist auch der Erwerb eines Zertifikates, aus dem relevante Daten hervorgehen. Eventuell prüfen in ein paar Jahren Fachleute in Fahrradläden das Bike samt Akku und stellen einen entsprechenden Beleg aus. Ich glaube fest daran, dass hier auch noch einmal die Digitalisierung dem Ganzen einen ordentlichen Schub verleihen wird. Der Zustand des Akkus wird aber definitiv eines der wichtigsten Kaufkriterien auf dem Gebrauchtmarkt werden. Es muss offensichtlich sein, wie lange der aktuelle noch hält und was ein neuer Akku kosten wird.
Vielen Dank für das Gespräch, Frau Jungbluth.
Bilder: Verbraucherzentrale Bundesverband; Kantar GmbH; pixabay; Fazua GmbH; Bosch eBike Systems