Immer wieder sorgen in Brand geratene E-Bike-Akkus für Schlagzeilen. Sie verursachen Feuer in Fahrradkellern, in Fahrradgeschäften und auf offener Straße. Mitunter kommen dabei Menschen zu Schaden oder sterben sogar. Neuartige Brandmelder könnten künftig früher als bisher vor einem akut brandgefährdeten Akku warnen – indem sie bei einem ganz spezifischen Geräusch anschlagen und Alarm auslösen.
Brennende Akkus von E-Bikes sind inzwischen weltweit ein Problem. Besonders in den Fokus geriet in den vergangenen Jahren die Stadt New York. In 2022 rückte das New York Fire Department insgesamt 216 Male zum Löschen von Lithium-Ionen-Batterien aus. Am Ende gab es 147 Verletzte und sechs Getötete zu beklagen. Im Jahr darauf, sprich 2023, stiegen die Zahlen nochmals an. Bei 268 solcher Brände erlitten 150 Menschen Verletzungen, 18 Menschen starben.
Extrem gefährliche Dynamik
Eine Ursache für diese verheerende Bilanz liegt in einer Spezifik der Brandentwicklung. Gerät ein Lithium-Ionen-Akku in Brand, erreicht er innerhalb von etwa einer Sekunde eine Temperatur von bis zu 1.100 Grad Celsius, die während einer Explosion in Form eines Flammenstrahls frei wird. Bis sich das Feuer tatsächlich entzündet, tritt dagegen aus dem Akku kaum Rauch aus. Oftmals reicht die Menge nicht, damit ein herkömmlicher Rauchmelder diese registrieren könnte. Wird aber kein Alarm ausgelöst, erreicht Menschen die Warnung erst, wenn sich der Brand kaum noch eindämmen lässt.
Forschende analysieren Phase vor dem Brand
Wie so oft liegen Gut und Böse – in diesem Fall eher Erschwerend und Erleichternd – nahe beieinander. Denn brennt ein Lithium-Ionen-Akku, unterscheidet sich nicht nur die Brandentwicklung von anderen Bränden, sondern auch die damit einhergehenden Geräusche. Oder besser gesagt, bestimmte vor Brandbeginn ausgelöste Geräusche. Beschäftigt haben sich damit gemeinsam Forschende der Xi’an University of Science and Technology (XUST) in China und des National Institute of Standards and Technology (NIST) in den USA.
Sie haben sich genau angeschaut, was passiert, wenn sich ein Lithium-Ionen-Akku zu stark erhitzt oder durch das Einwirken anderer Kräfte beschädigt ist. Dann nämlich reagieren die einzelnen Stoffe im Inneren des Akkus chemisch miteinander. Durch den damit verbundenen Druckaufbau quillt der Akku auf der Ebene der Akkuzellen an. Allerdings kann das Material nirgendwohin entweichen. Meist sind die Akkuzellen selbst von einem Gehäuse umschlossen, das diesem Quellprozess entgegensteht. Grundsätzlich soll ein im Gehäuse integriertes Sicherheitsventil für den Druckausgleich sorgen. Kurz gesagt, es bricht und der sich im Inneren angestaute Druck entweicht. Doch auch diese Sicherheitslösung hat ihre Grenzen, sodass zum jeweiligen Zeitpunkt gegebenenfalls der gesamte Akku explodiert.
Aber wie gesagt, zuvor bricht das Sicherheitsventil der Akkuzellen. Und um dieses Geräusch dreht sich das Projekt des Forschungsteam. Es signalisiert zuverlässig, dass ein Lithium-Ionen-Akku sehr bald in Brand geraten wird.
KI unterstützt bei akustischer Detailarbeit
In einer entsprechenden wissenschaftlichen Veröffentlichung berichtet das Team, dass es sich leider um kein sehr markantes Geräusch handeln würde. Vielmehr könne es relativ einfach mit anderen Geräuschen aus unserem täglichen Leben verwechselt werden. Deshalb wäre ein bloßer auf dieses Geräusch geeichter Detektor nutzlos.
Um das Geräusch zuverlässig isolieren und analysieren zu können, nutzen die Forschenden eine besondere Software. Diese erkennt es und kann es erfolgreich von anderen, sehr ähnlich klingenden Geräuschen abgrenzen. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, arbeitete das Team mit einer Künstlichen Intelligenz. Ein eigens erstellter Algorithmus für maschinelles Lernen musste auf das brechende Sicherheitsventil ansprechen. Immer und immer wieder. Bei Experimenten an der XUST seien Einzellen-Lithium-Ionen-Akkus wiederholt zum Explodieren gebracht worden. Von insgesamt 1.330 akustischen Proben ist die Rede, die während des thermischen Durchgehens im Frühstadium gewonnen worden seien. Diesen Beispielen habe man 1.128 akustische Datenproben gegenübergestellt, die ähnlich klingen, aber eben keine brechenden Sicherheitsventile wiedergeben. Quasi als gezielte „Störsignale“. Am Ende konnte über ein Mikrofon, das nah genug an einer Explosion platziert wurde, in 94 Prozent der Fälle das vom Akku stammende Signal zu dessen bevorstehendem thermischen Durchgehen korrekt erfasst werden.
Neuer Warnmelder als praktische Umsetzung anvisiert
Was für uns nach einem großen Erfolg klingt, betrachten die Forschenden allenfalls als erstes Etappenziel. Sie wollen ihre Arbeit mit den Tests an weiteren Batterietypen fortsetzen und dabei andere Mikrofone nutzen. Neben dem Geräusch gilt es zudem einen zeitlichen Faktor zu verifizieren. So folgte bislang auf des Nachgeben der Sicherheitsventile nach rund zwei Minuten das Explodieren des Akkus. Nun soll geprüft werden, ob sich dieser Wert ebenso bei anderen Lithium-Ionen-Akkus zeigt.
In absehbarer Zukunft könnte basierend auf dieser Forschungsarbeit ein Detektor entstehen, der eindeutig erkennt, wenn ein Lithium-Ionen-Akku in wenigen Minuten in Brand zu geraten droht. Für Fahrradgeschäfte, Betreiber von E-Bike-Flotten und Privatpersonen wäre dies ein bedeutender Gewinn. Menschen könnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. Und von dort bis zu einem im Akku integrierten Sicherheitssystem, das eine Warnmeldung an die E-Bike-App sendet, erscheint der Weg plötzlich auch nicht mehr so weit.
Studie:
Tam, W., Chen, J., Tang, W., Tong, Q., FANG, H. and Putorti Jr., A. (2024), Development of a Robust Early-Stage Thermal Runaway Detection Model for Lithium-ion Batteries, 13th Asia-Oceania Symposium on Fire Science and Technology, Daegu, KR, [online], https://tsapps.nist.gov/publication/get_pdf.cfm?pub_id=958183 (Accessed December 6, 2024)
Schutztasche für E-Bike-Akkus
Bilder: Institut für Schadenverhütung und Schadenforschung; Tavo Romann; Fahrer Berlin GmbH