Rund 18 Monate sind vergangen, seitdem sich die Corona-Pandemie nachhaltig in unser aller Alltag gedrängt hat. Obwohl derzeit allgemein ein knappes Gut, steigen die Verkaufszahlen für E-Bikes in Europa in diesem Zeitraum weiterhin kontinuierlich an. Ein Großteil des Fahrrad-Booms wird in Zusammenhang mit der weltweiten Verbreitung des COVID19-Virus gebracht. Ist dies berechtigt? Falls ja, wie nachhaltig ist diese Entwicklung? Auf welchen Motiven basiert sie? Shimano liefert mit einer eigenen Studie nun Antworten auf einige dieser Fragen.
Im Auftrag des Branchenriesen aus Japan wurden in diesem Sommer mehr als 14.000 Erwachsene aus zwölf europäischen Ländern zu ihren Einstellungen in Bezug auf E-Bikes befragt. Im State-of-the-Nation-Report wird deutlich, dass die zurückliegenden zwölf Monate merklich Spuren hinterlassen haben. Allein die Antworten auf die erste Frage der Erhebung zeigt, was sich getan hat. So sollten die Befragten Auskunft darüber geben, wie wahrscheinlich es ist, dass sie jetzt ein E-Bike kaufen oder benutzen im Vergleich zum Zeitpunkt vor der Pandemie. Fast jede vierte Person gab an, dies sei sehr oder ziemlich wahrscheinlich. In den Altersgruppen der 25- bis 34-Jährigen sowie der 35- bis 44-Jährigen lag der Anteil sogar über diesem Wert.
1. Darum fahren Menschen aktuell E-Bike
2. Diese E-Bike-Typen sind derzeit sehr beliebt
3. Andere Länder, andere Gründe
4. Preise die Sympathiekiller Nummer Eins
5. E-Bikefahren noch nicht sicher genug
6. Gefestigte Trends
7. Hintergründe zur Studie
1. Darum fahren Menschen aktuell E-Bike
Das Interesse steigt also. Warum aber möchten die Menschen plötzlich vermehrt zum E-Bike greifen? An erster Stelle taucht ein Argument auf, das direkt mit dem Infektionsgeschehen verbunden ist. Fahrradfahrende wollen öffentliche Verkehrsmittel meiden. Damit einher geht vermutlich der Wunsch, das Risiko für eine Ansteckung mit dem Virus möglichst zu senken. Am häufigsten wird dieses Motiv in Italien (55 Prozent), Spanien (48 Prozent) und Schweden (47 Prozent) genannt.
Fast genauso wichtig erscheinen ökologische Beweggründe. Immerhin 38 Prozent alle Befragten sehen im E-Bike eine Alternative zu einem Kraftfahrzeug. Unter den 55-Jährigen liegt dieser Anteil mit 41 Prozent am höchsten.
Auf Platz drei bis fünf der Liste an Gründen zeigt sich ein recht heterogenes Bild, das anteilig aber nah beieinander liegt. Für viele Menschen ist es der Wunsch nach einer täglichen Bewegung (31 Prozent) sowie nach einer Verbesserung der Gesundheit (29 Prozent), der sie auf das E-Bike steigen lässt. Auf diese Weise den eigenen CO2-Abdruck zu verringern und so einen Teil zum Umweltschutz beizutragen, wird ebenfalls mit einem Anteil von 29 Prozent angeführt. Das Alter der Befragten offenbart in diesem Punkt gewisse Unterschiede. So spielt der Aspekt mit 37 Prozent vor allem für Personen unter 24 Jahren eine große Rolle.
Ebenfalls über 20 Prozent der Nennungen entfällt auf eine sehr praktische Seite des Alltags. Gerade auf Distanzen von weniger als fünf Kilometern ist man mit dem E-Bike im Stadtverkehr oftmals schneller unterwegs als mit jedem anderem Verkehrsmittel. Deshalb erscheint die Zeitersparnis gegenüber Bus, Bahn, Auto und Co. als insgesamt sechstes Argument. Am häufigsten wird dieser Punkt von denjenigen genannt, die jünger als 35 Jahre alt sind (34 Prozent).
2. Diese E-Bike-Typen sind derzeit sehr beliebt
Ziemlich eindeutig fällt dagegen die Antwort auf die Frage aus, für welchen Typ von E-Bikes sich die Menschen am meisten interessieren. Jede vierte Person gibt hier das City-E-Bike als Favoriten an. Auf Platz zwei dieser Beliebtheitsskala landet mit dem Trekking-E-Bike ebenfalls eine Gattung, auf die man vorab hätte tippen können. Diesbezüglich wartet die Erhebung mit keinen großen Überraschungen auf. Mit zwölf Prozent verbucht auch das E-Mountainbike noch einen zweistelligen Wert. Auf den weiteren Plätzen folgen das E-Lastenrad (8 Prozent), das E-Rennrad (6 Prozent) und das E-Faltrad (5 Prozent).
In der Frage nach dem Lieblings-E-Bike untermauert die Studie ein paar Erfahrungen der vergangenen Jahre. So nennen acht Prozent mehr Frauen als Männer das City-E-Bike an erster Stelle. Beim E-Mountainbike kehrt sich dieses Bild fast identisch um. Dort überwiegen die Männer mit neun Prozent. Unter dem Alterskriterium fällt zusätzlich auf, dass etwas mehr der jüngeren Befragten Interesse für ein E-Lastenrad äußern. Unter den 18- bis 24-Jährigen und 25-34-Jährige kommt dieser Typ auf einen Anteil von 12 beziehungsweise 13 Prozent.
3. Andere Länder, andere Gründe
Zu den Vorteilen der Studie von Shimano zählt in jedem Falle ihre Internationalität. So vergleichen die Autoren an einer Stelle die vertretenen Länder unter dem Gesichtspunkt wie groß der Anteil derjenigen ist, die mit dem Gedanken spielen, ein E-Bike zu kaufen, zu mieten oder zu leihen. Diese Ergebnisse ergänzen sie um die Erkenntnisse, welches der wichtigste Auslöser für dieses Vorhaben ist. Im Resultat zeigt sich, dass das Interesse für E-Bikes derzeit am größten in Italien ist. Dort wollen sich 36 Prozent der Menschen ein E-Bike kaufen oder in anderer Form nutzen. Ihr dringendstes Argument ist dabei das Vermeiden von öffentlichen Verkehrsmitteln.
Hoch im Kurs stehen E-Bikes gleichfalls in Polen und den Niederlanden. Dort beträgt die Kauf- oder allgemeine Nutzungsabsicht 35 beziehungsweise 33 Prozent. Als Motivation steht hier allerdings der Wunsch nach einer täglichen Bewegung im Vordergrund. Deutschland zählt mit den 24 Prozent in Bezug auf den Kauf und das Nutzen eines E-Bikes zum Mittelfeld. Bei uns dominiert die Nutzung des E-Bikes als Alternative zu anderen Kraftfahrzeugen. Das verbindet uns mit Großbritannien. Dort beachsichten allerdings nur elf Prozent der Menschen, ein E-Bike zu kaufen, zu mieten oder zu leihen.
4. Preise die Sympathiekiller Nummer Eins
Tatsächlich geht aus der Studie auch hervor, dass viele Menschen E-Bikes noch eher skeptisch gegenüberstehen. Ursache dafür sind in erster Linie die Preise für die Fahrräder. Mehr als die Hälfte der Befragten (54 Prozent) bewerten diese als zu hoch. Interessanterweise gelten diese Aussagen zu ganz ähnlichen Prozentsätzen auch für Länder wie Deutschland oder die Niederlande, in den mehr als jedes zweite verkaufte Fahrrad ein E-Bike ist.
In seinem State-of-the-Nation-Report lässt Shimano die Wissenschaftlerin und Journalistin Laura Laker zur Preisproblematik zu Wort kommen. „Aus Untersuchungen über die Auswirkungen europäischer Kaufsubventionen wissen wir auch, wie stark finanzielle Anreize die Verbreitung von E-Bikes ankurbeln können – und es ist keine Überraschung, dass viele Regierungen diese als investitionswürdig ansehen“, sagt Laker. „Vielleicht zeigt diese Studie, dass wir mehr tun müssen, um die größte Hürde zu senken: die Kosten, wenn wir eine E-Bike-Revolution wollen.“
In Frankreich (67 Prozent) und den Niederlanden (64 Prozent) herrscht die größte Unzufriedenheit über zu hohe Preise. Am zurückhaltendsten äußern sich die Menschen in Dänemark (42 Prozent).
5. E-Bikefahren noch nicht sicher genug
Zwar mit deutlichem Abstand aber dennoch auf Platz zwei wird die Sicherheit angesprochen. Mit 24 Prozent geben recht viele Befragte an, sie würden sich beim Fahren mit einem E-Bike nicht sicher fühlen. Worauf genau die Unsicherheit zurückgeht, bleibt in der Studie weitestgehend offen. Lediglich an einer Stelle taucht eine Aussage auf, die damit in Verbindung steht. So nennen 24 Prozent derjenigen, die eher kein E-Bike kaufen oder benutzen wollen, das dies an der fehlenden sicheren Fahrradinfrastruktur in Städten und Gemeinden liege.
Gleichzeitig könnte eine gewisse Unsicherheit beim Umgang mit einem E-Bike eine Rolle spielen. In diese Richtung weisen zumindest zum Teil die 19 Prozent der Befragten, die nach eigener Aussage nicht genügend über E-Bikes wissen, um sich eines zu kaufen oder in anderer Form zu nutzen.
Bei den weiteren drei Begründungen, mit denen die Befragten Abstand vom Thema E-Bike nehmen, wird deutlich, dass vor der Fahrradbranche auch noch einiges an Informationsarbeit liegt. Schließlich meinen einige der Befragten, E-Bikes würden die Fitness nicht verbessern (18 Prozent), stellten eine Art Betrug im Vergleich zu herkömmlichen Fahrrädern dar (14 Prozent) und wären eher etwas für ältere Menschen (7 Prozent). Insofern zeigt die Studie, wo Hersteller, Verbände, Vereine oder andere Partner noch mehr Initiative zeigen müssen.
6. Gefestigte Trends
Unter dem Strich lässt sich trotzdem festhalten, dass ein Einstellungswandel im Gange ist, der sich losgelöst von den Ereignissen der Corona-Pandemie vollzieht und nachhaltig wirken könnte. Anzeichen dafür sind die vielfältigen Motivationen, aus denen heraus sich Menschen inzwischen aktiv für E-Bikes entscheiden. Mit einem gestiegenen Umweltbewusstsein, der Aufmerksamkeit für den eigenen Körper sowie der Vereinfachung des Alltags bilden mindestens drei Argumente eine Basis, die derart solide scheint, dass sie nicht so schnell zu erschüttern ist. Parallel dazu können Maßnahmen wie der Ausbau und die Verbesserung der Fahrradinfrastruktur oder auch mögliche Kaufprämien künftig für zusätzliche Anreize sorgen. Daher bleibt es spannend abzuwarten, was der nächste State-of-the-Nation-Report von Shimano ergibt.
7. Hintergründe zur Studie
Zum mittlerweile dritten Mal legt Shimano seinen State-of-the-Nation-Report vor. Für die Datenerhebung zeichnet erneut das britische Markt- und Meinungsforschungsinstitut YouGov Plc. verantwortlich. Für die diesjährige Ausgabe wurden insgesamt 14.419 Erwachsene im Zeitraum vom 19. bis zum 29. Juli 2021 online befragt. Die Teilnehmenden stammten aus Dänemark, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Schweden und Spanien.
Bilder: Shimano