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E-Rennrad Lotus 136: Nur der Preis wiegt schwer.

E-Rennrad Lotus Type 136 mit Antrieb HPS Watt Assist

Wolltet ihr euch jemals ein wenig wie eine Olympiasiegerin oder ein Olympiasieger im Radsport fühlen? Dann könnt ihr das theoretisch in nächster Zukunft tun. Der britische Hersteller Lotus bringt mit dem Type 136 nämlich ein E-Bike auf den Markt, das maßgeblich vom Bahnrad der Profis inspiriert wurde. In der Praxis wird diese Erfahrung dennoch für die meisten von unerreichbar bleiben.

Zum ernüchternden Teil der Geschichte kommen wir noch früh genug. Zuvor hat es sich das Lotus Type 136 absolut verdient, abgefeiert zu werden. E-Bikes werden ja gern einmal generell abgekanzelt. Zu klobig. Zu schwer. Zu sehr Traktor als anmutiges Verkehrsmittel. Dieses E-Rennrad lässt all diese Vorurteile gelassen an sich abperlen – oder vielmehr an sich vorbeifliegen. Denn es wirkt so windschnittig, dass solche Klischees niemals an ihm haften bleiben könnten.

Der ehemalige Bahnradolympiasieger Sir Chris Hoy als Markenbotschafter für Lotus

Zu den Markenbotschaftern für Lotus zählt unter anderem der ehemalige Bahnradolympiasieger Sir Chris Hoy.

Wettkampfgedanke ein Teil der DNA

Den Namen Lotus verbinden manche von euch sicher zuerst mit der Automobilbranche. Dabei engagiert sich ich das Unternehmen seit mehr als drei Jahrzehnten auch im Radsport. Es zeichnet verantwortlich für mehrere Bahnräder, mit denen es die Nationalmannschaft Großbritanniens bei Olympischen Spielen sowie Welt- und Europameisterschaften ausgestattet hat. Erfahrungen aus der Arbeit an legendären Modellen wie dem Lotus Type 108, dem Lotus Type 110 und vor allem dem Fahrrad der Olympischen Spiele 2020 sind in das neue Lotus Type 136 eingeflossen.

Am deutlichsten wird das an den breiten, weit nach außen gestellten Sitzstreben des E-Rennrades. Die setzen zwar nicht so hoch an und sind nicht so aggressiv geformt wie beim Ausgangsmodell. Dennoch ist die Parallele mehr als offensichtlich. Auch der V-förmige Vorbau, der in das Lenkerrohr übergeht, lehnt sich spürbar an das Fahrrad an, mit dem die britische Mannschaft in sieben von zwölf Disziplinen Medaillen in Tokio errang.

Neue Leichtigkeit im Alltag

Der in Handarbeit in Italien gefertigte Carbon-Rahmen des Lotus 136 vollzieht natürlich trotzdem ganz elegant den Spagat hin zum Fahrrad für gewöhnliche Menschen, die damit auf der Straße unterwegs sein wollen. Gabel, Steuerrohr und Unterrohr fallen weniger extrem aus und könnten in ähnlicher Weise auch an einem anderen E-Rennrad zu finden sein.

E-Bike Lotus Type 136 in der Frontalansicht

So sieht derzeit nur ein E-Bike weltweit in der Frontalansicht aus.

Seine ausgesprochen sportliche Note behält das Type 136 trotzdem. Allein schon, wenn ihr auf sein Gewicht schaut. Die gerade einmal 9,8 Kilogramm bedeuten einen der niedrigsten Werte, die wir von einem E-Bike kennen. Noch leichter dürfte nur das HPS Domestique sein. Nach Angaben des Herstellers bleibt das sogar unter der Marke von neun Kilogramm.

Spitzenwerte – nur an anderer Stelle

Die Nähe zwischen beiden E-Bikes kommt nicht von ungefähr. Beide nutzen des gleiche E-Bike-System. Beim Antrieb Watt Assist von HPS darf man den Begriff “Minimal Assist“ schon einmal in den Mund nehmen. Seine Spitzenleistung beträgt 230 Watt. Andere Systeme erbringen kurzzeitig 600 Watt und mehr. Selbst im Dauerbetrieb sind es im Falle des Watt Assist lediglich 200 Watt statt der sonst üblichen 250 Watt. In Sachen Drehmoment liegt das System noch unter dem Maxon Bikedrive Air und dessen 30 Newtonmetern. HPS schafft es auf 20 Newtonmeter.

Im Gegenzug punktet der E-Antrieb mit seinem enorm geringen Gewicht. Die 1,2 Kilogramm an Gesamtgewicht übertrifft Bosch beispielsweise allein schon mit seinem Zusatzakku PowerMore, der 1,6 Kilogramm wiegt. Wenn hinter dem Motor die Angabe von 300 Gramm auftaucht, wird nachvollziehbar, warum dessen Leistungsfähigkeit nicht mit der anderer Mittelmotoren mithalten kann. Dafür sind die auch ungefähr zehnmal schwerer.

Auf das Wesentliche beschränkt

Bedient wird der Antrieb lediglich über zwei Taster. Diese sind jeweils an der Innenseite der Drops positioniert. Darüber lässt sich das System in den beiden Fahrmodi Peloton und Attack bewegen. In jedem Modus gibt es drei beziehungsweise sechs Unterstufen. Zumindest bietet HPS den Antrieb standardmäßig so an. Ob Lotus ihn auch so am Type 136 integriert hat, geht aus den veröffentlichen Informationen nicht hervor.

Ein Display sucht ihr beim Lotus Type 136 übrigens vergeblich. Der HPS Watt Assist begnügt sich mit einer ANT+-Schnittstelle. Über diese lässt sich das E-Bike mit passenden Fahrradcomputern verbinden. Unterstützt werden zum Beispiel Modelle von Wahoo und Garmin. Auf den Geräten könnt ihr dann auch ablesen, in welcher Unterstützungsstufe ihr gerade fahrt.

E-Rennrad Lotus Type 136 in Aktion

E-Rennrad oder Rennrad?

Zum System gehört ein Akku, der wie eine Trinkflasche anmutet. Was dessen 193 Wattstunden an Kapazität übersetzt in Reichweite bedeutet, hängt von den bekannten Wetterbedingungen und Streckenbeschaffenheiten ab. HPS als auch Lotus versprechen übereinstimmend immerhin drei Stunden an elektrischer Unterstützung. Zum Abnehmen des Akkus genügen wenige Handgriffe. Damit verschwindet dann die mit Abstand schwerste Komponente des Antriebs. Übrig bleiben lediglich der beinahe federleichte Motor, die Taster am Lenker und herkömmliches Rennrad. Im Grunde eine perfekte 2-in-1-Lösung.

In Bezug auf die übrige Ausstattung hält sich Lotus derzeit noch recht bedeckt. Namentlich erwähnt werden lediglich die kabellose und elektronisch schaltbare Gruppe Super Record von Campagnolo. Aus demselben Haus stammt zudem der Laufradsatz Bora Ultra WTO 60. Auf den vorliegenden Bildern lassen sich darüber hinaus die Pirelli P-Zero als gewählte Reifen erkennen.

Absolutes Nischenprodukt

Welches die noch nicht genannten Komponenten an dem Fahrrad sein werden, dürfte die Kaufentscheidung der Interessenten vermutlich herzlich wenig beeinflussen. Schließich wäre da noch der eingangs erwähnte Fakt, der ganz automatisch dafür sorgen wird, dass kaum jemand von uns einen Kauf in Erwägung zieht. Gemeint ist Preis. In der eben umrissenen Variante wird das Type 136 in einer auf 136 Stück limitierten Auflage gefertigt. Das Schmuckstück in der Farbe Black Gold kostet sage und schreibe 25.000 Euro. So. Und jetzt alle mal tief ausatmen.

E-Rennrad Lotus Type 136 in der Farbe Black/Gold

Limitierte Auflage in der Farbe Black/Gold

Das ist aber noch nicht alles. Vom Type 136 hat Lotus zusätzlich ein Serienmodell angekündigt. Dessen Verkauf startet voraussichtlich im Frühling 2024. Bilder davon liegen bereits vor. Seine in gelb und schwarz gehaltene Lackierung bringt unserer Meinung nach markante Stellen des Rahmens sogar besser zur Geltung als die limitierte Premiere. Bei der Ausstattung geht es etwas weniger exklusiv zu. DT Swiss liefert die Laufräder. Als Schaltgruppe kommt eine Sram Red zum Einsatz. Damit sinkt der Preis dann auf 19.950 Euro. Noch ein Stück darunter gliedert sich das Einstiegsmodell mit einer Sram Force ein. Das wird für 17.950 Euro zu haben sein. Wenn das mal keine Schnäppchen sind.

E-Rennrad Lotus Type 136 mit schwarz-gelber Lackierung

Künftiges Serienmodell mit schwarz-gelber Lackierung

 

Bilder: Group Lotus Ltd.

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