Autos, deren Emissionswerte nicht mehr heutigen Standards entsprechen, aus dem Verkehr ziehen und durch umweltfreundlichere Fahrzeuge ersetzen. Eine derartige Abwrackprämie fordern Fahrradverbände in Deutschland und zahlreichen anderen Ländern der Welt seit Jahren. Bisher lautete die Rechnung meist nur: neues Auto ersetzt altes Auto. In Frankreich könnte sich das demnächst ändern. Dort hat ein bemerkenswerter Gesetzesentwurf die erste Hürde im Parlament passiert. Wer in unserem Nachbarland sein altes Auto entsorgt, soll im Gegenzug dafür einen Zuschuss in Höhe von 2.500 Euro erhalten. Der lässt sich dann einlösen – gegen das Abo bei einem Autoclub, Fahrkarten von Verkehrsverbünden, bei dem Kauf eines Faltrades oder eines E-Bikes.
Fahrradfahren und so Emissionen reduzieren
Der Vorstoß ist Teil des geänderten Entwurfes eines Klimagesetzes. Mit der Novelle will Frankreich seine Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2030 um 40 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 senken. Definitiv entschieden ist noch nichts. Bis zum Inkrafttreten warten noch weitere Etappen. Beim nationalen französischen Fahrradfahrerverband FUB herrscht angesichts des Teilerfolges aber beste Laune: „Zum ersten Mal wird anerkannt, dass die Lösung nicht darin besteht, die Autos grüner zu machen, sondern einfach ihre Anzahl zu reduzieren“, sagte Olivier Schneider vom FUB.
Sollte das Vorhaben in die Tat umgesetzt werden, wäre Frankreich laut FUB das erste Land der Welt, das den Menschen eine solche Tauschoption biete. Das Nachrichtenmagazin Reuters hält es für wahrscheinlich, dass der Entwurf im Laufe des Jahres Gesetz wird. „Viele französische Familien haben so viele Autos wie Familienmitglieder“, schildert Olivier Schneider. „Sehr oft ist eines dieser Autos sehr alt. Wir hoffen nun, dass sie sich stattdessen ein Faltrad, Lastenrad oder ein E-Bike kaufen.“
Beispiel für weitere Länder?
Auch der europäische Fachhandelsverband Cycling Industries Europe (CIE) begrüßte den Schritt. CIE-Geschäftsführer Kevin Mayne forderte mehr Regierungen auf, dem französischen Beispiel zu folgen: „Seit dem Beginn der COVID-Krise haben wir gesagt, dass es keine Abwrackprämien für Autos in Konjunktur- und Klimaplänen geben darf, die nicht die Option zum Kauf eines Fahrrades beinhalten. Es gibt immer mehr Anreize für den Fahrradkauf, aber das französische Parlament hat es klar gemacht – E-Bikes und Lastenräder sind als Fahrzeugersatz zu unterstützen. Beim Wechsel zur E-Mobilität ist die Fahrradindustrie in Europa weltweit führend. Das sollten weitere Regierungen anerkennen.“
Bisherige Abwrackprämien hatten meist einen Effekt: Die Anzahl der Autos am Straßenverkehr blieb konstant, da lediglich ältere Autos mit neuen den Platz tauschten. Die letzte Autoabwrackprämie in Deutschland geht auf das Jahr 2009 zurück und war damals Teil des Konjunkturpakets II. Gewährte Zuschüsse konnten ausschließlich für den Kauf eines Kfz eingesetzt werden. Laut einer im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) erfolgten Studie, wurden rund 340 Millionen Liter Kraftstoff beziehungsweise 1.000.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid pro Jahr gespart. Das entspricht weniger als einem Prozent der Emissionen, die alle Pkw auf Deutschlands Straßen ausstoßen. Menschen, die vorhandene Kraftfahrzeuge mit Abgaskatalysatoren oder Dieselrußpartikelfiltern nachrüsten wollten, konnten dafür nicht auf die Prämie zurückgreifen.
Bild: Tern