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Mit Kynamic steigt KMC zum Antriebshersteller für E-Bikes auf

Portfolio an Komponenten für E-Bike-Antriebe vom taiwanesischen Hersteller Kynamic

Bekanntermaßen gilt Taiwan als ein Hotspot der internationalen Fahrradbranche. Zahlreiche Hersteller stammen von dort, unterhalten auf der Insel große Dependancen oder lassen in riesigen Fabriken von Zulieferern ihre Waren fertigen. Ein großer Name vor Ort ist KMC. Manche von euch kennen das Unternehmen vielleicht als Hersteller von Ketten, Kettenblättern und Ritzeln – auch für das E-Bike-Segment. In das ist KMC inzwischen vollends eingetaucht. Unter dem Namen Kynamic bietet der Konzern mehrere eigene E-Bike-Systeme an.

Bereits 2021, also unter dem Eindruck der weltweiten Corona-Pandemie und dem Fahrrad-Boom, gründete KMC das Tochterunternehmen Kynamic. Grund dafür könnte gewesen sein, vom immer lukrativer werdenden E-Bike-Markt ein größeres Stück des Kuchens abzubekommen, als dies über den Verkauf von Zubehör zu angeln ist. Oder aber, sich besser für eine Zukunft zu wappnen, in der Fahrräder ohne Motor-Unterstützung vielleicht bald nur noch die zweite Geige spielen. Oder eine Mischung von beidem.

Vom Antrieb bis zum kompletten Bike

In jedem Falle ging KMC das Vorhaben in großem Stile an. Kynamic hält nach Kunden Ausschau, die gern E-Bikes verkaufen wollen, aber die komplette Entwicklung, Fertigung und den Service nicht stemmen können oder wollen. Diese können wahlweise die Hülle für ein E-Bike, sprich ein fertiges Rahmenkonzept erwerben. Oder einen bereits im Regal befindlichen E-Bike-Antrieb. Am liebsten natürlich beides. Zudem berät Kynamic bei der Suche nach Fertigungspartnern, lernt dort Beschäftigte an und überwacht die Prozesse vor Ort in Taiwan. Da KMC selbst seit 1977 auf dem Gebiert agiert, dürften die nötigen Kontakte sowie der Zugang zu verlässlichen globalen Vertriebskanälen zwei der Argumente sein, bei denen so mancher Interessent hellhörig werden könnte.

Wie erwähnt, gehören zum bunten Strauß der Dienstleistungen unter anderem mehrere Antriebssysteme. Auf seiner Webseite stellt Kynamic vier davon etwas näher vor. Nach eigener Aussage besitzen alle die nötigen Zertifizierungen wie EN15194:2017, ISO13849-1, and UN38.3. Bei zwei dieser Systeme handelt es sich um eines mit einem Hinterradnabenmotor. Sie basieren auf einer Betriebsspannung von 36 Volt und leisten die in Europa zulässigen 250 Watt im Dauerbetrieb. Als maximales Drehmoment werden jeweils 40 Newtonmetern angegeben.

E-Bike-Mittelmotor vom taiwanesischen Hersteller Kynamic

E-Bike-Mittelmotor mit voraussichtlich maximal 65 Newtonmetern

Zwei Motoren und die Frage: Welcher ist welcher?

Einziger offensichtlicher Unterschied zwischen den beiden Hinterradantrieben ist ihr Name. Einer heißt ganz nüchtern einfach „Rear Motor Series“, während bei dem anderen „Light Weight Motor Series“ darübersteht. Vermutlich weisen sie also mindestens ein unterschiedliches Gewicht auf. Wie hoch das ist und in welchen weiteren Details sie eventuell darüber hinaus voneinander abweichen, geht aus den Informationen nicht hervor.

An anderer Stelle auf der Internetseite, in den FAQs, taucht dann plötzlich sogar eine konkrete Produktbezeichnung auf. Dort ist vom Nabenmotor MRC-A250 die Rede. Er lässt sich mit Kassetten kombinieren, die über maximal zehn Ritzel verfügen dürfen. Welcher der beiden zuvor erwähnten Motoren der MRC-A250 ist, ließ sich nicht ermitteln. Immerhin sind die Aggregate wohl mit LED-Bedieneinheiten zu bedienen, die den Datenaustausch per Bluetooth unterstützen und das Wechseln zwischen drei Fahrmodi ermöglichen.

Bedieneinheiten für E-Bike-Antriebe von Kynamic

Anhand der Bedieneinheiten für Lenker und Oberrohr verstärkt sich der Eindruck, dass Kynamic sich in einem etwas kostengünstigeren Segment ansiedeln möchte.

Für den Einsatz der Hinterradmotoren schweben Kynamic ein E-Gravelbike sowie ein Trekking-E-Bike mit Federgabel vor. Im Gravelbike scheint ein fest verbauter Akku angedacht zu sein, während der an dem Trekkingfahrrad sich entnehmen lässt. Mit den verschiedenen Ansätzen könnten auch unterschiedliche Akkukapazitäten einhergehen. Da der Hersteller erneut keine weiterführenden Informationen liefert, bleibt da jedoch reine Spekulation.

Mehr Transparenz bei den Mittelmotoren

Etwas konkreter wird es beim Blick auf die beiden verbleibenden Mittelmotoren. Motor Nummer eins steckt in einem vollausgestatteten urbanen E-Bike mit sehr tiefem Durchstieg. Aus den im Dauerbetrieb verfügbaren 250 Watt generiert er ein Drehmoment von maximal 65 Newtonmeter. Das liegt auf dem Niveau eines Bosch Performance Line der zweiten Entwicklungsstufe. Wobei wir weder etwas zur maximalen Unterstützung noch zum Gewicht sagen können und sich somit kein wirklicher Vergleich ziehen lässt.

Entwurf für ein City-E-Bike mit einem Mittelmotor von Kynamic

City-E-Bike mit Mittelmotor

Als Akku ist ein aus dem Unterrohr herausnehmbarer Energiespeicher mit einer Kapazität von 497Wattstunden vorgesehen. Im Eco-Modus ergeben sich daraus gut 100 Kilometer an Reichweite. Mit einem 4A-Ladegerät wäre der Akku innerhalb von rund 3,5 Stunden vollständig geladen.

Der zweite Mittelmotor treibt ein Hardtail-E-Mountainbike an. Anscheinend muss er etwas sportlicher gefahren werden. Seine Leistung liegt mit 200 Watt m Dauerbetrieb ein gutes Stück niedriger. Dennoch soll ein Drehmoment von 65 Newtonmetern erreicht werden können. Um das abzurufen, braucht es mehr Kraftaufwand von euch sowie höhere Trittfrequenzen.

Entwurf für ein Hardtail-E-Mountainbike mit einem Mittelmotor von Kynamic

Hardtail-E-Mountainbike mit Mittelmotor

Beide Mittelmotoren halten vier Unterstützungsstufen bereit, also eine mehr als die Nabenmotoren. Auch hier kann die Bluetooth-Technologie für die Kommunikation zum übrigen E-Bike-System genutzt werden.

Perspektiven und erste Erfolge

Was genau aus den Antrieben von Kynamic in den kommenden Jahren wird, ist angesichts der beschränkten Informationslage derzeit kaum vorhersagbar. Was der Hersteller bisher präsentiert hat, legt die Vermutung nahe, dass er zumindest für den Moment sich eher als Alternative profilieren möchte, der ein günstiges System anbietet und bei möglichen Interessenten mit ergänzenden Serviceleistungen punktet. Ähnlich hat Hyena agiert. Inzwischen verbaut Trek dessen Antriebe, wenn auch mit gewissen Modifikationen.

Tatsächlich findet sich auf der Kundenliste von Kynamic bereits jetzt ein erster prominenter Name. Der britische Hersteller Whyte Bicycles führt seit kurzem E-Bikes für Stadt und Freizeit in seinem Programm, die mit einem Hinterradnabenmotor aus Taiwan ausgestattet sind. In zwei Produktreihen, dem RHeO 3 und dem RHeO 2, zeigt er, welches Potenzial das Antriebssystem für Fahrradhersteller bietet. Aus dem System holt Whyte noch fünf zusätzliche Newtonmeter an Drehmoment heraus. Beim Akku kommt ein nicht näher beschriebener interner Akku zum Einsatz, der 250 Wattstunden mitbringt, augenscheinlich aber fest integriert ist. Basierend auf einem Aluminiumrahmen wiegt das RHeO 3 in der Rahmengröße M mit kompletter Ausstattung inklusive versenkbarer Sattelstütze, Schutzblechen, Gepäckträger und Lichtanlage sowie einem Antrieb von Shimano und Tektro-Bremsen weniger als 17 Kilogramm. Bei einem Preis von umgerechnet nicht einmal 2.700 Euro kann sich das absolut sehen lassen. Wer weiß, vielleicht ist das erst der Auftakt für weitere E-Bikes mit Kynamic-E-Bike-Systemen.

 

Bilder: Kynamic Inc., Whyte Bikes Limited

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