Hinter „super bequem und edel“ hat Cannondale bei seinen E-Bikes für die Stadt mit dem Mavaro Neo einen Haken gemacht. Die Kategorie „sportlich adrett“ erfüllt das Canvas Neo. Nun gesellt sich ein neuer Spezialist für den Großstadtdschungel hinzu. Adventure Neo heißt das dritte urbane E-Bike der US-Amerikaner. Und nein, es ist keine Mischung aus den ersten beiden, falls ihr das erwartet habt. Dafür steht der neue Tiefeinstiger dem Mavaro Neo viel zu nahe. Es handelt sich vielmehr um eine Alternative zum Mavaro Neo, die allerdings deutlich günstiger ausfällt.
Downgrade als Upgrade?
Preislich reicht das Adventure Neo nämlich fast genau bis an die Grenze heran, an der das teurere Schwestermodell beginnt. Lediglich 200 Euro beträgt der Unterschied. Unter manchen Aspekten ist das billigere Adventure Neo 1 EQ gegenüber dem höherpreisigen Mavaro Neo 5 aus unserer Sicht sogar die lohnendere Alternative. Es besitzt den kräftigeren Motor, einen um 125 Wattstunden größeren Akku, eine gefederte Parallelogramm-Sattelstütze sowie das Radarwarnsystem Varia, das euch signalisiert, wenn sich von hinten schnell Autos, Motorräder und andere Fahrzeuge nähern. Dem kann das Mavaro Neo 5 eigentlich nur seine Headshok-Federung an der Gabel entgegenhalten. Diese fügt sich eleganter am Bike ein, bedarf weniger Wartung und erledigt ihre Arbeit etwas geschmeidiger als die Federgabel SR Suntour Mobie A32 am Adventure Neo 1 EQ. Wiegt das die vorher genannten Vorteile des Topmodells der Adventure-Reihe auf? Diese Frage könnt ihr nur für euch selbst beantworten.
Wie viel wert sind 1.000 Euro mehr oder weniger?
Auch das Adventure Neo 2 EQ zieht im Vergleich zum dann schon um 1.000 Euro teureren Mavaro Neo 5 nicht unbedingt den Kürzeren. Die Komponenten des elektrischen Antriebes sind absolut identisch. Beide E-Bikes sind mit einem Motor von Bosch, dem Active Line Plus mit 50 Newtonmetern an Drehmoment, ausgestattet. Ihr im Unterrohr integrierter Akku Bosch PowerTube verfügt über eine Kapazität von 500 Wattstunden. Dazu gibt es jeweils das gut überschaubare Purion-Display.
Schaltung und Bremsen fallen am Mavaro Neo 5 hochwertiger aus. Die Kettenschaltung bietet mit zehn im Vergleich zu neun Gängen nicht nur eine Option mehr, sondern damit verbunden auch ein höheres Spektrum. Ihr habt also mehr Auswahlmöglichkeiten bei der Suche nach der optimalen Übersetzung. Wer sein E-Bike nicht so oft nutzt, generell eher kürzere Strecken fährt oder fast ausschließlich auf flachem Terrain unterwegs ist, kann sich vielleicht dennoch mit der einfacheren Alivio-Gruppe von Shimano anfreunden.
Punkte sammelt das Adventure Neo 2 EQ im Gegenzug in Sachen Komfort. Auch dieses Modell hat eine gefederte Parallelogramm-Sattelstütze erhalten. Gemeinsam mit der Federgabel, die einen moderaten Federweg von 63 Millimetern mitbringt, ergibt das also ein Fully für den Asphalt. Zusätzlich für Dämpfung sorgen 2,20 Zoll breite Reifen von Kenda. Kopfsteinpflaster und befestigte Wege abseits der Straße meistert ihr damit bedenkenlos.
Abbild in Sachen Sitzposition
Bei der Ausstattung überschneiden sich Adventure Neo und Mavaro Neo also teilweise. Vor allem bei den Modellen, die preislich näher beieinanderliegen. Das Fahrgefühl wird sich ebenfalls ähneln. Ursache dafür sind die Geometrien der Aluminiumrahmen beider Fahrräder. Nahezu allen wichtigen Details weisen die gleichen Werte auf. Die Steuerwinkel weichen nur um einen Grad voneinander ab, während die Sitzwinkel sogar identisch sind. Auch beim Radstand beträgt der Unterschied lediglich einen Zentimeter. Auffällig ist dagegen das deutlich längere Steuerrohr beim Adventure Neo. Der Grund dafür ist allerdings auch schnell gefunden. Am Mavaro Neo nimmt das HeadShok-System Platz über den Gabelkrone ein, den ein kürzeres Steuerrohr wieder wettmacht.
Wer die Chance hat, beide E-Bikes zu testen, wird sich jeweils in einer sehr bequemen, aufrechten Position auf dem Fahrrad wiederfinden. So habt ihr das Verkehrsgeschehen um euch herum stets gut im Blick. Dahin geht es dann eher entspannt. Adventure Neo und Mavaro Neo laden eher zum cruisen ein, auch wenn die Unterstützung euch natürlich zusätzliche Kraft und Geschwindigkeit verleiht.
Was wird aus der goldenen Mitte?
Etwas überraschend bietet Cannondale das Adventure Neo lediglich in zwei Rahmengrößen an – SM als Abkürzung für „small“ und LG als Abkürzung für „large“, sprich klein und groß. Entsprechend kompromissbereit solltet ihr sein, wenn es um die Optimierung eurer Sitzposition geht. Was fehlt, ist eine passende Zwischengröße. Zwar ist das bei Tiefeinsteigern weniger problematisch als bei Mountainbikes oder gar Rennrädern, wo wenige Zentimeter darüber entscheiden, ob ihr euch auf einem Bike wohl fühlt. Klar ist allerdings auch, dass die beiden Rahmengrößen SM und LG ihre Grenzen haben, sobald es in die Extreme geht. Sind eben keine XS oder XL. Genauso schwer wird es eventuell für diejenigen, deren Körpermaße für die Mitte zwischen beiden Größen sprechen. Immerhin liegt auch in diesem Falle das zulässige Gesamtgewicht bei 150 Kilogramm. Eine Marke, die übrigens für alle E-Bikes von Cannondale gilt.
Spaßverderber am Spaßbike
Einen eigenen Akzent setzt Cannondale mit der günstigsten Variante des City-E-Bikes, dem Adventure Neo 4. Im Gegensatz zu den anderen Modellen dieser Reihe gibt es hier keine Schutzbleche, keine Gepäckträger, keine Lichtanlage, keine Federgabel und keine gefederte Sattelstütze. Von diesem „Ballast“ befreit, wirkt das Bike nicht nur entsprechend puristisch, sondern fällt auch drei bis vier Kilogramm leichter aus. Während der Nutzenfaktor sinkt, könnte für manche von euch der Spaßfaktor steigen. Darum geht es vermutlich dem Adventure Neo 4 – Spaß am E-Bikefahren vermitteln. Schade nur, dass es dafür eine Schaltung und Bremsen verpasst bekommen hat, die weniger gut auf langhaltenden Spaß ausgelegt sind.
Bilder: Cycling Sports Group, Inc.