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E-Cargobike Bogbi: Wenn Salsa auf Schneeregen trifft

E-Cargobike Bogbi

Gäbe es eine Weltkarte der Fahrradproduktion, wäre Südamerika darauf ein weitgehend weißer Fleck. Immerhin würde in Kolumbien ein Punkt aufblinken. In der dortigen Hauptstadt Bogotá entsteht nämlich seit zwei Jahren ein Lastenfahrrad namens Bogbi. Zugegeben, bei Kolumbien denken einige vermutlich zuerst an Drogenkartelle, Guerillakrieg und vielleicht noch Salsa. Tatsächlich ist aber vor allem Bogotá ein logischer Ausgangspunkt für ein Vorhaben, das mit dem Thema Fahrrad zu tun hat.

Viele bezeichnen die Stadt als die Fahrradhauptstadt Südamerikas. Im Vergleich zu anderen Großstädten des Kontinents gibt es dort recht ausgedehnte, sinnvoll angelegte und gepflegte Fahrradwege. Streetart und Grafiti sind allgegenwärtig. Etliche Einwohner entfliehen regelmäßig dem Gewimmel der Metropole und starten zur einer Rennradtour in die Berge rund um die Stadt. An Sonntagen heißt es: Ciclovia! Dann sind zahlreiche Hauptstraßen für den regulären Verkehr gesperrt und im Gegenzug für Fahrräder, Inlineskater etc. freigegeben.

Einheimische Elite am Werk

Vielleicht war es einer dieser Tage, an dem sich der Kolumbianer Eduardo Moreno und der Norweger Sigurd Kihl über den Weg liefen. Wir wissen es nicht. Sicher ist dagegen, dass die beiden Bogbi-Gründer einen gemeinsamen Traum hatten. Und zwar, ein Cargo-Bike zu bauen. Nicht irgendwie, sondern mit den Möglichkeiten, die sich ihnen vor Ort bieten.

Diesem Konzept folgen die beiden noch immer. Bogbi produziert ganz traditionell in Handarbeit in einer eigenen Fabrik in Bogotá. Ganz unbescheiden verkünden sie auf ihrer Webseite, dass dabei die besten Rahmenbauer und Schweißer Kolumbiens mitwirken. Die Rohmaterialien stammen alle aus dem Land. Bei Bau und Montage stehen mitunter auch Jugendliche an der Werkbank, die schon einmal mit dem Gesetz in Konflikt kamen und danach im Rahmen eines Praktikums ihrem Leben eine andere Richtung geben möchten.

Kolumbianisch-norwegischer Familien-Mix

Das Bogbi selbst ist stark familiär geprägt. Nicht mit Blick auf die Firmenstruktur, sondern auf den Einsatzzweck. Moreno und Kihl waren nämlich zwei Väter in derselben Situation: Sie wollten die gute Fahrradinfrastruktur ausnutzen und ihre Kinder mit dem Rad zum Kindergarten bringen. Nur fanden sie kein dafür passendes Cargobike. Also wollten sie etwas Eigenes auf die Beine stellen.

Herausgekommen ist ein Bike, das ganz verschiedene Einflüsse in sich vereint. Die norwegische Note drückt sich beispielsweise in der enormen Reifenfreiheit aus. Beide Laufräder, hinten 27,5 Zoll groß und vorn 20 Zoll, vertragen Reifen mit einer Breite von bis zu 3 Zoll. Damit lässt sich auch auf nassen und verschneiten Straßen gut vorankommen. Vor Wind, Kälte und jeder Form von Niederschlag schützt ein flexibles Verdeck.

Der von den Abmessungen her für ein Longjohn-Lastenrad eher kompakte Rahmen ist dagegen die kolumbianische Note. Oder besser die Bogotá-Note. Auf den Straßen der inzwischen fast zehn Millionen Einwohner zählenden Metropole ist Wendigkeit unerlässlich, um erfolgreich durch das alltägliche Gewusel zu manövrieren.

„Lenkbrücke“ statt Lenksäule

Als Rahmenmaterial nutzt Bogbi einen 304er-Edelstahl, der dem Bike die nötige Steifigkeit verleiht. Die Rohre, welche die Ladefläche noch oben hin abgrenzen, sind relativ hoch angesetzt. Passagiere und Waren werden dadurch gut geschützt. Zudem sorgt die Geometrie für einen niedrigen Schwerpunkt, was sich vor allem beim Fahren mit vollbeladenem Stauraum positiv auswirkt.

Auffällig ist die Idee, die Bogbi bei seiner Lenkung umgesetzt hat. Der Lenker ragt nicht aus einer einzelnen Lenksäule heraus. Stattdessen sitzen Vorbau und Lenker auf einem querverlaufenden Rohr, dessen Enden dann nach unten führen und dort den Stauraum an dessen beiden hinteren Ecken begrenzen. Die Hersteller nennen ihre Konstruktion „Bridge“, also auf Deutsch Brücke. Diese lässt sich auf unterschiedliche Höhen einstellen und gleicht die jeweiligen Körpergrößen der Fahrenden aus. Bogbi gibt an, dass Menschen mit Körpergrößen zwischen 1,50 Meter und 2,00 Meter gut mit dem Rahmen in Einheitsgröße zurechtkämen. Vom Winkel her ist der Vorbau jedoch nicht verstellbar, was für eine optimale Sitzposition auf einem solchen One-Size-Fits-All-Modell
angebracht wäre.

E-Antrieb in China eingekauft

Über den Shop könnt ihr euer Bogbi nach euren persönlichen Wünschen konfigurieren. Dazu gehört auch die Option, daraus ein E-Lastenrad zu machen. In dieser Variante ist ein Tretlagermotor von Bafang verbaut. Dieser leistet 250 Watt. Sein maximales Drehmoment von 80 Newtonmetern lässt auch ein vollbeladenes Cargobike flink von der Stelle kommen. Die Unterstützung des E-Antriebes ist auf die Grenze von 25 km/h ausgelegt. Bedieneinheit, Display und Akku stammen ebenfalls von Bafang. Laut Hersteller könnt ihr gut und gerne mit einer Reichweite zwischen 45 bis 80 Kilometer rechnen.

Im Shop ist außerdem ein Rahmenset erhältlich. Wer dieses als Basis für sein ganz persönliches Lastenrad-Projekt auserkoren hat, kann sich bei der Wahl des Antriebes ganz entspannt zurücklehnen. Die Ausfallenden sind auf alles vorbereitet. Nabenschaltung, Hinterradnabenmotor, Tretlagergetriebe oder klassische Kettenschaltung – an alles wurde gedacht.

Ausfallende am E-Bike Bogbi

Mit dem ausgesprochen vielseitigen Ausfallende eröffnen sich diverse Antriebsoptionen.

Einfach mal eine Runde abhängen

Auch das Komplettrad lässt sich schrittweise mit diversem Zubehör ergänzen. Schon bei solch grundsätzlichen Komponenten wie der Seitenverkleidung des Stauraumes oder dem Bodenblech könnt ihr frei entscheiden. Gleiches gilt für den Kindersitz. Auch dieser ist beim Bogbi etwas speziell. Die Macher bestätigen, dass sie sich dabei eher von einer Hängematte haben inspirieren lassen. Von Vorteil ist hier, dass an die Kinder im Sitz keine Erschütterungen vom Fahren weitergeleitet werden. Die Sache sieht zumindest sehr bequem aus und sollte dank der Gurte auch deutschen Sicherheitsstandards genügen. Im Sitz haben zwei Kinder nebeneinander Platz. Wird er nicht gebraucht, könnt ihr ihn mit wenigen Handgriffen lösen, sodass er nur noch locker unterhalb des Lenkers herunterhängt.

Während der Kindersitz beim Einstiegspreis von unter 3.000 Euro beim Bike inklusive ist, kostet das Regencanopy einen Aufpreis. Doch auch dieses ist gut durchdacht. Durch entsprechende Lüftungsschlitze dringt Fahrtwind jederzeit in das Innere. Passagieren mangelt es also nicht an frischer Luft. Das Dach lässt sich wie bei einem Cabriolet praktischerweise zurückklappen.

Regenverdeck für das E-Cargobike Bogbi

Unter dem Regenverdeck sind die Passagieren bestens vor widrigem Wetter geschützt.

Sichtbarkeit ein Extra

Eine Lichtanlage scheint im Unterschied dazu nicht serienmäßig angeboten zu werden. Auf manchen Bildern ist ein Bogbi mit Batterielichtern ausgestattet. Die Frontscheinwerfer sind in diesem Falle stets an den Gabelrohren angebracht. Eine relativ tiefe Position, von der wir nicht wissen, wie effektiv sie das Sehen und Gesehen-Werden unterstützt. Genügend Vertrauen erwecken dafür die hydraulischen Scheibenbremsen mit den 180-Millimeter großen Bremsscheiben. Das sollte ausreichend Bremskraft garantieren.

In Deutschland war das E-Cargobike übrigens das erste Mal auf der VeloBerlin 2018 zu bestaunen. Inzwischen könnt ihr ihm in Norwegen, Dänemark, Kolumbien und auch Deutschland begegnen. Erst recht, solltet ihr vielleicht euch selbst eins zulegen.

Bilder: Bogbi SAS

4 Gedanken zu „E-Cargobike Bogbi: Wenn Salsa auf Schneeregen trifft“

  1. Hi , ich möchte das Rad gerne erwerben, finde aber keine Händler in Deuschland ( lebe in Hamburg ).
    Könnt ihr mir da weiterhelfen?
    Herzlichen Dank,
    Nina

    1. Hallo Nina,
      vermutlich werden wir dir leider keine große Hilfe sein können. Die Homepage von Bogbi auf http://www.bogbi.co hast du sicher schon entdeckt. Abgesehen von einem kurzen Selbstporträt ist das aber alles auf Norwegisch dort. Mithilfe eines Übersetzungstools kann man sich da einigermaßen durchwurschteln. Auf der Kontaktseite sind ein paar E-Mail-Adressen aufgeführt. Ende vergangenen Jahres haben wir in eigener Sache die des CEO angeschrieben und bisher keine Antwort erhalten. Du möchtest ja gern ein Bike kaufen, vielleicht reagieren sie ja bei dir.
      Viel Glück, Matthias

  2. Ich lebe in Tirol in Österreich und möchte gerne eine Probefahrt mit einem bogbi Cargo Bike machen. Wo kann ich das in meiner Nähe ? Bzw. Wo finde ich Händler die bogbi in Österreich vertreten?
    Ich freue mich auf ihre Antwort
    Andrea

    1. Hallo Andrea, danke für Deinen Kommentar. Leider haben wir aktuell auf Deine Anfrage noch keine Antwort von BogBi bekommen. Wir haben nochmals angefragt und bitten Dich uns per Email unter info@elektrofahrrad24.de zu kontaktieren. Dann haben wir das im offiziellen Posteingang und Ticketsystem und die Nachverfolgung ist gesichert. Sportliche Grüße nach Österreich Michael Huhn

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