Porsche und E-Bikes – dass diese beiden Dinge künftig eng zusammengehören werden, ist spätestens seit 2021 unmissverständlich klar. Erst stellte der Autoproduzent zwei E-Bikes unter der eigenen Marke vor. Kurz darauf folgte die immer noch andauernde Kooperation mit dem Fahrradhersteller Storck im Rahmen des E-Gravelbikes Cyklær. Nur um 2022 von der Beteiligung und späteren Übernahme von Fazua getoppt zu werden. Wie sich das zu einer stimmigen Gesamtstrategie fügt, blieb bisher etwas vage. Nun hat Porsche seine Pläne konkretisiert.
In einer jüngst veröffentlichten Pressemeldung teilt das Unternehmen mit, dass zum 1. August zwei Joint Ventures ihren Betrieb aufnehmen, in denen ein Großteil des Engagements von Porsche umgesetzt wird. Partner ist in beiden Fällen das niederländische Unternehmen Ponooc Investment B.V. Erinnert vom Namen her an den niederländischen Handelsriesen Pon Holdings? Absolut richtig. Ponooc Investment fungiert als unternehmenseigener Investitionsfonds von Pon Holdings. Zu Letztgenanntem gehörten schon länger Fahrradmarken wie Gazelle, Kalkhoff und Focus. Seit der Übernahme von Dorel Sports erweitern klangvolle Namen wie Cannondale, GT und Mongoose diese Liste.
Gerade noch Fazua, jetzt Joint Venture von Porsche
Plötzlich findet sich Porsche also mitten in der Fahrradbranche wieder. Dabei möchte das Unternehmen nicht etwa nur mit hippen Firmen abhängen, sondern unter den dort Versammelten aktiv mitmischen. Zur sofortigen Aufgabe wird dies für Joint Venture Nummer eins, die Porsche eBike Performance GmbH. Als deren Sitz nennt die Pressemitteilung Ottobrunn bei München. Wer besetzt dort schon die länger die Marie-Curie-Straße 6? Genau, Fazua. Das wird also der Rahmen für den jetzt zum Porsche-Konzern gehörenden Antriebshersteller. Entsprechend bekannt klingt die Beschreibung der Kerntätigkeiten von Porsche eBike Performance: Im Mittelpunkt steht die Entwicklung elektrischer Antriebssysteme für Zweiräder. Gemeint ist das Gesamtpaket aus Motoren, Akkus und passender Software.
Beim Blick auf den dafür bestellten Geschäftsführer fällt auf: Der kommt nicht etwa aus den Reihen der Fazua-Gründer, sondern dem Inner Circle von Porsche. Jan Becker wechselt vom Posten des CEO der Porsche Lifestyle GmbH & Co. KG in die jetzt neu geschaffene Konzernsparte „New Mobility“. In seinen zurückliegenden vierzehn Jahren hat er alles dafür gegeben, dass alle, die Porsche fahren oder gern fahren würden, unbedingt auf einer Porsche-Sitztonne den Feierabend genießen wollen und es für den treuen Vierbeiner nur das Porsche-Halsband sein darf. Vermutlich weiß er sehr genau, wie man Waren des täglichen Bedarfes erfolgreich den Glanz des Besonderen verleiht. Um Bekanntheitsgrad und Absatzzahlen von Fazua zu erhöhen, sicher enorm wertvolles Wissen.
Nicht auf Kernkompetenz beschränkt
In jedem Falle schreibt Porsche der Porsche eBike Performance GmbH die Rolle des Technik-Partners zu. Der wird sich künftig nicht nur auf seine kompakten Antriebssysteme konzentrieren. Dies Rede ist zusätzlich von „besonders leistungsfähigen eBike-Drive Systems“. Sprich, größerer Motor mit mehr Volumen und Drehmoment? Konkurrenz zu einem Performance CX von Bosch? Das wäre eine komplett neue Stoßrichtung für Fazua. Beide Motoren-Typen möchte Porsche unter seinem Markennamen entwickeln und produzieren und auch anderen Herstellern anbieten. Zuerst würden uns diejenigen einfallen, die Pon Holdings unter seinem Dach zusammengeführt hat.
Echter Porsche auf zwei Rädern
Im selben Zuge denkt Porsche ausschließlich an sich selbst. Dieser Ausrichtung darf Joint Venture Nummer zwei folgen, die P2 eBike GmbH – powered by Porsche. Vom Firmenzentrum Stuttgart aus sollen dort auf den eigenen Antrieben basierend komplett neue E-Bikes entstehen. Und zwar in gar nicht allzu ferner Zeit. In der Mitte des Jahrzehnts möchte das Unternehmen damit auf den Markt kommen. Damit dieses Vorhaben gelingt, hat sich der Automobilkonzern weiteres Fahrrad-Knowhow gesichert – in Person von Moritz Failenschmid. Eigentlich arbeitet der hauptberuflich als Managing Director bei Focus Bikes. Dem Vernehmen nach möchte er beide Positionen begleiten. Nun, manche Leute scheinen einfach mehr Energie zu haben als andere.
Anhand der Vehemenz, die Porsche an den Tag, wird deutlich, welcher Ehrgeiz die Ikone des Motorsports auch auf dem Gebiet der „New Mobility“ anscheinend antreibt. Gut möglich, dass sich hier der gern zitierte Pioniergeist der Stuttgarter zeigt. Ok, die Pionierarbeit haben in diesem Falle eindeutig andere geleistet. Dennoch glaubt man den Worten von Lutz Meschke, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Porsche AG und Vorstand Finanzen und IT, wenn er sagt: „Wir sehen für Porsche im E-Bike-Segment großes Potenzial. Deshalb bauen wir unsere Aktivitäten in diesem Bereich konsequent aus. Porsche-typisch geht es um die Entwicklung von Produkten, die die Menschen durch intelligentes Design, ausgereifte Technik und überragende Performance begeistern.“
Nichtsdestotrotz bleiben einige Fragen offen:
- Weist der Firmenname Porsche eBike Performance GmbH darauf hin, dass Porsche vor allem Performance-Antriebe herstellen möchte?
- Welche Art von E-Bikes werden bei der P2 eBike GmbH künftig entstehen?
- Welche Zielgruppe hat Porsche im Auge?
- Wie teuer wird ein E-Bike von Porsche sein?
- Wird es im Fahrradhandel oder ausschließlich in Porsche-Autohäusern zu kaufen sein?
Mit der Pressemitteilung hat Porsche übrigens bestätigt, seinen bisherigen E-Bike-Aktivitäten fortführen zu wollen. Das gilt für die Kooperation mit Rotwild und den im März 2021 vorgestellten Modellen Porsche eBike Sport und dem Porsche eBike Cross sowie für die Beteiligung an der Marke Cyklær.
Bilder: Porsche AG