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Antrieb von FreeFlow Technologies: Minimalismus als Zeitgeist

Studie eines E-Bikes mit einem Antrieb von FreeFlow Technologies

Ein hartnäckiges Klischee ist das der geizigen Schotten. Auf deren Einfallsreichtum kann sich das jedenfalls nicht beziehen. Einen erneuten Beweis dafür treten FreeFlow Technologies (FFT) aus Glasgow an. Das hat nämlich gerade mehrere Investoren nachhaltig von seinem neuen Antriebssystem für E-Bikes überzeugt. Die Geldgeber waren derart angetan, dass die Finanzierungsrunde stark überzeichnet mit Erlösen von 1,85 Millionen Britischen Pfund für FFT endete. Grund genug, mal zu schauen, was genau für so viel Zuversicht gesorgt hat.

Vermutlich lässt sich ein Teil der Begeisterung darauf zurückführen, was man alles nicht von dem elektrischen Antrieb von FFT sieht. Auf ersten Bildern, die Bikes mit der aktuellen Version des Systems zeigen, ist von Motor, Akku und Display so gut wie nichts zu entdecken. Und das liegt nicht daran, dass alles fehlen würde.

Beispiel-Fahrrad mit aktueller Version des Antriebs von FreeFlow Technologies

Bio-Bike oder E-Bike? Der Antrieb von FreeFlow Technologies ist auf den ersten Blick nur schwer zu erkennen.

Nahezu unsichtbar

Vielmehr weist die Lösung von FFT sehr stark in die Richtung, die bereits Hersteller wie Fazua, Mahle und andere eingeschlagen haben. Deren technische Ansätze folgen ganz stark einer optischen Vorgabe: Das E-Bike soll so schlank werden, dass es sich von einem gewöhnlichen Fahrrad nicht mehr unterscheiden lässt. Dies jedoch in Kombination mit einem geringen Gewicht und der Möglichkeit, trotzdem die elektrische Unterstützung hinzuschalten zu können – Stichwort „minimal assist bike“.

FreeFlow Technologies denken absolut ähnlich. Motor und Akku sind unauffällig im Rahmen integriert. Ihr System, bisher übrigens noch ohne besonderen Namen, arbeitet ebenfalls widerstandlos. Wird der Motor ausgeschalten, fährt sich das E-Bike wie ein Bio-Bike. Der Akku kann wahlweise fest im Unterrohr montiert oder von den Herstellern später auch mit der Option zum Herausnehmen angeboten werden. Ob das dann auf ähnlich komfortable Weise wie bei Fazua funktioniert, wird die Zukunft zeigen.

Motor und Akku schlank und rank

Der Motor basiert auf zwei Lagern, die jeweils in einer Richtung gesperrt sind. Hört ihr auf zu treten oder pedaliert rückwärts, nimmt er so keinen Schaden. FFT verbaut einen Hochgeschwindigkeitsmotor, der kompakte Abmessungen und ein geringes Gewicht mitbringt. In der Spitze soll er bis zu 290 Watt leisten können. Für den Dauerbetrieb sind 250 Watt anvisiert. Die Unterstützung wird voraussichtlich auf die üblichen 25 km/h begrenzt sein. Beim Drehmoment gibt es dagegen wohl einen gewissen Spielraum. In dieser Beziehung können die Hersteller dann entscheiden, welche Durchzugskraft am besten zum jeweiligen E-Bike passt. In Sachen Gewicht gibt FFT eine Spanne an, die von 2,5 Kilogramm bis 3,5 Kilogramm reicht.

Etwa weniger ist derzeit über den Akku schon bekannt. Fest steht, dass mit 252 Wattstunden und 387 Wattstunden mindestens zwei Kapazitäten zur Verfügung stehen. Dementsprechend unterschiedlich fällt auch das Gewicht aus. Hier stehen 1,5 Kilogramm beziehungsweise 2,5 Kilogramm im Raum. Auf Wunsch lässt sich das System wohl auch um einen Zusatzakku, vermutlich extern am Rahmen befestigt, ergänzen.

Ansage an die Konkurrenz

Rechnet ihr jetzt die jeweils geringste Gewichtsangabe von Motor und Akku zusammen, kommt bei genau vier Kilogramm heraus. Fazua führt für seinen Evation-Antrieb 600 Gramm mehr ins Feld. Das würde die markige Ansage von FreeFlow Technologies rechtfertigen, den „im Verhältnis zu seiner Leistung weltweit leichtesten Antrieb“ anbieten zu können. Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich jedoch nicht sicher sagen, dem tatsächlich so ist. Wer weiß, welche Teile die Hersteller in diese Rechnung mit aufnehmen – und welche nicht. Nichtsdestotrotz ist dies ein klarer Fingerzeig, dass sich alle bisherigen Akteure auf einen neuen ernstzunehmenden Mitbewerber einstellen dürfen. Im besten Falle entstehen aus dem verschärften Wettbewerb bessere und günstigere Produkte. Beides nehmen wir gerne mit.

Wie sich der Antrieb von FT bedienen lässt, ist wohl auch noch nicht bis ins letzte Detail hin geklärt. Über eine im Oberrohr integrierte Einheit werden sich verschiedene Unterstützungsstufen anwählen lassen. Auch die verbleibenden Akkukapazität soll dort ablesbar sein. Fazua lässt grüßt.

Insider am Werk

Sich bei anderen Herstellern Dinge abzuschauen, ist ja gängige Wirtschaftspraxis und mitunter auch vollkommen berechtigt. Das Management von FFT scheint in jedem Falle erfahren genug, um zu wissen, wann sich das lohnen könnte. Immerhin haben sich bei dem Unternehmen Leute gefunden, die führende Positionen bei Dyson und Radsportmarken wie Cannondale, Rapha, Marin Bikes und Whyte Bikes innehatten.

Neil MacMartin ist Gründer von FreeFlow Technologies

Neil MacMartin hat FreeFlow Technologies 2012 gegründet.

Das jetzt eingenommene Geld fließt in den Umzug von FFT nach East Kilbride, 15 Kilometer südlich von Glasgow. Dort bezieht die Firma ihr neues Hauptquartier und vergrößert seine F&E-Einrichtung. Außerdem wird sich das Team personell weiter verstärken. Arbeit wartet auf die Neuankömmlinge wohl genügend. Nach Angaben von FreeFlow Technologies gibt es bereits eine Reihe von Marken, die an Rahmenkonstruktionen arbeiten, um den neuen Antrieb in E-Bikes einzubauen, die 2021 auf den Markt kommen sollen.

 

Bilder: FreeFlow Technologies

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