Seit knapp einem Dreivierteljahr ist der Hinterradnabenmotor X20 auf dem Markt. Bisher hält sich die Anzahl der E-Bikes in Grenzen, die mit dem leichtesten Antrieb von Mahle ausgestattet sind. Meist handelt es sich um sportliche Modelle, sprich E-Rennräder wie das Scott Addict RC eRide oder E-Gravelbikes wie das Dynamika G von Titici. Diese Phalanx durchbricht jetzt ein Hersteller aus Spanien. Desiknio hat gerade ein ungemein schickes urbanes E-Bike vorgestellt. Neben dem X20 wartet das mit einem weiteren Highlight auf.
Als Autor baut man ja gern ein wenig Spannung auf und zieht entscheidende Details ähnlich wie ein Magier seinen Hasen überraschend aus dem Hut. Desiknio durchkreuzt diesen Plan mit einem Produktnamen, der das E-Bike beschreibt wie das Abstract eine wissenschaftliche Abhandlung. Das neue Modell heißt nämlich X20 Pinion. Damit kennt ihr sofort das Grundkonzept – ein E-Bike mit dem Mahle X20 und einem Schaltgetriebe von Pinion.
Sorgenfreie Lösung
Beide ergänzen sich auf gekonnte Weise, funktionell als auch qualitativ. Als Hinterradnabenmotor schont der X20 per se Antriebskomponenten wie die Kurbel, das Kettenblatt oder die Kette, weil die Kraft direkt an der Antriebsachse angreift. Als einer der leichtesten Motoren auf dem Markt lässt er mit seinen nicht einmal 1.400 Gramm zum Beispiel eine gewöhnliche Nabenschaltung wie die Speedhub e14 von Rohloff mit ihren 1.6000 Gramm deutlich hinter sich. Hinzukommt die neue Kupplung am linken Ausfallenende des Motors, das Automatic Motor Connection System. Mit dessen Hilfe lässt sich das Hinterrad einfach herausnehmen – ohne Spezialwerkzeug, ohne das zusätzliche Abtrennen irgendwelcher Kabel oder anderer Verbindungen.
Leicht und materialschonend im Hinterrad – verschlossen, ausdauernd und auf jegliches Schmiermittel verzichtend am Tretlager. Dafür, dass diese Formel aufgeht, sorgt das Schaltgetriebe C1.9 XR von Pinion. Wie seine anderen Varianten ist auch dieses durch ein Magnesiumgehäuse bestens vor jeglichem Schmutz geschützt. Laut Pinion wird eine Wartung erst nach 10.000 Kilometern fällig. Mit neun Gängen, aufgeteilt auf ein Übersetzungsspektrum von 568 Prozent, seid ihr an dem E-Bike mit einem System ausgestattet, das jedem Trekkingbike hervorragend zu Gesicht stehen würde. Zudem greift Desiknio am X20 Pinion auf den Carbon-Riemen vom Gates zurück. Damit verschwindet ein weiterer Punkt von der Liste der Dinge, um die ihr euch regelmäßig kümmern müsst. Unter normalen Umständen braucht ihr im Grunde nur noch schauen, dass euer Akku stets aufgeladen ist und die Bremsen funktionieren. Der Rest läuft und läuft und läuft.
E-Bike? Welches E-Bike?
Das allein sorgt bereits für Vorfreude auf das Fahren mit dem Stadtflitzer. Die wird von dem Look des E-Bikes nochmals gesteigert. Dessen Geometrie ist eindeutig sportlich ausgerichtet. Seine Sitzstreben treffen weit unterhalb des Oberrohres auf das Sitzrohr. Das erinnert an den Rahmenbau von Gravelbikes, bei denen diese Konstruktion für ein wenig Flex sorgen und so den Fahrkomfort erhöhen soll. Die TIG-geschweißten Rohre werden von Hand poliert. In ihrem Inneren verlaufen so ziemlich alle Kabel, sodass das äußere Erscheinungsbild im besten Sinne als puristisch bezeichnet werden kann.
Wer die etwas voluminösere Hinterradnabe übersieht, erkennt im Grunde nur an der im Oberrohr eingelassenen Bedieneinheit Iwoc One, dass es sich hier um ein E-Bike handelt. Durch sein geringes Baumaß bleibt auch der 242 Wattstunden bietende Akku im Unterrohr nahezu unentdeckt. Und selbst beim Anheben des E-Bikes würden einige vermutlich immer noch auf ein herkömmliches Fahrrad ohne elektrische Unterstützung tippen. Gerade einmal 13,5 Kilogramm bringt die Neuheit von Desiknio auf die Waage. In der Ausstattung mit Schutzblechen und Gepäckträger sind es dann 14 Kilogramm.
Reichweite absolut ausreichend
Ein derartiges Leichtgewicht begnügt sich mit entsprechend weniger Strom beim Fahren. Auf überwiegend flachem Terrain in der niedrigsten der drei Unterstützungsstufen rechnet der Hersteller mit einer Reichweite von maximal 100 Kilometer. Schleichen sich Berge in das Profil ein und fahrt ihr häufiger in der größten Unterstützungsstufe, sollten es dennoch mindestens 50 Kilometer werden. Für ein E-Bike im Stadtverkehr, das vielleicht auch auf Arbeit, an der Uni, beim Einkaufen oder bequem zu Hause aufgeladen werden kann, dürfte dies vermutlich vielen genügen. Das X20 Pinion ist aber auch auf die Erweiterung mit dem Range Extender e185 von Mahle vorbereitet. Mit dem vergrößert sich die Reichweite um ungefähr 50 Kilometer bis 70 Kilometer.
Aufgepasst bei Größen und Farben
Desiknio hat das X20 Pinion in zwei Rahmenformen aufgelegt. Den klassischen Diamantrahmen gibt es in den Rahmengrößen M und L, die sich für Menschen mit einer Körpergröße von 165 Zentimeter bis 195 Zentimeter eignen. Ihr könnt dabei zwischen vier Farben wählen. Die beiden matten Farbtöne Granada Red und Polar Blue kombiniert der Hersteller mit einer in schwarz lackierten Gabel aus Carbon. Bei den Modellen in den glänzend lackierten Farben Jade Green und Dark Grey sind Gabel und Rahmen in jeweils derselben Farbe gehalten. Allerdings handelt es sich dabei im eine Aluminiumgabel.
Beim Trapezrahmen entfällt jegliche Auswahl. Den gibt es lediglich in einer Rahmengröße, die der Hersteller Comfort nennt und für Menschen mit einer Körpergröße zwischen 155 Zentimetern und 175 Zentimetern empfiehlt. Einzig verfügbare Farboption ist das glänzende Dark Grey.
Desiknio X20 Pinion im Überblick
- Rahmen: 6061 Aluminium
- Gabel: Carbon Monocoque (bei den Rahmenfarben Granada Red und Polar Blue), Aluminium (bei den Rahmenfarben Jade Green und Dark Grey)
- Motor: Mahle X20
- Akku: Mahle iX250
- Bedieneinheit: iWoc One
- Antrieb: Pinion C1.9 XR
- Bremsen: TRP C1.8
- Maximal zulässiges Gesamtgewicht: 115 kg
- Preis: ab 5.895 Euro
Von der Stadt hinaus in die Natur
Vom Alltagsgegenstand bis zum Sportgerät ist es bei Desiknio nur ein kleiner Schritt. Scheinbar enorm überzeugt vom leichtesten Mahle-Antrieb präsentiert der Hersteller neben dem X20 Pinion auch gleich noch das X20 Gravel.
Bei dem liegt der Fokus ganz klar auf Geschwindigkeit für die Fahrt auf der Straße und durchs Gelände. Dafür hat Desiknio das genannte Paket mit einem Carbon-Rahmen und einer Carbon-Gabel kombiniert. So sinkt das Gesamtgewicht im Vergleich zum X20 Pinion noch um ein paar hundert Gramm auf ziemlich genau zwölf Kilogramm. Da aufgrund des Materials auch die Schweißnähte verschwinden, wirkt das E-Gravelbike sogar noch einen Zacken schnittiger als das Schwestermodell für die Stadt.
Beim Blick auf die Ausstattung zeigen sich der eine oder andere erwartbare Unterschied. Am offensichtlichsten ist der Wechsel von Pinions Schaltgetriebe hin zu einer Kettenschaltung. Desiknio verbaut die Ekar-Gruppe von Campagnolo, eine auf den Gravel-Einsatz spezialisierte Lösung mit 13 Gängen. Die Laufräder aus Carbon lässt sich der Hersteller eigens von dem portugiesischen Spezialisten Prototype anfertigen. Da drauf sind 45 Millimeter breite Cinturato Gravel H von Pirelli gezogen. Für noch breitere Reifen bietet der Rahmen leider nicht genügend Platz.
Alltagstauglich, aber nicht für alle tauglich
Positiv aufgefallen ist uns Desiknios Entscheidung, auch am X20 Gravel serienmäßig Frontscheinwerfer und Rücklicht zu verbauen. Ok, das Rücklicht sitzt am Ausfallende des Hinterrades ziemlich tief. Im Straßenverkehr ist das sicher nicht optimal. Aber Abseits der Straße genügt das allemal. Nach vorn leuchtet den Weg eine Mini 2 von Supernova aus. Deren 235 Lumen und 100 Lux sorgen dafür, dass ihr eure Ausfahrten auch jederzeit problemlos in die Dunkelheit hinein verlängern könnt.
Dagegen fielen unsere Mundwinkel nach unten, als wir auf die verfügbaren Rahmengrößen geschaut haben. Da taucht nämlich nur eine auf. Desiknio sieht in der M eine passende Größe für Menschen, die zwischen 163 Zentimeter und 185 Zentimeter messen. Der Bereich erscheint uns als Toleranz deutlich zu groß gewählt. Vor allem bei einem Fahrrad wie einem Gravelbike, bei dem die exakte Position auf dem Fahrrad entscheidet über Kontrolle, Komfort und Effizienz beim Fahren. Für welche Körpergröße genau das Modell am besten passt, können wir euch leider nicht sagen. Sowohl das X20 Gravel als auch X20 Pinion kommen erst Mai oder Juni dieses Jahres in die Läden und Shops. Daher konnten wir auf keinem von beiden bisher Platz nehmen. Hoffentlich ändert sich das Richtung Sommer dann 😉.
Desiknio X20 Gravel im Überblick
- Rahmen: Carbon Monocoque
- Gabel: Carbon Monocoque
- Motor: Mahle X20
- Akku: Mahle iX250
- Bedieneinheit: Mahle iWoc One
- Antrieb: Campagnolo Ekar
- Bremsen: Campagnolo Ekar
- Maximal zulässiges Gesamtgewicht: 115 kg
- Farbe: Sunlight Magic
- Preis: ab 7.495 Euro
Bilder: Desiknio Cycles SL
Bei aller Begeisterung für die Kombi x20 und Pinion. Nicht erwähnt wird, dass dabei der entscheidende Vorteil des x20, def Drehmomentsensor wegfällt. Lohnt es sich dann aber überhaupt die teurefe x20 Version zu nehmen und nicht den x35?
Hallo,
Desiknio verbaut das von dir angesprochene Innenlager mit Drehmoment- und Trittfrequenzsensor unseres Wissens nach nur am X20 Gravel. In den Modellen mit dem X35 steckt auch nur der PAS Sensor B, der die Trittfrequenz erfasst. Wie wichtig diese Sensoren sind, hängt bei jedem wahrscheinlich davon ab, wozu genau das jeweilige E-Bike benutzt wird.
Sportliche Grüße, Matthias
Hallo,
Danke für den Kommentar das wusste ich nicht. Wieso hat es mit pinion dann keinen Drehmomentsensor?
Bei den Rädern ist der Akku fest im Unterrohr verbaut. Man muss dann wohl das Rad zum Aufladen in die Wohnung nehmen. Da ich inzwischen 82 Jahre alt bin und eine Trapezrad bevorzuge ist bei 186 cm Körpergröße leider kein Modell vorhanden. Ansonsten wäre es das perfekte Rad für mich.
Hallo Hans,
du vermutest ganz richtig, zum Aufladen musst du das Fahrrad in die Nähe einer Steckdose bringen, um dann das Ladegerät anschließen zu können. Die Ladebuchse befindet sich bei dem Fahrrad unten nahe des Tretlagers, wo sich Unterrohr und Sitzrohr treffen. Die Beschränkung beim Trapez-Rahmen haben wir im Artikel ja kurz angerissen. Sehen wir ähnlich wie du. Es gibt vermutlich genügend Menschen, egal welchen Geschlechts, die größer als 175 Zentimeter sind und eine solche Rahmenform bevorzugen.
Sportliche Grüße, Matthias