Heute möchten wir in unseren Elektrofahrrad24-News das erste serienreife ABS-System, das Bosch jüngst unter seinen Neuheiten fürs Modelljahr 2018 vorstellte, im Detail beleuchten und einordnen.
Vorderradblockade verhindern, Hinterradabheben begrenzen
Wie Bosch in einer Pressemitteilung erklärt, ermöglicht das ABS erstmalig, ?das Blockieren des Vorderrades zu verhindern sowie das Abheben des Hinterrads durch ein intelligentes System zu begrenzen.? Der dadurch verkürzte Bremsweg mindert das Risiko von Stürzen und Überschlägen ? und zwar laut der Bosch-eigenen Unfallforschung mit einer prognostizierten Reduzierung von bis zu 25 Prozent. Voraussetzung: der flächendeckende Einsatz des ABS, was sich selbstverständlich nicht von heute auf morgen realisieren lässt, schon allein aufgrund der vergleichsweise hohen Anschaffungspreise für eBikes. (Hier kommt die Frage ins Spiel, ob sich das ABS auch bei älteren Rädern nachrüsten lässt.)
Aktuell wird das Bosch eBike-ABS zwar schon ab Herbst 2017 erhältlich sein, aber längst nicht bei allen Anbietern, sondern nur bei, laut Bosch, ?ausgewählten Flottenpartnern?, die mit der Performance Line (Cruise und Speed) in Kombination mit dem Intuvia-Display ausgestattet sind. Erst ab Herbst 2018 darf mit einem serienmäßigen Einsatz des Bosch eBike-ABS bei City- und Trekking-eBikes mit 28 Zoll Reifen gerechnet werden. Und das beträfe auf deutschen Straßen immerhin rund 3 Millionen Menschen.
Ursachenforschung bei mehr als 500 Fahrradunfällen zeigte, dass ein Fünftel aller Stürze bereits vor der eigentlichen Kollision erfolgte ? und mit einem anderen Bremsverhalten verhindert hätte werden können. Wenngleich Stürze sich nie ganz eliminieren lassen, weil gewisse Faktoren wie das Wetter oder die Aufmerksamkeit unwägsame Variablen bleiben werden, erlaubt das ABS ein kontrollierteres und stabileres Abbremsen.
Eine weitere Untersuchung, die mehr als 5000 Unfälle analysierte, kam zu dem alarmierenden Ergebnis, dass in drei Viertel aller Fälle keine Bremsung erfolgte! ABS könnte hier ein Viertel aller Unfälle vermeiden helfen bzw. die Zahl der Unfälle mit schweren Verletzungen senken.
Wie funktioniert das Bosch eBike-ABS?
Das Bosch eBike-ABS kombiniert das Vorderrad-ABS mit einer Hinterrad-Abheberegulierung.
Indem es bei kritischen Bremsmanövern den Bremsdruck der Vorderbremse regelt, stabilisiert sich die Fahrsituation, und das Sturzrisiko wird gemindert. Laut Claus Fleischer, dem Geschäftsleiter Bosch eBike Systems, überwachen beim Vorderrad-ABS Sensoren die sogenannte Raddrehzahl, also die Geschwindigkeit beider Räder. Droht das Vorderrad zu blockieren – etwa bei einer abrupten Bremsung – regelt das Bosch eBike-ABS den Bremsdruck und optimiert so Stabilität und Lenkbarkeit des eBikes. Insbesondere auf rutschigen, glitschigen Untergründen lässt sich dank ABS kontrolliert verlangsamen und anhalten.
Die Hinterrad-Abheberegulierung des Bosch eBike-ABS hingegen funktioniert so, dass das Hinterrad bei extremem Überbremsen des Vorderrades, z. B. auf griffigem Untergrund und im Gefälle, Bodenhaftung behält: Raddrehzahlsensoren erkennen, wenn sich das Hinterrad abhebt und lösen gezielt ein Eingreifen der Bremsen am Vorderrad aus. Anders gesagt: das Bosch eBike ABS verringert kurzzeitig die Bremskraft am Vorderrad, so dass das Hinterrad so schnell wie möglich wieder über Bodenkontakt verfügt. Dadurchwird das Risiko eines Überschlagens verringert. Überdies lässt sich dank dieser Regulierung die Vorderradbremse möglichst effizient einsetzen.
Bei der Entwicklung seines eBike-ABS konnte Bosch auf umfassendes Know-How, langjährige Expertise sowie etablierte Technologiepartnerschaften zurückgreifen. Die ersten Blockierverhinderer für Zweiräder konnte Bosch 1994 in einem Polizeimotorrad in Japan einsetzen. Folgerichtig ist seit 2007 das Bosch-Entwicklungszentrum für Zweiradsicherheit in Japan für die Systeme verantwortlich. Für das eBike-ABS konnte Bosch eBike Systems auf Elemente seines Motorrad-ABS zurückgreifen, die spezifisch dem Fahr- und Bremsverhalten von eBikes angepasst wurden.
Als Entwicklungspartner für Bremstechnologien fungiert die Gustav Magenwirth GmbH & Co. KG (Magura), mit der Bosch seit mehreren Jahren eng verzahnt zusammen arbeitet. Die Markteinführung des Bosch eBike-ABS erfolgt mit der extra von Magura entwickelten Bremse CMe ABS. Magura erklärt hierzu in einer Pressemitteilung:
„ABS-Systeme benötigen mehr Bremsflüssigkeit und durch das pulsierende Bremsverhalten mehr Volumen für die Ausdehnung. Ein größerer und ergonomischer Dreifingerhebel gibt dem Fahrer mehr Kontrolle und ein besseres Bremsgefühl. Deswegen wurde ein komplett neues, hydraulisches ABS-Bremssystem entwickelt, bei dem jahrzehntelange Erfahrung aus dem MAGURA Motorradbereich eingeflossen ist.“