„Gut Ding will Weile haben.“ Mitunter nervt dieser Spruch. Geduld ist einfach nicht jedermanns und jederfraus Sache. Dennoch verschwindet er einfach nicht aus unserem Sprachgebrauch. Vermutlich, weil er sich einfach immer wieder bewahrheitet. So auch im Falle des F3. Dieses Lastenfahrrad war in einer Vorversion bereits 2016 auf der Eurobike zu sehen. Nun, sechs Jahre später, soll es nach Aussage des Herstellers demnächst in Serie gehen.
Fahrradentwicklung als Hobby
An sich ist das F3 das Ergebnis eines Projekts aus Großbritannien. Das Unternehmen Fiil e-motion hat seinen Stammsitz in London und wird von Dr. Rachid Mekhalfia geleitet. Initiator dieses E-Bikes ist jedoch der Deutsche Hermann Ophardt. Der Ingenieur geht inzwischen stark auf die Neunzig zu. Vor beinahe 20 Jahren hatte er die Leitung eines des größten deutschen Herstellers für Desinfektionsmittel – Ophardt Hygiene – innerhalb der Familie in jüngere Hände übergeben. Er selbst wandte sich fortan privateren Vorlieben zu. Der eigenen Bootswerft in Duisburg. Seiner Sammlung automobiler Oldtimer. Und der Entwicklung eines dreirädrigen E-Lastenfahrrades namens Cargonaut.
Wie erwähnt, präsentierte dies Ophardt e-motion 2016 in Friedrichshafen erstmals in Deutschland. Zwei Jahre später gewann es auf der Cyclingworld in Düsseldorf den Cargo Bike Award. Viel Entwicklungsarbeit und einige Umbenennungen später war das Fiil 3 als Nachfolger des Cargonaut 2022 bereits auf mehreren Messen zu sehen.
Fahrkomfort auf drei Rädern
Wie gut das Konzept des F3 funktionieren kann, zeigt die Anzahl der Cargobikes, die ebenfalls auf zwei Vorderrädern und einem Hinterrad unterwegs sind. Mit dem Sblocs Calderas und dem MK1-E Gen. 3 von Butchers&Bicycles seien hier nur zwei stellvertretend genannt. Fiil e-motion möchte mit seiner Interpretation dieser Idee den Komfort eines Autos mit der Flexibilität eines E-Bikes verbinden. Hochgesteckte Ziele also.
Eine Parallele zu den beiden genannten Fahrrädern ist die Tatsache, dass auch am F3 an der Vorderachse ein patentiertes Lenkneigungssystem zum Einsatz kommt. Es sorgt dafür, dass die Cargobox und damit der darin verstaute Inhalt stets in der Waagerechten bleibt. Ihr könnt euch also guten Gewissens sportlich in die Kurve legen, ohne zu riskieren, dass vorn etwas in Unordnung gerät oder sogar Teile der Ladung aus der Box herausfallen.
Leicht und kräftig
Die Karosserie des Fahrrades besteht gänzlich aus Aluminium. Sie wird im CNC-Verfahren gefräst und geschweißt. Eine spezielle Pulverbeschichtung und Eloxierung sollen der Konstruktion eine möglichst lange Haltbarkeit verleihen. Mit seiner Breite von lediglich 80 Zentimetern ist das F3 schmal genug für jeden herkömmlichen Fahrradweg.
Beim Antrieb hat sich der Hersteller für einen Hinterradnabenmotor entschieden. In der Version als Pedelec leistet dieser 250 Watt. Anscheinend bietet Fiil e-motion auch eine S-Pedelec-Version an. Bei der schnellt die Leistung in der Spitze kurzfristig auf 1.200 Watt hoch. Zusammen mit einem enormen Drehmoment von 250 Newtonmetern ist das vielleicht der Part des Fahrrades, der am ehesten einen automobilen Charakter besitzt. Über die Rekuperation des Motors fließt beim Bremsen als auch in Abfahrten ein Teil der dabei gewonnenen Energie sogar in den Antrieb zurück.
Verschiedene Akkus zur Auswahl
Grundsätzlich kann sich die Akkuleistung aber auch ohnedem absolut sehen lassen. Auf einer Spannung von 48 Volt basierend kommen zwei verschiedene Zelltechnologien zum Einsatz. Zum einen die bekannte Lithium-Ionen-Akkutechnologie. Der entsprechende Akku verfügt über eine Kapazität von 1.500 Wattstunden. Nur die Hälfte davon, also 750 Wattstunden, weist der zweite Akku-Typ auf. Dafür nutzt dieser Lithium-Eisen-Phosphat-Zellen, was ihn sicherer und langlebiger werden lässt. Fiil e-motion verspricht bis zu 3.000 Ladezyklen. Außerdem unterstützt er eine Schnellaufladung, über die er innerhalb von nur einer Stunde wieder komplett aufgeladen ist.
In der Praxis kann das optionale Schnellladegerät von größerer Bedeutung werden. Denn als stromsparend geht der Hinterradnabenmotor wohl nicht durch. Fiil e-motion gibt als Reichweite lediglich 50 Kilometer an. Wobei nicht ganz klar ist, auf welchen Akku sich die Angabe bezieht. Im Zweifelsfall sogar für jeden der beiden. Vielfahrende oder Unternehmen, die das F3 kommerziell nutzen wollen, werden da erfreut zur Kenntnis nehmen, dass das Fahrrad mit einem leeren Akku schon bald wieder einsatzbereit ist. Zusätzlich können sie sich optional für die Ausstattung mit zwei Akkus entscheiden.
Robuste Lösung von Pinion
Für den Vortrieb sorgt neben dem Motor ein automatisches Schaltgetriebe von Pinion. Ein Riemen verbindet es mit dem Motor im hinteren Laufrad. Die neun Gänge des C1.9 decken eine Übersetzungsbandbreit von 568 Prozent ab. Zwischen den einzelnen Gängen ergeben sich zwar etwas größere Gangsprünge von nicht ganz 25 Prozent. Dafür ist diese Schaltung explizit auf die hohen Drehmomente und mechanischen Bestattungen eines E-Lastenfahrrades ausgelegt.
Unter anderem aufgrund seiner 17 Zoll großen Laufräder sollte sich das Fiil3 als sehr beweglich im Straßenverkehr erweisen. Sein Wendekreis von gerade einmal drei Metern spricht in jedem Falle dafür. Beachtlich sind die selbst für ein Cargobike sehr groß dimensionierten Bremsen. Am hinteren Laufrad misst die Bremsscheibe einen Durchmesser von 260 Millimetern. Vorn sind es typischere 160 Millimeter. Die in den Lenkerenden integrierten Blinker sowie das von Supernova stammende Bremslicht zahlen ebenfalls positiv auf die Fahrsicherheit ein.
Eine Basis, drei Varianten
Auf den Webseiten von Fiil e-motion wird ersichtlich, dass drei Ausführungen des F3 erscheinen sollen: das F3 Open mit einer niedrig umrandeten Ladefläche, das F3 Cargo mit einer durch einen Deckel abgeschlossenen Cargobox sowie das F3 Kiddy für das Befördern von Kindern. Die beiden letztgenannten Modelle sind nach Angaben des Herstellers 270 Zentimeter lang, während die Version mit der offenen Ladefläche nur 210 Zentimeter misst.
Zuladen dürft ihr voraussichtlich bis zu 150 Kilogramm. Das Gewicht der Fahrenden ist auf maximal 120 Kilogramm begrenzt. Angesichts solcher Eckdaten ergeben sich jede Menge Freiheiten bei der Nutzung des Lastenrades. Zumal die Cargobox auch so groß ausfällt, dass sie genügend Platz für zwei Kinder bietet. Wer relativ wenig Eigengewicht mitbringt und auch hin und weder nur leichte Dinge transportiert, kann die Federung der Vorderräder auf die geringere Belastung einstellen. Das funktioniert natürlich auch im umgekehrten Falle.
Passend für DHL, FedEx & Co?
Fiil e-motion fokussiert sich in erster Linie wohl auf den gewerblichen Einsatz des Fahrrades. Es soll das Interesse von Logistikanbietern wie Post- und Paketlieferdiensten auf sich ziehen. Und vermutlich auch aller anderen Unternehmen, die bei der Auslieferung von Waren auf der letzten Meile auf Fahrräder setzen wollen. Ausgesprochen selbstbewusst spricht der Hersteller in einer Broschüre nämlich von dem Ziel, bis 2050 mindestens drei Millionen Fahrzeuge ausliefern zu wollen. Dazu zählen dann vielleicht auch alle weiteren Lastenfahrräder, die derzeit in Planung sind oder künftig entstehen.
Bis es soweit ist, bleiben noch ein paar näherliegende Fragen offen. Wer ist eigentlich der Hersteller des Motors und welche Fahrmodi bietet er? Was werden die unterschiedlichen Versionen des F3 kosten? Wann und wo wird das Lastenrad in Deutschland erhältlich sein? Sobald uns Fiil e-motion darauf geantwortet hat, erfahrt ihr es hier.
Bilder: Fiil Bikes Limited