Zu viele Köche verderben den Brei, heißt es. Wie viele Partner verderben eigentlich die Entwicklung eines E-Bikes? Anscheinend sind vier dafür nicht genug. Denn unter der neuen Marke Cyklær kommen mit Porsche, Storck, Fazua und Greyp vier Parteien zusammen, die ihren Teil zu drei neuen E-Bikes beigetragen haben. Und das Ergebnis dieser Kooperation hat sich seine mediale Aufmerksamkeit durchaus verdient.
Es war tatsächlich einer der meist beachtesten Auftritte auf der Eurobike 2021. Porsche und Storck nutzten die Messe als passende Bühne, um das künftige gemeinsame Tüfteln an sportlichen E-Bikes unter dem eigenständigen Namen Cyklær zu verkünden. Im Gepäck hatten die beiden die ersten drei Umsetzungen dieses Projektes: das Cyklær E-Gravel, das Cyklær E-Gravel mit Streetwear und das Cyklær E-Urban.
Automobil- und Fahrradhersteller machen gemeinsame Sache
Gleich werfen wir einen Blick auf die Bikes. Zuvor für euch noch ein paar Infos zur Aufteilung der „Zuständigkeiten“ bei Cyklær. Für die Fahrradkompetenz im eigentlichen Sinne wird dort in erster Linie Storck sorgen. Das Unternehmen aus Idstein ist vielen von euch vermutlich ein Begriff. Es steht sinnbildlich für Schnelligkeit, hohe Qualität und, ja, auch entsprechende Preise, vor allem im Rennrad-Bereich. Geschäftsführer Markus Storck zeichnet höchstpersönlich zu großen Teilen für das Design der ersten Cyklær-Modelle verantwortlich.
Porsche, genauer gesagt Porsche Digital, hat dem Design den letzten Schliff verpasst. Primär richtet der Autobauer seinen Fokus allerdings auf die Entwicklung der digitalen Umgebung der E-Bikes, sprich die Einbindung in Apps und den Datenaustausch mit anderen Systemen.
Für die Umsetzung der in Friedrichshafen gezeigten Fahrräder holten die Markeninhaber zwei zusätzliche Spezialisten ins Boot. Fazua beschäftigte sich mit der Integration des E-Antriebes. Greyp steuerte Wissen als auch Hardware rund um smarte Funktionen wie einen Diebstahlschutz, den Fernzugriff auf die E-Bikes sowie die Ausstattung mit zwei an den Fahrrädern verbauten Kameras bei. Dazu erfahrt ihr später noch etwas mehr.
Sportliche Note offenkundig
Mit dem E-Gravel als erstem Wurf ist ein E-Bike zu sehen, das definitiv zur generellen Ausrichtung der beiden Initiatoren Porsche und Storck passt. Agil, robust, auf verschiedenen Untergründen zuhause. Von der Linienführung her wäre vielleicht sogar ein noch eigenwilligerer Ansatz vorstellbar gewesen. Das schon vor dem Sitzrohr abfallende und damit sehr früh in die Sitzstreben übergehende Oberrohr sorgt dennoch für einen gewissen eigenständigen Look.
Beim Material setzt Cyklær auf Carbon. Angesichts der langjährigen Erfahrung, die Storck im Umgang mit dem Werkstoff mitbringt, überrascht diese Wahl nicht wirklich. Unter Gravelbikes finden sich zudem längst etliche Vertreter mit Carbonrahmen. Sie unterstreichen, dass die Kombination aus Leichtigkeit und gleichzeitig hoher Festigkeit auch bei diesem Fahrradtyp aufgeht.
Klein, leicht und elektronisch
Wie bereits erwähnt, stammt das E-Bike-System von Fazua. Mit dem Ride 50 Trail ist eine der im Sommer vorgestellten Überarbeitungen des Antriebes verbaut. Sie fällt ein wenig leichter aus und ihr Motor bietet etwas mehr Drehmoment. Die Akkukapazität bleibt unverändert bei 252 Wattstunden.
Passend zum High-End-Anspruch sind alle Cyklær-Modelle mit einer elektronische Force AXS-Schaltung von Sram ausgestattet. Der 1fach-Antrieb als auch die zwölf Ritzel zählende Kassette entsprechen ebenfalls gängigen Gravel-Konfigurationen. Eventuell hätte die Kassette vom Spektrum her etwas breiter gewählt werden können. Elf Zähne auf dem kleinsten Ritzel und insbesondere die 36 Zähne auf dem größten könnten dem oder anderen für den Ausflug ins Gelände vielleicht etwas zu wenig sein.
Auf ungetrübte Zustimmung dürften dagegen die hochwertigen Laufräder G 1800 von DT Swiss als auch die hydraulischen Force AXS-Scheibenbremsen von Sram stoßen. Mit den Schwalbe G-One vervollständigen klassische Gravel-Reifen das Gesamtbild des Antriebes.
Start mit drei Ausführungen
Neben dem E-Gravel bringt Cyklær zwei eher alltagstaugliche Ableger auf den Markt. An denen ist das Komplettpaket aus Schutzblechen, Gepäckträger und Lichtanlage verbaut. Bei der Marke läuft das unter dem Zusatz „Streetwear“. Die übrige Ausstattung entspricht der des E-Gravel. Einziger zusätzlicher Unterschied zwischen E-Gravel mit Streetwear und E-Urban ist der Wechsel von einem Rennlenker zu einem flachen Lenker.
Am Ende landen die Bikes bei einem Gesamtgewicht mit 14,8 Kilogramm für das E-Gravel sowie 15,9 Kilogramm für das E-Gravel mit Streetwear und das E-Urban. Angaben zum maximal zulässigen Gesamtgewicht finden sich bei Cyklær aktuell noch keine.
Kamera fertig. Kamera läuft.
Echte Hingucker am Cyklær sind im doppelten Sinne zwei verbaute Kameras. Vom Lenker als auch vom Sattel aus filmen zwei Geräte auf Wunsch, was sich um euch herum abspielt. Und das ist Teil der Serienausstattung. Bemerkenswert. Das Knowhow rund um die Einbindung der Kameras stammt von Greyp Bikes. Das Unternehmen führt selbst einige E-Bikes im Sortiment, die mit dieser Option ausgestattet sind.
Nützlich sind die Kameras in zweierlei Hinsicht. Zum einen können sie als euer drittes und viertes Auge fungieren, von denen eines stets nach hinten blickt. Was dort zu sehen ist, könnt ihr euch per App auf dem Bildschirm eines Smartphones anzeigen lassen. Die dafür nötige Smartphonehalterung von SP Connect gibt es ebenfalls ab Werk dazu. Cyklær nennt dies den „digitalen Rückspiegel“. Solange der euch nicht vom mindestens genauso wichtigen Geschehen vor euch ablenkt, ist das vermutlich eine gute Sache.
Ohne Wenn und Aber gilt diese Einschätzung für die zweite denkbare Anwendung – das Aufzeichnen von Fahrten. Touren gleichzeitig mit Blick nach vorn und hinten zu filmen, klingt spannend. Gerade, wer so etwas öfter macht und versiert mit Schnittprogrammen umgeht, dürfte dieses Feature schnell ins Herz schließen. Wobei, eine gewisse Ernüchterung folgt sofort. Die installierte Halterung eignet sich lediglich für iPhones.
App mit wichtiger Einschränkung
Gleiches gilt für die App von Cyklær. Auch hier ist erst einmal nur eine Version für das Betriebssystem iOS angekündigt. Das ist besonders schade, da der geplante Umfang die App zu einem Highlight der Bikes werden lassen könnte. In den Fahrrädern integriert Cyklær die Technologien 4G, WiFi und Bluetooth. Der Grundstein für zahlreiche Applikationen ist damit schon einmal gelegt.
Dank integrierter 4G Konnektivität und GPS-Tracking gehören beispielsweise das Navigieren als auch ein Diebstahlschutz zu dem, was der Hersteller plant. Bewegt etwa eine unberechtigte Person euer Bike, sollt ihr automatisch eine Benachrichtigung erhalten. Eventuell nehmen die am Bike verbauten Kameras den Dieb bei der Aktion sogar auf. So ist zumindest diese Funktion bei E-Bikes von Greyp gelöst.
An die Navigation anknüpfend soll es zudem eine Integration von komoot geben. Auf diese Weise könntet ihr nicht nur Touren aufzeichnen, sondern genauso planen und mit anderen teilen. Wie es euch körperlich bei der Fahrt ergangen ist, zeichnet Apple Health auf. Auch Apple Music soll mit der App laufen und unterwegs für noch mehr gute Laune sorgen.
Beim Thema Konnektivität sind weiterhin der Zugriff aus der Ferne auf das E-Bike sowie Over-the-Air-Softwareupdates inbegriffen.
Volle Leistung nur gegen Geld
Unter dem Strich kommt da eine ganze Menge zusammen. Ein Teil davon wird nur gegen Bezahlung zu haben sein. Wenn ihr ein Jahrespaket abschließt, belaufen sich die monatlichen Kosten wohl auf 7,99 Euro. Wer sich diese zusätzlichen Ausgaben sparen möchte, wird nur Basisfunktionen ohne Verbindung zum Bike nutzen können.
Im AppStore von Apple wird die Cyklær App voraussichtlich ab Dezember 2021 kostenlos angeboten. Das ist ein Monat vor dem angekündigten Lieferbeginn für das Cyklær. Alle Modelle sollen dann im Online-Shop erhältlich sein. Kaufen könnt ihr ab sofort. Haltet bitte 6.999 Euro für das E-Gravel beziehungsweise 7.299 Euro für das E-Gravel mit Streetwear und das E-Urban bereit ?
Bilder: Storck Bicycle GmbH
So wie das letzte Bild aussieht, ist wohl auf der linken Seite kein Platz mehr für die Hand am Lenker in der Aufrechtposition. Und ein einhändiges Schieben mit Anheben des Vorderrads im Gelände wird auch nicht funktionieren: An vieles gedacht, aber nicht alles zu Ende.
Hallo Dieter,
da täuscht allenfalls die Perspektive auf dem Bild ein wenig. Die Breite der verbauten Lenker-Vorbau-Einheit variiert je nach Rahmengröße zwischen 420 mm und 460 mm. Da bleibt also genügend Platz für die Hände, auch für den Griff am flachen Teil des Lenkers. Auf Wunsch kannst du sogar selbst bei der kleinsten Rahmengröße die breiteste Lenker-Vorbau-Einheit fahren. Der Hersteller reagiert da sehr flexibel auf solche Wünsche
Sportliche Grüße
Matthias